Für ein artgerechtes Leben: Petra Wintersohl ist Vollblut-Tierschützerin

Verein „Schutzengel für Tiere“


  • Drolshagen, 23.01.2023
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  • Von Lorena Klein
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Petra Wintersohl aus Dirkingen ist Vorsitzende des Vereins „Schutzengel für Tiere“. Einen Großteil ihrer Zeit widmet sie dem Tierschutz. von Lorena Klein
Petra Wintersohl aus Dirkingen ist Vorsitzende des Vereins „Schutzengel für Tiere“. Einen Großteil ihrer Zeit widmet sie dem Tierschutz. © Lorena Klein

Dirkingen. Ein neues Zuhause mit viel Platz, Licht und Liebe - bis zum natürlichen Tod. Das möchte der Verein „Schutzengel für Tiere“ solchen Tieren ermöglichen, die in qualvollen und nicht artgerechten Verhältnissen als Nutztiere gehalten werden. LokalPlus hat die Vorsitzende Petra Wintersohl in der Pflegestelle und Hauptbüro im Drolshagener Ort Dirkingen besucht.


Nicht weit von der Stadt Drolshagen und doch verborgen im Tal liegt der kleine Ort Dirkingen. Die schneebedeckten Wiesen und Häuserdächer glitzern in der Januarsonne. Nicht nur Menschen fühlen sich in der idyllischen Natur wohl – auch einige Tiere haben hier in einem stillgelegten Bauernhof eine neue Bleibe gefunden.

Hinter dem hölzernen Tor eines Stalles ertönt ein freches „Bäh!“. „Ja Maria, wir kommen schon“, lacht Petra Wintersohl und begrüßt die Ziege, die sofort den Besuch gewittert hat.

Ein tierisches Trio

Petra Wintersohl gründete im Jahr 2003 den Verein „Schutzengel für Tiere“. Als Vorsitzende des Vereins widmet die 54-Jährige den Großteil ihrer Zeit den vielfältigen Aufgaben in der Vereinsarbeit und ihren eigenen Tieren. Diese Arbeit leistet sie ehrenamtlich.

Neben „Mariechen“, wie Petra Wintersohl die aufgrund ihrer Hormonstörung etwas eigenwillige weiße Ziege liebevoll nennt, wohnen außerdem noch der schwarze Ziegenbock Peter und Mini-Shetlandpony Raymond – Spitzname „Ray“ – auf dem Hof. „Die Drei sind mittlerweile wirklich zusammengewachsen und wie eine kleine Herde“, erzählt Wintersohl und lächelt. Ende Januar darf sich Ray zudem über die Gesellschaft eines Artgenossen freuen: Dann zieht Pony Dexter nach Dirkingen.

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In Dirkingen kümmert sich Petra Wintersohl um zwei Ziegen und ein Shetlandpony.

„Wenn sogenannte Nutztiere alt und auffällig werden und nicht mehr das tun können, wofür der Mensch sie hält, wird es für sie oft schwierig“, erklärt Petra Wintersohl. So sei Ray um ein Haar dem Schlachttod entkommen und den beiden Ziegen, die sie über eine Anzeige im Internet gefunden hat, hätte höchstwahrscheinlich dasselbe Schicksal geblüht.

230 Tiere in 14 Pflegestellen

Schon immer hatte die gebürtige Mönchengladbacherin ein besonders großes Herz für Tiere. Viele Jahre engagierte sie sich in der Organisation „Animals’ Angels“, aus der schließlich auch der Verein „Schutzengel für Tiere“ hervorgegangen ist.

Insgesamt 230 „Schützlinge“ zählt der Verein derzeit – darunter Pferde und Ponys, Rinder, Schweine, Esel, Schafe, Ziegen und Gänse. Ehrenamtliche Helfer und bezahlte Betreuer pflegen, versorgen und „bespaßen“ die geretteten Tiere in insgesamt 14 Pflegestellen in fünf deutschen Bundesländern und in Belgien. Momentan können in den meisten Pflegestellen aus Platzgründen keine weiteren Tiere aufgenommen werden.

