Südwestfalens Wirtschaft rutscht immer tiefer in die Krise
IHK-Konjunkturumfrage zeigt Warnzeichen
- Aus der Region, 24.10.2024
- Wirtschaft
Südwestfalen. Die gemeinsame Konjunkturbefragung der drei Industrie- und Handelskammern Siegen, Hagen und Arnsberg zeichnet ein düsteres Bild für die Wirtschaft in Südwestfalen: Die Anzeichen einer Rezession und fortschreitenden Deindustrialisierung verdichten sich.
Die Ergebnisse der Befragung von 1.264 Unternehmern mit mehr als 120.000 Beschäftigten verbinden, die drei Industrie- und Handelskammern mit einem Appell an die politischen Entscheider, den Blick auf die industrielle Herzkammer NRWs zu richten.
Der Abschwung sei beispiellos, denn er ziehe sich durch alle Branchen, bilanzieren die drei IHK-Präsidenten Walter Viegener, Ralf Stoffels und Andreas Knappstein. Der IHK-Konjunkturklimaindex für Südwestfalen bricht ein: Während der Wert im Frühjahr bereits bei schwachen 92 Punkten lag, fällt er nun auf 78 Punkte.
Die aktuelle Krise gehe zunehmend an die Substanz und könne langfristige Auswirkungen auf die wirtschaftliche Stabilität der Region haben. Fast jedes zweite Unternehmen berichtet von einer problematischen Finanzlage.
Nur noch 16 Prozent der Betriebe bewerten die Geschäftslage als gut, während mittlerweile 37 Prozent eine schlechte Lage melden. In den vergangenen 15 Jahren beurteilten die südwestfälischen Unternehmen ihre Lage nur zu Beginn der Corona-Pandemie negativer. Auch der Blick in die Zukunft fällt düster aus: Der Saldo aus positiven und negativen Erwartungen fällt auf -22 Punkte.
„Wir befinden uns nicht nur in einem konjunkturellen Abschwung, sondern mitten in einer ernsten Strukturkrise. Die Betriebe in unserer Region müssen ohnehin alle Kräfte bündeln, um die Transformation zu mehr Klimaneutralität und Digitalisierung zu bewältigen.
Die sinkende Nachfrage, steigende Arbeitskosten und wachstumshemmende wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen erhöhen den Druck. Die Resilienz der Unternehmen stößt an ihre Grenze“, verdeutlicht Walter Viegener, Präsident der IHK Siegen.
In der Folge schwinde das Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit des Standortes und dringend notwendige Zukunftsinvestitionen werden zurückgestellt. Lediglich 11 Prozent der Betriebe geben eine gute Geschäftslage an, während 46 Prozent ihre Lage als schlecht bezeichnen.
Ralf Stoffels, Präsident der SIHK zu Hagen: „Südwestfalen als Herzkammer der nordrhein-westfälischen Industrie droht ein Ausbluten. Die Rahmenbedingungen mit einer maroden Infrastruktur und einer erdrückenden Bürokratie machen das Wirtschaften hier am Standort immer unattraktiver. Mehr als jeder fünfte Industriebetrieb denkt, ernsthaft über Standort- oder Teilverlagerungen nach.“
Das Baugewerbe berichte noch von überwiegend guten Geschäften. „Die Industrie ist die Schlüsselbranche der Region, auch für Händler und Dienstleister”, sagt Arnsbergs IHK-Präsident Andreas Knappstein.
Den Einzel- und Großhandel belaste vor allem die anhaltende Kaufzurückhaltung. 36 Prozent der Händler erwarten nachlassende Geschäfte. Der produktionsnahe Großhandel spüre unmittelbar die schwierige Situation der Industrie.
In den Dienstleistungsbranchen sei der Fachkräftemangel eine große Herausforderung. Im Verkehrsgewerbe melden 63 Prozent eine unproblematische Finanzlage.
In keiner anderen Branche sei die Finanzlage so dramatisch wie im Gastgewerbe. Dabei gehe es nicht um Verlagerungen oder Anpassungen, sondern um drohende Schließungen.
Wie ein roter Faden ziehe sich die Belastung durch zu viel Bürokratie über alle Branchen hinweg. Der Frust darüber steige und sei ein wesentlicher Grund für die Zurückhaltung bei den Investitionen.
Wichtig seien: weniger Regulierung, geringere Energiepreise sowie eine intakte Verkehrsinfrastruktur, sonst werde der nächste Aufschwung an Südwestfalen vorbeiziehen, betonen die drei IHK-Präsidenten