CO₂-Grenzausgleich: IHK mahnt mehr Praxisnähe an

Rechtliche Vorgaben bereiten Sorgen


IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Thilo Pahl. von IHK Siegen
IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Thilo Pahl. © IHK Siegen

Siegen/Olpe. „Fehlende Praxisnähe neuer rechtlicher Vorgaben bereitet der heimischen Industrie große Sorgen. Während auf der einen Seite ein Bürokratieabbau zur Entlastung der Wirtschaft verfolgt wird, werden auf der anderen Seite immer neue Regelungen eingeführt, die häufig mit einem viel zu hohen Aufwand für die Betriebe einhergehen“, betont Dr. Thilo Pahl, Hauptgeschäftsführer der IHK Siegen.


Ein Beispiel hierfür sei das CO₂-Grenzausgleichssystem CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism). CBAM soll verhindern, dass Unternehmen mit hohen Treibhausgasemissionen ihre Produktion in Länder außerhalb der EU verlagern, in denen die Klimaschutzvorgaben weniger streng sind.

Um das zu erreichen, ergänzt die Regelung den europäischen Emissionshandel durch eine Zahlungspflicht für emissionsintensive Importgüter. Diese sollen genauso belastet werden wie Produkte aus der EU, um faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und zur Einhaltung der EU-Klimaziele beizutragen.

Vorbereitungen laufen

„Der ‚Echtbetrieb‘ für CBAM startet 2026. Allerdings laufen die Vorbereitungen für das zahlungspflichtige Verfahren bereits. In der Übergangsphase bis 2026 müssen CBAM-pflichtige Importe gemeldet, aber noch keine Zertifikate erworben werden“, weiß Jens Brill, Leiter des Referates Unternehmensbezogene Dienstleistungen bei der IHK Siegen.

Der Verordnungsentwurf zum CBAM-Anmelder sieht vor, dass sich Importeure aus der EU bei den zuständigen nationalen Behörden registrieren und eine Zulassung als Importeur erwerben.

Viele Mitgliedstaaten nicht auf Zulassungsprozess vorbereitet

Ohne diesen Status können ab 2026 keine CBAM-pflichtigen Waren mehr eingeführt werden. Der CBAM-Anmelder muss darüber hinaus zahlreiche Kriterien hinsichtlich seiner Zuverlässigkeit erfüllen. Angesichts der aktuellen politischen Lage in Europa ein möglicherweise zu komplexer und zeitaufwendiger Prozess, kritisiert die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK).

Viele Mitgliedstaaten seien nicht auf den Zulassungsprozess vorbereitet – oder haben wie in Deutschland keine Regierung mit Mehrheit im Parlament, um die gesetzliche Grundlage zu beschließen.

Daten fehlen

Problematisch sei, dass Daten zum CO₂-Gehalt von Importgütern fehlten und auch alternative sogenannte „Standardwerte“ nicht verfügbar seien. Ungeklärt sei zudem, wie eine Umgehung der Grenzabgabe durch eine geringfügige Weiterverarbeitung der Importgüter verhindert werden könne.

Jens Brill: „Die Europäische Kommission will in dieser Legislatur überprüfen, ob CBAM als Schutz vor ‚Carbon Leakage‘ funktionsfähig ist.

Praxisnahe Regelungen und vereinfachte Verfahren notwendig

Die Einführung des CBAM-Systems ab 2026 erfordert aus Sicht der Wirtschaft eine sorgfältige Vorbereitung. Wichtig sei, dass eine vorläufige Zulassung für zuverlässige Importeure im Zoll, die die Kriterien der Zuverlässigkeit bereits erfüllen – und Unternehmen mit kurzfristigem Importbedarf ermöglicht wird.

Zudem wünschen sich einführende Unternehmen grundsätzlich eine praxistaugliche Regelung, eine schnelle endgültige Zulassung und in Zukunft eine einfache Abwicklung von CBAM-Zahlungen, erläutert Dr. Thilo Pahl.

Der Entwurf der EU-Regelungen sollte auch die Situation von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie von Importeuren geringer Gütermengen berücksichtigen. Für einmalige Sendungen und Kleinmengen sollte ein vereinfachtes Verfahren möglich sein. Nur so könne CBAM vom Wirtschaftsbremser zum Wirtschaftsmotor werden.

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