Das zentrale Ziel des Vereins sei es, die Unterscheidung zwischen „Nutztieren“ wie Rinder und Schweine und „Streicheltieren“, zum Beispiel Hunde und Katzen, in den Köpfen der Menschen aufzulösen, erklärt die Vorsitzende. „Es geht uns darum, dass alle Tiere als fühlende Lebewesen wahrgenommen werden, die den Wunsch nach einem glücklichen Leben möglichst bis zu ihrem natürlichen Tod haben.“

Ein qualvoller Kreislauf

Besonders am Herzen liege dem Verein das Elend der Mutterschweine, betont Wintersohl. Durch den regelmäßigen Kontakt zu einer anonymen Informantin erfährt sie vom schrecklichen Kreislauf, den die Schweine in vielen Großbetrieben durchlaufen.

Vor der Geburt würden die trächtigen Schweinemütter in sogenannte „Ferkelschutzkörbe“ geführt – ein Gestell, das den Tieren so gut wie keine Bewegungsfreiheit lässt. Das Eisengestänge verhindere den näheren Kontakt zu den Ferkeln – nur zum Trinken erreichen die kleinen Schweine ihre Mutter im Gitterkorb.

Eingeengt zwischen Eisenstangen kann sich die Schweinemutter kaum bewegen oder sich um ihre Ferkel kümmern. von privat
Eingeengt zwischen Eisenstangen kann sich die Schweinemutter kaum bewegen oder sich um ihre Ferkel kümmern. © privat

Unmittelbar nach der Trennung von ihren Ferkeln vier Wochen nach der Geburt werde den Schweinemüttern schließlich ein spezielles Hormon injiziert, sodass sie wieder paarungsbereit werden – und die Prozedur von vorne beginnt. Werden die Säue nicht mehr trächtig oder bringen nicht mehr genügend lebende Ferkel zur Welt, werden sie geschlachtet. Dies seien gängige Methoden in einigen großen Schweinezuchtbetrieben, so Wintersohl.

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In der Pflegestelle spüren die geretteten Schweinemütter zum ersten Mal weiches Stroh und haben genügend Platz.

Gerettete Mutterschweine finden in der Pflegestelle in Erflinghausen (Meschede) ein neues Heim mit viel Auslauf und engagierter Pflege. „Es ist unglaublich, mit welcher Lebensfreude sich die Schweinemütter zum ersten Mal ins Stroh legen, wenn sie bei uns ankommen“, strahlt Petra Wintersohl. Der Konsum tierischer Produkte komme für sie schon lange nicht mehr in Frage. Seit 25 ernährt sie sich vegan und noch länger vegetarisch.

Die Vereinsarbeit kostet nicht nur viel Zeit, sondern auch vor allem Geld – sei es für Futter, Pacht oder Tierarztkosten. Die monatlichen Kosten von etwa 13.000 Euro werden größtenteils von Spendengeldern, den rund 500 Patenschaften und Eigenmitteln finanziert.

Helfer und Paten ermöglichen Arbeit

Um jeden weiteren Helfer und Paten sind die Schutzengel dankbar. Außerdem ist es in der Geschäftsstelle in Drolshagen möglich, einen Bundesfreiwilligendienst zu absolvieren und ab dem Alter von 18 Jahren bei der Pflege der Ponys zu helfen, die allerdings nicht reitbar sind.

„Im Tierschutz lastet häufig sehr viel Arbeit auf sehr wenigen Schultern“, spricht Wintersohl aus Erfahrung. In einer Patenschaft, die auch verschenkbar ist, kann man ein Tier seiner Wahl mit 10 Euro pro Monat unterstützen. Interessierte sind ebenfalls eingeladen, die Tiere vor Ort zu besuchen und sich über den Verein zu informieren.

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