Institut der Deutschen Wirtschaft prognostiziert Milliarden-Verluste

Sperrung der A 45:


Die gesperrte Talbrücke Rahmede der A 45. von Autobahn Westfalen
Die gesperrte Talbrücke Rahmede der A 45. © Autobahn Westfalen

Kreis Olpe. Die Vollsperrung der A 45 bei Lüdenscheid wird in den kommenden Jahren Verluste in Milliardenhöhe hervorrufen. Das zeigt eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW Consult GmbH) im Auftrag des Verkehrsverbandes Westfalen, die jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.


Demnach muss – konservativ gerechnet – bei einer üblichen Neubauzeit von zehn Jahren für eine solche Autobahnbrücke von Schäden in Höhe von rund 3,5 Milliarden Euro ausgegangen werden. Felix G. Hensel, Präsident der IHK Siegen:

„Jeder Tag Brückensperrung raubt der gesamten Wirtschaftsregion Wachstumsperspektiven. Deshalb ist es unerlässlich, jeden Ansatz zu nutzen, um die Realisierung der neuen Brücke zu beschleunigen. Selbst bei einer Halbierung der Planungs- und Bauzeit auf fünf Jahre betrüge der Schaden noch satte 1,8 Milliarden Euro.“

Nicht nur in der Industrie, auch im Handel, in der Freizeit- und Tourismuswirtschaft, der Gastronomie und der Veranstaltungswirtschaft strapaziere die Brückensperrung die Region, die Umwelt und die Menschen über Gebühr.

Wirtschaft trocknet aus

Die Wirtschaft trockne kontinuierlich aus, wenn die „unverzichtbare Lebensader A 45“ durchtrennt bleibe und das Vertrauen in die vernetzte Wirtschaftsregion zwischen Südwestfalen und dem westfälischen Ruhrgebiet verloren gehe, erläutert Marc Simon, Vorstandsvorsitzender des Verkehrsverbandes Westfalen. „Auch als betroffener Unternehmer mit der Verantwortung für unsere Beschäftigten und deren Familien kann ich mit voller Überzeugung sagen, dass es auf jeden Monat ankommt, den der Neubau beschleunigt werden kann.“

Hanno Kempermann, Geschäftsführer der IW Consult GmbH, sieht die Wirtschaft mit Kosten durch Staus und Umleitungen sowie durch die sinkende Standortattraktivität konfrontiert.

„An den offiziellen und inoffiziellen Ausweichrouten leben rund 20.000 Einwohner. Hier sind rund 1.600 Unternehmen ansässig, die sich mit sinkenden Immobilienpreisen, einem hohen Lärm- und Stresspegel und besonders großen Auswirkungen der Verkehrsbelastungen, etwa in puncto An- und Abfahrt von Mitarbeitern, konfrontiert sehen.“

Wachsumsverluste im MK enorm

Allein für den Märkischen Kreis sind die Wachstumsverluste auf mindestens 600 Millionen Euro berechnet worden. Auswirkungen gebe es freilich auch in den südlicher gelegenen Regionen. Die Untersuchung belege neben den akuten Schäden durch Umwege vor allem aber auch den Verlust an Standortattraktivität.

Sie zeige überdies, wie wichtig es sei, das Vertrauen der Wirtschaft und der Beschäftigten in die regionale Infrastruktur zurückzugewinnen.

Klaus Gräbener, Hauptgeschäftsführer der IHK Siegen: „Straßen, Schienen und Brücken halten nicht ewig. Dies wurde im politischen Raum über Jahrzehnte hinweg kraftvoll verdrängt. Die Quittung dieser Politik fällt für uns in Südwestfalen vernichtend aus.“

Beschleunigungspotenzial beim Genehmigungsprozess

Das Unternehmen HERE Technologies ist ein führender Anbieter von Verkehrsinformationen, die von Unternehmen der Automobilindustrie, Städten und Verkehrsbehörden auf der ganzen Welt genutzt werden. Es hat das Gutachten um eine interaktive Visualisierung der Verkehrsflüsse in der Region vor und nach der Sperrung ergänzt.

Das größte Beschleunigungspotenzial steckt aus Sicht aller Beteiligten im Genehmigungsprozess. Deshalb schlägt der Verkehrsverband Westfalen eine Planungsbeschleunigung durch verantwortlichen Dialog vor. Marc Simon:

„Die Belange der Kommunen, der Anwohner, der Pendler, der Wirtschaft, des Klima- und natürlich des Artenschutzes gehören an einen Tisch. Ein verantwortlicher Dialog bedeutet aber auch, dass sich beispielsweise die Artenschützer oder Anwohner genauso wie die Wirtschaft darauf verlassen können müssen, dass Zusagen auch eingehalten werden.“

Deshalb sei aus Sicht des Verkehrsverbandes Westfalen die Berufung eines Bürgerbeauftragten zwar ein erster Schritt. „Wir wünschen uns aber zusätzlich einen echten Prozessbeschleuniger auf Ebene des Bundesverkehrsministeriums, der die verantwortlichen Stellen in verbindlichen Entscheidungsprozessen koordiniert und einen Brückenneubau in Rekordzeit ermöglicht“, konkretisiert Simon die Forderung Richtung Berlin.

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