Arbeitszeitmodell der Zukunft? Hünsborner Firma führt Vier-Tage-Woche ein

Weniger Arbeitszeit, mehr Zufriedenheit


  • Kreis Olpe, 05.11.2022
  • Wirtschaft
  • Von Lorena Klein
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In der Firma Daub CNC Technik in Hünsborn wurde jetzt das innovative Arbeitsmodell der Vier-Tage-Woche eingeführt. von Lorena Klein
In der Firma Daub CNC Technik in Hünsborn wurde jetzt das innovative Arbeitsmodell der Vier-Tage-Woche eingeführt. © Lorena Klein

Kreis Olpe/Hünsborn. Montags bis freitags im Büro, Betrieb oder auf der Baustelle – für viele Menschen sieht so eine ganz normale Arbeitswoche aus. Der Gedanke an vier statt fünf Arbeitstage pro Woche klingt nicht nur verlockend, sondern kann auch einige Vorteile für Arbeitnehmer und -geber mit sich bringen. Wie immer mehr Unternehmen beschreitet die Firma Daub CNC Technik aus Hünsborn neue Wege und hat seit einem Monat das Arbeitszeitmodell der Vier-Tage-Woche eingeführt.


Der Ansatz, durch weniger Arbeitszeit eine höhere Zufriedenheit und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter zu erreichen, erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Auch Firmeninhaber Detlev Daub überzeugte die positive Berichterstattung in den Medien – darauf habe er das Thema im August im eigenen Betrieb angestoßen, berichten Volker Kaluza und Artur Hildebrandt, Geschäftsführer und Betriebsleiter des Herstellers für Gehäuse in der Elektroindustrie.

Sowohl innerhalb der Führungsebene als auch in Reihen der anderen Mitarbeiter habe die Vier-Tage-Woche sofort großes Interesse geweckt.

Vier Tage je neun Stunden

In weniger als zwei Monaten wurde der Plan dann gemeinsam in die Tat umgesetzt: Statt an fünf wird in der Hünsborner Firma nur noch einschichtig an vier Tagen gearbeitet, nämlich montags bis donnerstags. Dies gilt für alle 35 Mitarbeiter in allen Unternehmensbereichen gleichermaßen.

Von einer 40-Stunden-Woche, die sich auf fünf Tage verteilt, hat der Betrieb sich seit Oktober auf vier Arbeitstage mit je neun Stunden umgestellt. Mit der neuen 36-Stunden-Woche haben die Angestellten somit insgesamt 10 Prozent weniger Arbeitszeit – und das bei vollem Lohnausgleich.

Die fehlende Arbeitszeit bei sehr guter Auftragslage möchte die Firma durch die erhoffte Produktivitätssteigerung ausgleichen. „Zusätzlich haben wir Projekt- und Arbeitsgruppen gebildet, um einzelne Prozesse und Abläufe zu optimieren und schlanker zu gestalten“, erläutert Kaluza.

Vorreiter der Region

Mit dem Arbeitszeitmodell ist die Firma im Wendener Land in jedem Fall einer der Vorreiter der Region – wenn nicht sogar der erste Betrieb im Kreis, der sich der Vier-Tage-Woche in Praxis annimmt. „Bisher wissen wir von keinem anderen Unternehmen im Kreis Olpe, das ein ähnliches Modell eingeführt hat“, so Volker Kaluza.

Die Vier-Tage-Woche sei noch in ihren Anfängen. Deswegen gebe es auch noch keinen festen Standard bezüglich der Neustrukturierung von Arbeitszeiten, erklärt der Geschäftsführer.

Betriebsleiter Artur Hildebrandt und Geschäftsführer Volker Kaluza (von links) sind optimistisch, dass sich die Vier-Tage-Woche in der Firma Daub CNC Technik langfristig durchsetzt. von Lorena Klein
Betriebsleiter Artur Hildebrandt und Geschäftsführer Volker Kaluza (von links) sind optimistisch, dass sich die Vier-Tage-Woche in der Firma Daub CNC Technik langfristig durchsetzt. © Lorena Klein

Trotz dass der Urlaubsanspruch um sechs Tage verkürzt wird, haben die Mitarbeiter mit 53 freien Tagen plus 24 Urlaubstagen insgesamt 77 arbeitsfreie Tage im Jahr.

Zum Vergleich: Bei einer fünftägigen Arbeitswoche bleiben pro Jahr mit 11 Feiertagen sowie 30 Tagen Urlaub insgesamt 41 freie Tage.

Mitarbeiterbindung, Leistungsfähigkeit, Energie

Doch welche Vorteile bringt ein solches Arbeitszeitmodell konkret mit sich? Ein wesentlicher Grund für die Einführung der Vier-Tage-Woche sei es gewesen, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, führen Kaluza und Hildebrandt an.

„Mehr Freizeit bei gleichem Lohn – damit holt man die Leute ins Boot“, ist Hildebrandt überzeugt. Und bereits jetzt merke die Firma das steigende Interesse von außerhalb, sowohl bei neuen Bewerbern und Fachkräften als auch im Familien- und Bekanntenkreis. Eine gute Work-Life-Balance sei das, was sich wohl die meisten Arbeitnehmer wünschen.

„Ein zusätzlicher freier Tag bietet mehr Erholung und Freizeit mit Freunden und Familie. Dies trägt zu einer höheren Leistungsbereitschaft und letztlich auch zu weniger Fehlzeiten und Krankmeldungen bei“, betont Kaluza. Auch Behördengänge und Arztbesuche könnten auf den zusätzlichen freien Tag gelegt werden.

Neben der Mitarbeiterzufriedenheit und -gesundheit sei auch energetische Nachhaltigkeit ein bedeutender Faktor. Durch den einschichtigen Betrieb an vier Tagen, ließen sich Strom und Gas sparen, so Kaluza.

Positives Betriebsklima

Bereits nach dem ersten Monat zeichnen sich erfreuliche Effekte durch das neue Modell ab. „In Zahlen sind diese Erfolge bisher noch nicht messbar, jedoch sehr deutlich im positiven Betriebsklima spürbar“, zieht Hildebrandt ein erstes Fazit.

Auch weiterhin sei die Firma optimistisch, dass sich die Vier-Tage-Woche nach der sechsmonatigen Testphase etabliert und zur neuen Arbeitsnormalität wird. „Unser Ziel ist es ganz klar, die Vier-Tage-Woche beizubehalten.“ Das Modell, da sind sich Betriebsleiter und Geschäftsführer einig, sei definitiv für viele andere Betriebe in der Industrie und im Handwerk empfehlenswert.

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