IHK liefert Antworten auf drängende Rechtsfragen

Krise am Energiemarkt:


Symbolfoto. von Nils Dinkel
Symbolfoto. © Nils Dinkel

Siegen/Kreis Olpe. Als ernüchternd hat Dr. Matthias Heider, BDO Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mb, den Überblick der aktuellen Lage am Energiemarkt bezeichnet. Er war Gast bei der Veranstaltung: „Krise am Energiemarkt: Preisanpassungen, Lieferstopps und Lieferanteninsolvenzen bei der Strom- und Gasbeschaffung meistern“.


„Eine positive Trendwende bei den Energiepreisen ist nicht erkennbar. Fest steht: Wir werden morgen nicht die Preise von gestern zurückbekommen“, so Dr. Matthias Heider. 45 Teilnehmer verfolgten die Veranstaltung. Viele Unternehmen zeigen sich angesichts der gegenwärtigen Entwicklung auf dem Energiemarkt verunsichert. Gründe hierfür gebe es genug, erläuterte der erfahrene Rechtsanwalt und langjährige Bundestagsabgeordnete.

Der massive Anstieg der Großhandelspreise für Strom und Gas habe in den letzten Monaten dazu geführt, dass viele Versorger ihre Energiepreise erheblich erhöht hätten. Dabei seien die Preistreiber leicht auszumachen:

Die Wirtschaft habe sich nach Corona erholt und müsse jetzt einen gestiegenen Energiebedarf decken. Die Erneuerbaren Energien hätten zudem witterungsbedingt weniger Strom produziert, sodass eine größere Stromlücke mit Strom aus teuren Gas- oder Kohlekraftwerken geschlossen werden müsse. Hinzu kämen geringere Gasflüsse aus Russland, niedrigere Gasspeicherbestände und gestiegene Ölpreise.

Weitaus höhere Stromkosten

Etliche Betriebe hatten daher beim Energieeinkauf abgewartet. Eine aktuelle Erhebung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) zeigt, dass bei Ausbruch des Krieges in der Ukraine die Hälfte der Unternehmen ihre Strom- und Gasbeschaffung noch nicht abgeschlossen hatte.

Fast jedes dritte Unternehmen muss demnach noch mehr als 70 Prozent des für 2022 benötigten Stroms einkaufen – nun mit weitaus höheren Kosten. Dr. Matthias Heider: „Im vergangenen Jahr hatten alleine 416 Gasversorger die Preise um durchschnittlich 6,5 Prozent erhöht. Im laufenden Jahr kündigten circa 950 Gasversorger Preiserhöhungen an.“

Die durchschnittliche Erhöhung liege bei 75 Prozent. Bei den Stromversorgern sehe es nicht anders aus: 2021 hätten 502 Versorger die Preise um durchschnittlich 40 Prozent erhöht, für das laufende Jahr hätten rund 830 Versorger Erhöhungen um durchschnittlich 60 % angekündigt .

Bei Preiserhöhungen Sonderkündigungsrecht prüfen

In diesen Fällen empfehle sich grundsätzlich die Überprüfung, ob der Lieferant hierfür die Voraussetzungen erfüllt, erklärte Dr. Mirko Sauer. Der Rechtsanwalt im Bereich Energierecht hob hervor, dass gerade in jüngerer Vergangenheit Gerichte häufig ungerechtfertigte Preisanpassungen festgestellt hätten.

Seine Empfehlung: Prüfen, ob die Preiserhöhung zulässig und die Ausübung des Sonderkündigungsrechts sinnvoll ist. Bei unberechtigten Preiserhöhungen sollten zudem eine Zahlungsverweigerung und etwaige Rückforderungen in Betracht gezogen werden.

„Bei Preisanpassungen braucht jeder Lieferant eine Rechtsgrundlage. Das heißt, es muss eine vertragliche Grundlage vorliegen. Diese sogenannten Preisanpassungsklauseln stehen in den AGBs“, unterstrich Dr. Mirko Sauer.

Marktlage kein Kündigungsgrund

Maßgeblich für die Unternehmen ist, ob und welche Kosten hier als preistreibend offengelegt sind. „Fehlen diese Angaben, ist dies nicht transparent und somit unwirksam.“ Für außerordentliche Kündigungen müsse ein wichtiger Grund vorliegen; alleine die Marktlage begründe hier kein Kündigungsrecht des Versorgers.

Die Alarmglocken sollten schrillen, wenn Preiserhöhungen beiläufig in einem als Werbung oder Newsletter anmutenden Schreiben mitgeteilt würden.

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