Hilfe vom Kinderhospizverein: „Uns war klar, dass wir etwas tun müssen“

Ukraine-Transport mit medizinischem Material


Mit vollgepacktem Bulli geht es in Richtung Ukraine. Die Hilfsgüter werden vor Ort dringend benötigt. von privat
Mit vollgepacktem Bulli geht es in Richtung Ukraine. Die Hilfsgüter werden vor Ort dringend benötigt. © privat

Kreis Olpe/Marburg. „Wundert euch nicht, wenn hier gleich ein paar Kinder rein gestürmt kommen“, schmunzelt Kevin Leinbach, Ansprechpartner für junge Menschen mit lebensverkürzender Erkrankung des Deutschen Kinderhospizvereins (DKHV) mit Sitz in Olpe, im Video-Telefonat. Bei ihm, in einem kleinen Ort nahe Marburg, ist derzeit richtig was los.


Zusätzlich zu den eigenen drei Kindern toben noch zwei Kinder aus der Ukraine durch das Haus. In einer sehr kurzfristigen Aktion sind er und Michel Mohr am 10. März an die slowakisch-ukrainische Grenze gefahren. Mit dem Vereins-Bulli voll medizinischem Material für lebensverkürzend erkrankte Kinder.

„Meine Frau stammt aus der Ukraine, viele Freunde und ein Teil ihrer Familie leben noch dort“, erläutert Kevin Leinbach. „Da war uns schnell klar: Wir müssen was tun. Insbesondere für die Familien mit pflegebedürftigen Kindern, die nicht transportfähig sind.“ Kaum war der Gedanke formuliert, Schritt er zur Tat und kontaktierte eine weitere betroffene Familie aus seinem Bekanntenkreis, Christine Wagner-Behrendt vom Verein „IntensivLeben – Verein für beatmete und intensivpflichtige Kinder und Jugendliche“.

Gemeinsam mit Gregor Schmidt, Leiter der ambulanten Kinder- und Jugendhospizarbeit des DKHV, sammelten sie medizinisches Material, das vor Ort am dringendsten benötigt wird. „Wir selbst hatten auch noch Kartons mit unbenutztem Material von meiner Tochter, ich dachte: Das haben doch sicherlich viele betroffene Familien.“ Ruckzuck füllte sich der Bulli, den der DKHV zur Verfügung stellte, mit Kartons voll Spritzen, Absaugkathetern, Einmalhandschuhen, Venenverweilkanülen, aber auch mit Einsatzkleidung für Feuerwehrleute, Kinderkleidung, Schokolade und vielem mehr.

Geflüchtete versorgt

„Über eine Bekannte meiner Frau, die ein Hotel nahe der slowakischen Grenze besitzt, entstand der Kontakt zu Kinderkrankenschwestern und Familien mit Intensivkindern oder beatmeten Kindern, die auf Hilfe angewiesen sind. Sie übernimmt das Verteilen der Hilfsmittel für uns, damit diese auch zu 100 Prozent an die richtige Stelle gelangen“, erzählt der Marburger.

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Züge voll mit geflüchteten Kindern aus Charkiw, Frauen und Kinder, die ihre Männer und Väter verabschieden, die zurück in den Krieg ziehen, Menschen, die ihre kompletten Habseligkeiten in einem Koffer transportieren – die vielen Eindrücke sind für Kevin Leinbach kaum in Worte zu fassen. Dann ging es über die Grenze, unzählige Male wurden die Reisepässe und die Fracht der beiden Helfer kontrolliert. Von schwer bewaffneten Soldaten:

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Nachdem die wertvolle Fracht an ihren Bestimmungsort gelangt und ausgeladen war, war klar: „Mit dem leeren Bulli zurückfahren? Nein. Wir nehmen Geflüchtete mit.“ Über ein Netzwerk an Bekannten entstand so der Kontakt zu der fünfköpfigen Familie, die jetzt bei Kevin Leinbach und seiner Familie untergekommen ist. „Ein ganzes Leben in zwei Koffern, das war alles, was sie noch hatten“, berichtet er.

Die Not der Menschen in der Ukraine, die vielen lebensverkürzend erkrankten Kinder, die meist Zuhause betreut werden – all das lässt Kevin Leinbach nicht los. Daher ist ein zweiter Hilfstransport mit medizinischen Hilfsgütern für die Kinder seitens des Deutschen Kinderhospizvereins in Planung und das ganz im Sinne der Selbsthilfe: „Von betroffenen Familien aus Deutschland für betroffene Familien aus dem Kriegsgebiet.“

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