Droht Attendorn in die Haushaltssicherung abzurutschen?
Haushaltsrede von Bürgermeister Christian Pospischil
- Attendorn, 06.11.2024
- Politik
- Von Nicole Voss
Attendorn. „Die fetten Jahre sind vorbei. Unsichere Zeiten haben auch längst Attendorn und den städtischen Haushalt erreicht“, machte Bürgermeister Christian Pospischil, am Mittwoch, 6. November, bei seiner Haushaltsrede vor den Attendorner Ratsvertretern unmissverständlich deutlich.
Oberste Priorität habe es angesichts der Gefahr, in Richtung Haushaltssicherung abzurutschen, die finanzielle Selbstbestimmung und Handlungsfähigkeit aufrechtzuerhalten. „Wir sind gefordert, zu sparen und Nicht-Notwendiges beiseite zu lassen“, so das Stadtoberhaupt.
Die Steuereinnahmen insbesondere bei der Gewerbesteuer bleiben laut Prognose weiterhin halbwegs stabil, doch mit den enormen Ausgabesteigerungen, denen sich die Stadt ausgesetzt sehe, können die Einnahmen nicht mehr Schritt halten.
Die Hauptursache dafür seien die galoppierenden Transferaufwendungen, besonders an den Kreis und den Landschaftsverband, die wiederum horrende Kostensteigerungen im Bereich der sozialen Leistungen zu finanzieren haben.
Die strukturelle Verschlechterung der Haushaltslage werde dadurch ausgelöst, dass die Kreisumlage Jahr für Jahr aufs Neue durch die Decke gehe. Die Kreisumlage des Kreises Olpe werde sich von 2014 bis 2025 von 91 auf 179 Mio. Euro nahezu verdoppeln. Der Beitrag Attendorns werde im gleichen Zeitraum von 23 auf rd. 50 Mio. Euro auf mehr als das Doppelte ansteigen.
Die Hansestadt Attendorn rechne mit Erträgen von 88,5 Mio. Euro und mit Aufwendungen von 108,5 Mio. Euro. Das zu erwartende Defizit von fast 20 Millionen Euro innerhalb eines Jahres könne der Ausgleichsrücklage entnommen werden, die in den vergangenen Jahren auf 110 Mio. Euro aufgefüllt werden konnte.
Problematisch werde es in den Folgejahren, da in der mittelfristigen Finanzplanung sogar Defizite von mehr als 20 Mio. Euro jährlich zu erwarten seien. Der Gewerbesteuerhebesatz liege mit 405 Prozent unter dem Steuerhebesatz in NRW und solle nicht erhöht werden.
Für Grundstücke schlägt Bürgermeister Pospischil differenzierte Hebesätze von 468 Prozent für Wohngrundstücke und 895 Prozent für Nicht-Wohngrundstücke vor. Bei der Grundsteuer sei es komplizierter, da zum 1. Januar die vom Bundesverfassungsgericht angemahnte Grundsteuerreform umgesetzt werden müsse.
„Nach den Hebesatzerhöhungen bei Grund- und Gewerbesteuer im letzten Jahr schlagen wir Ihnen vor, nicht erneut an der Realsteuerschraube zu drehen“, so das Stadtoberhaupt, das mit konstanten Gewerbesteuer von etwa 39 Millionen Euro rechnet, die den erfolgreichen Attendorner Unternehmen zu verdanken sei.
Maßvolle Erhöhungen sieht Bürgermeister Pospischil bei der Hundesteuer und der Vergnügungssteuer, da die Steuersätze in Attendorn vergleichbar sehr niedrig seien. Gebührenerhöhungen wären möglich beim Offenen Ganztag an den Grundschulen, den Musikschul- und den Friedhofsgebühren.
Christian Pospischil verwies darauf, dass die Aufgaben- und Mittelverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen offensichtlich zum Nachteil der Kommunen vollkommen aus den Fugen gerate. Die Kommunen haben im Laufe der Zeit immer mehr Aufgaben bekommen, aber nicht die entsprechenden Mittel dafür.
Die Verantwortungsträger in Bund und Land, aber auch beim Kreis Olpe seien nun in der Pflicht, die finanziellen Belastungen für die Kommunen auf ein erträgliches Maß zurückzufahren. Geschehe dies nicht bald, drohe den Kommunen ein Kollaps und ein beispielloser Abbau kommunaler Leistungen und Strukturen.
„Die Kommunen brauchen Mittel, die sie nach eigenem Ermessen und eigenen Notwendigkeiten einsetzen können, und nicht immer mehr Förderprogramme mit überbordender Bürokratie.“