IHK sieht Nachbesserungsbedarf bei 49-Euro-Ticket und Gaspreisbremse

„Entlastungen enthalten Unwuchten“


Symbolfoto. von pixabay.com
Symbolfoto. © pixabay.com

Kreis Olpe/ Siegen. „Die geplanten Entlastungen enthalten Unwuchten. Es zeichnet sich schon jetzt ab, dass es beim 49-Euro-Ticket und bei der Gaspreisbremse Gewinner und Verlierer geben wird, die extrem unterschiedlich betroffen sind. Bei weitem nicht alle Unternehmen werden hiervon profitieren.“


Walter Viegener, Präsident der IHK Siegen, sieht das milliardenschwere Entlastungspaket, auf das sich Bundeskanzler Olaf Scholz mit den Ministerpräsidenten geeinigt hat, vor diesem Hintergrund kritisch.

Mit dem stark subventionierten 49-Euro-Ticket sollen Menschen bei der Nutzung des Nah- und Regionalverkehrs entlastet werden. Drei Milliarden Euro lassen sich Bund und Land diese Maßnahme im Jahr kosten. In den ländlichen Räumen, so Walter Viegener, verfehle dieses Instrument seine Wirkung nahezu vollständig. Hier sei nicht der Preis, sondern das Angebot die eigentliche Nutzungsbarriere.

Attraktivere Fahrpläne gewünscht

„Ob das Ticket 90 Euro, 70 Euro oder 49 Euro kostet: Die Wartezeit auf den nächsten Bummelzug verkürzt sich hierdurch nicht.“ Solange die eklatanten Defizite bei der Schieneninfrastruktur nicht beseitigt und Fahrpläne nicht attraktiver würden, komme die Entlastung bei den Menschen nicht an.

Dass die jetzt erzielte Verständigung zwischen Bund und Ländern hieran in absehbarer Zukunft etwas ändert, glaubt auch Klaus Gräbener, Hauptgeschäftsführer der IHK, nicht. Man wäre besser beraten gewesen, das Billig-Ticket an verbindliche Verbesserungen von Angebot und Infrastruktur zu koppeln.

Auch die Preisbremse für Gas und Fernwärme stößt in der jetzt verabredeten Form auf deutliche Kritik der IHK. Zwar sei die Entlastung für kleine und mittlere Unternehmen sowie für Privathaushalte grundsätzlich zu begrüßen, jedoch lägen die Fallstricke hier im Detail.

Zwei Verbrauchsgruppen

So wird unterschieden zwischen den Verbrauchsgruppen „Haushalte/Gewerbe“, für die eine Bremse von 12 Cent/kWh Endkundenpreis für 80 Prozent des Verbrauchs gilt, und der Verbrauchsgruppe „Industrie“, für die eine Bremse von 7 Cent/kWh Arbeitspreis für 70 Prozent des Verbrauchs gilt.

War ursprünglich vorgesehen, das gesamte Gewerbe unabhängig von der Art der Messung (SLP: Standardlastprofil bzw. RLM: Registrierende Leistungsmessung) ab 1,5 Mio. kW/h in die Verbrauchsgruppe „Haushalte/Gewerbe“ einzuteilen, finden sich im Endbericht der Expertenkommission in dieser Gruppe außer allen SLP-Kunden nur noch die RLM-Kunden der Wohnungswirtschaft.

IHK rechnet mit Hürden

Die Kunden der Industriegruppe müssten mit zusätzlichen Auflagen rechnen, wenn sie die Gaspreisbremse in Anspruch nehmen wollten. So sollen Betriebe in der Industriegruppe nach den Vorschlägen der Kommission beispielsweise konkretere Bedingungen für den Standorterhalt erfüllen.

Klaus Gräbener: „Gerade mittelständische Unternehmen werden so vor Hürden gestellt, an denen sie mit hoher Wahrscheinlichkeit scheitern. Am Ende bleiben ihnen in der Praxis genau diejenigen Hilfen verwehrt, auf die sie zwingend angewiesen sind, um den Standort zu erhalten.“

„Mit der jetzt erreichten Verständigung läuft Politik Gefahr, dass das Entlastungspaket seine Wirkung mit Blick auf die Wirtschaft verfehlt“, so Walter Viegener: „Für viele Branchen wäre das fatal. Deshalb braucht es dringend Nachbesserungen!“

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