Ein Licht im Dunkeln: Fünf Jahre Notfallseelsorge im Kreis Olpe
Halt geben in der Krise
- Kreis Olpe, 15.06.2023
- Verschiedenes , Blaulicht , Glaube & Religion
- Von Lorena Klein
Kreis Olpe. Wenn von jetzt auf gleich alles zusammenzubrechen scheint, dann sind sie da. Etwa 30 Notfallseelsorger und -seelsorgerinnen aus dem Kreis Olpe leisten im plötzlichen und tragischen Todesfall „erste Hilfe für die Seele“, fangen Menschen auf. Zum fünfjährigen Bestehen der ökumenischen Notfallseelsorge (NfS) im Kreis Olpe hat LokalPlus mit Regina Bongers aus dem Leitungsteam gesprochen, die schon von Anfang an dabei ist.
Manche Ereignisse reißen Menschen den Boden unter ihren Füßen weg. Dazu gehört der plötzliche Tod eines Nahestehenden durch einen Verkehrs- oder Arbeitsunfall, Suizid, ein Tötungsdelikt oder andere tragische Vorfälle. Ein real gewordener Albtraum – für Angehörige und auch Zeugen.
Diese im Moment der Notlage nicht mit ihren Gedanken alleine zu lassen, sie aufzufangen, ist Aufgabe der Notfallseelsorge. 2017 wurde die Notfallseelsorge im Kreis Olpe gegründet. Sie wird durch Spenden finanziert. Ihr kleines „Jubiläum“ haben die Notfallseelsorger am Dienstag, 13. Juni, mit einigen Gästen im Zirkuszelt der K.o.T. Wenden gefeiert, unter anderem mit einem Wortgottesdienst.
Neben den leitenden und hauptamtlichen Seelsorgern Pastor Ludger Wollweber und Pfarrer Frank Rüter engagieren sich knapp 30 weitere Ehrenamtliche im ökumenischen Dienst des Dekanats Südsauerland, der unabhängig von Religionszugehörigkeit und Nationalität hilft.
In einer umfassenden Ausbildung wurden die Mitarbeiter auf ihre Aufgaben vorbereitet. Regina Bongers aus Wenden ist schon seit Gründung dabei und gehört mit Susanne Soemer aus Lennestadt ebenfalls zum Leitungsteam.
Jährlich werden die Notfallseelsorger des Kreises Olpe von der Leitstelle zu etwa 70 Einsätzen gerufen. In fünf Jahren waren sie bei jedem angeforderten Einsatz zur Stelle. Rufbereitschaft haben sie 24 Stunden an sieben Tagen, immer und jederzeit. Dabei gibt es einen Bereitsschaftsplan, der sich in die Gebiete Bigge und Lenne aufteilt, die sich auch gegenseitig unterstützen. Häufig fahren auch mehrere Notfallseelsorger zum Einsatzort.
„Wir dürfen nur zur Einsatzstelle fahren, wenn die Leitstelle uns die Information gibt“, erklärt Regina Bongers. An dem speziellen Handyklingelton erkenne sie sofort, wenn die Leitstelle anruft. „Dann rutscht erst einmal das Herz in die Hose“, erzählt die 69-Jährige. Zunächst erhalte man einen Überblick über die Situation. „Dann steigt der Ruf nach oben, dass man die richtigen Worte und die Kraft findet.“
Mit ihrer Ausstattung, darunter ein spezielles Auto-Schild und seit Herbst auch eigene „Dienstkleidung“, machen sich die Notfallseelsorger umgehend auf den Weg. Mit dabei ist auch ein großer Rucksack mit Trostspendern, beispielsweise Sorgenpüppchen, kleine Engel und Malsachen für Kinder.
Neben der seelsorgerischen Begleitung ist Regina Bongers auch als Sterbe- und Trauerbegleiterin tätig. Das alles macht die Rentnerin komplett ehrenamtlich. Mit den Jahren habe sie gelernt, mit dem Tod umzugehen, doch jeder Einsatz sei anders, mit Reaktionen von Verwirrtheit und Ohnmacht bis hin zu Wut.
„Es müssen nicht immer viele Worte sein, einfach das Dasein tut gut“, weiß sie. Vielen helfe auch ein Gebet, eine Umarmung, etwas über den Verstorbenen zu erzählen. Wichtig sei es, den Tod zu realisieren und, wenn möglich, Abschied zu nehmen, auch wenn dies mit viel Schmerz verbunden ist. Und auch, zu zeigen, wie es weitergehen kann, welche Hilfen es gibt.
Mit der Zeit hat sich die Notfallseelsorge im Kreis Olpe ein großes Netzwerk aufgebaut und vermittelt an andere Einrichtungen, in denen Betroffene weitere Unterstützung erhalten. Über die Kreisgrenze hinaus arbeitet das Olper Team auch mit der Notfallseelsorge des Kreises Siegen-Wittgenstein zusammen.
Notfallseelsorger sind auch dabei, wenn die Polizei eine Todesnachricht überbringt. „Das ist schon heftig. Eine Situation, die das Leben der Angehörigen von dieser Sekunde an verändert. Vor der Haustür holt dann jeder erst einmal tief Luft“, erzählt Regina Bongers.
Unter all den tragischen Vorfällen gehe der Tod eines Kindes oder Jugendlichen besonders nah, für die Mutter und Großmutter schwer zu ertragen.
Eine Herausforderung, bei all dem Leid die notwendige Distanz zu bewahren. „Ich fühle mit, ich helfe, und trotzdem muss man sich vor Augen halten, dass es nicht die eigene Situation ist.“ Nur so könne man auch den Betroffenen Halt geben. In Nachgesprächen und Austauschtreffen mit Mitarbeitern können Einsätze aufgearbeitet werden.
Am Einsatzort bleiben die Notfallseelsorger meist einige Stunden bei den Betroffenen, wenn Polizei, Feuerwehr oder Notarzt weiterziehen müssen. Auch für sie ist das Angebot eine Erleichterung. Zu wissen, dass diese Menschen nach dem Einsatz nicht alleine gelassen werden, sondern Unterstützung erhalten.
„Gut, dass es euch gibt!“, sind dankbare Worte, die Notfallseelsorger in diesen Ausnahmesituationen häufig hören. Sie sind ein Licht im Dunkeln.