9-Euro-Ticket: Wie wird es eingeschätzt und wie geht es weiter?

Landrat und Kreistags-Fraktionen geben Urteil ab


  • Kreis Olpe, 10.08.2022
  • Straße & Verkehr
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Das 9-Euro-Ticket läuft aller Voraussicht nach Ende August aus. von Adam Fox
Das 9-Euro-Ticket läuft aller Voraussicht nach Ende August aus. © Adam Fox

Kreis Olpe. Die Laufzeit des 9-Euro-Tickets neigt sich - am 31. August ist es soweit - langsam dem Ende zu. Wenn es in Berlin zu keiner Verlängerung kommt, gelten ab dem 1. September wieder die regulären Tarife. LokalPlus hat bei Landrat Theo Melcher und bei den Fraktionschefs im Kreistag nachgefragt, wie sie das 9-Euro-Ticket bewerten und wie es weitergehen sollte.


Landrat Theo Melcher (CDU) sieht im 9-Euro-Ticket keinen „Flop“. Die Nachfrage sei hoch. Eine bundesweite Marktforschungsstudie aus dem Juni zeige, dass gute 27 Prozent der Fahrten ohne das 9-Euro-Ticket nicht unternommen worden wären.

Theo Melcher von Kreis Olpe
Theo Melcher © Kreis Olpe

Ob ein Teil der neu gewonnenen Kunden dem ÖPNV längerfristig erhalten bleibe, werde man sehen. Zudem gebe es weitere Herausforderungen: zum einen decke der Preis nicht die steigenden Kosten, zum anderen kämen die Fahrzeugkapazitäten aufgrund der gestiegenen Auslastung an Grenzen, die sich insbesondere auf der Schiene durch Verspätungen, Ausfälle und auch Überfüllung erkennbar machten.

9-Euro-Ticket wirtschaftlich nicht tragbar

Für eine Verlängerung sieht der Landrat keine Perspektive: „Da seitens der Politik aktuell keine über den 31. August hinausgehenden Finanzierungsabsichten existieren, ist eine Beibehaltung des 9-Euro-Tickets unwahrscheinlich bzw. wirtschaftlich nicht tragbar.“

Auch das 69-Euro-Ticket, das derzeit öffentlich diskutiert wird, sieht Theo Melcher kritisch: „Ohne eine gesicherte Finanzierung ist eine Umsetzung nicht leistbar.“ Zudem müsse die vorhandene Infrastruktur in den Blick genommen werden. Ein verbessertes Angebot sei nur über Investitionen in den Ausbau der Infrastruktur möglich.

Kreis Olpe: Investitionen in den ÖPNV dringend notwendig

UWG-Fraktionsvorsitzender Meinolf Schmidt will das Ticket derzeit nicht abschließend beurteilen: „Ob die Einführung des 9-Euro-Tickets ein Erfolg oder ein Flop ist, sollte nach dem Ende dieser Aktion einmal statistisch genauer untersucht werden. Alleine überfüllte Züge und die hohe Zahl der verkauften 9-Euro-Tickets geben keine genauen Hinweise hierauf.“

Meinolf Schmidt von privat
Meinolf Schmidt © privat

Zum 69-Euro-Ticket hat Schmidt folgende Meinung: „Die Frage nach einer Fortführung darf sich nicht nur am Preis orientieren. Für einige ist das billigste Angebot wichtig. Für den ländlichen Kreis Olpe sind dringende Investitionen in den ÖPNV sowie die attraktive Verbindungen und die Umstellung auf umweltfreundliche Antriebstechnik weitaus notwendiger.“

Ticket einkommensabhängig beibehalten

Bernd Banschkus, SPD-Fraktionsvorsitzender, bezeichnet das 9-Euro-Ticket – bezogen auf die Verkaufszahlen – als einen Riesenerfolg. Mit den gestiegenen Anforderungen wurde offengelegt, dass es einen Nachholbedarf in der Infrastruktur der Bahn gebe. Banschkus spricht sich für eine Verlängerung der Maßnahme aus: „Das Ticket sollte einkommensabhängig beibehalten werden.“

Bernd Banschkus von privat
Bernd Banschkus © privat

Ein 69-Euro-Ticket sieht der Sozialdemokrat kritisch: „Ich denke, dass der Preis zu hoch angesetzt ist. Im unteren Einkommensbereich sollte es deutlich günstiger sein, ansonsten sollten max. 50 Euro nicht überschritten werden.“

69-Euro-Ticket: überteuert und sinnlos

„Die Maßnahme war ein Erfolg. Vor allem aus der Nachfrage-Perspektive. Die Bereitstellung von Zügen, Bussen und Personal stellt eher ein Problem dar. Das Ticket hat vor allem dafür gesorgt, dass sich die Menschen mit Alternativen zum Auto beschäftigen und es hat eine positive Entwicklung angestoßen, die hoffentlich nicht im September endet“, sagt Mike Warnecke, Geschäftsführer der Kreistagsfraktion der Grünen.

Mike Warnecke von privat
Mike Warnecke © privat

Die Grünen finden, dass das Ticket nach Möglichkeit beibehalten werden solle: „Die Nachfrage nach dem Ticket hat den eindeutigen Wunsch der Bevölkerung gezeigt - auch auf dem Land -, dass neben dem Individualverkehr auch andere Möglichkeiten genutzt werden können.“

Das 69-Euro-Ticket hält die Fraktion für vollkommen überteuert und sinnlos: „Jobtickets sind bereits im ähnlichen Preisrahmen zu erwerben und werden deutlich seltener genutzt. Ein kostenloser ÖPNV sollte, vorbehaltlich einer vernünftigen Finanzierung und Ausstattung, das Ziel sein. Alles über 30 Euro macht im Vergleich zu bereits vorhandenen Tickets und anderen Ländern keinen Sinn.“

Anm. d. Red.: Die zeitgleich gestellten Anfragen wurden von den Vorsitzenden der Kreistags-Fraktionen der CDU, FDP und AfD nicht beantwortet.

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