GFO-Kliniken bieten anonyme Spurensicherung nach Sexualdelikten

Opfern wird Druck genommen


  • Kreis Olpe, 26.04.2023
  • Verschiedenes , Blaulicht
  • Von Wolfgang Schneider
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Stellten das neue Angebot der anonymen Spurensicherung vor (von links): Eva Rieke-Trinn, Lea Ebbinghaus, Daniel Schulte, Dr. André Römgens, Dr. Jürgen Schwickerath und Michael Kopsan. von Wolfgang Schneider
Stellten das neue Angebot der anonymen Spurensicherung vor (von links): Eva Rieke-Trinn, Lea Ebbinghaus, Daniel Schulte, Dr. André Römgens, Dr. Jürgen Schwickerath und Michael Kopsan. © Wolfgang Schneider

Olpe/Lennestadt. Wenn Frauen oder auch Männer Opfer einer Sexualstraftat werden, leiden sie doppelt. Zum einen unter den körperlichen und seelischen Folgen der Tat, zum anderen unter der Ungewissheit über das rechtliche Nachspiel. Jetzt gibt es im Kreis Olpe erstmals die Möglichkeit, Spuren eines Sexualdeliktes anonym zu sichern, ohne sofort entscheiden zu müssen, ob der Übergriff angezeigt werden soll.


Denn längst nicht jedes Opfer erstattet sofort Anzeige, war der Tenor beim Pressegespräch am Dienstag, 25. April, im Olper St.-Martinus-Hospital.

Viele scheuen sich davor, weil sie zum Beispiel Befragungen bei der Polizei oder später die Aussage vor Gericht als extrem belastend empfinden. Oder es wird aus Rücksicht auf das familiäre Umfeld auf die Anzeige verzichtet - eine Entscheidung, die man später vielleicht bereut. Ohne Anzeige gibt es aber keine ärztliche Untersuchung und keine Sicherung von Beweisen durch die Polizei, die für die Strafverfolgung ganz wichtig sind.

Niederschwelliges Angebot

Die GFO-Kliniken in Olpe und Altenhundem machen ab sofort beim Projekt „IGOBSIS-pro“ mit, dem „Intelligenten Gewaltopfer-Beweissicherungs- und -Informationssystem“. Damit ist die anonyme Spurensicherung bei Betroffenen einer Sexualstraftat gemeint. Schon vor sieben Jahren gab es die ersten Überlegungen in diese Richtung, jetzt sind die beiden Krankenhäuser als erste im weiten Umkreis bei dem von der Uniklinik Düsseldorf entwickelten Projekt dabei.

„Wir machen Betroffenen damit ein niederschwelliges Angebot“, sagt Dr. André Römgens, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme. „Wir sichern auf ärztlicher Vertrauensbasis Spuren und das Opfer muss sich nicht sofort entscheiden, ob es Anzeige erstatten will.“

Wie läuft die anonyme Spurensicherung ab?
  • Das Opfer kommt möglichst schnell nach der Tat und am besten, ohne vorher zu duschen, ins Krankenhaus nach Olpe oder Altenhundem und bittet um eine anonyme Spurensicherung.
  • Das Opfer wird ärztlich untersucht, Spuren an Körper und Kleidung werden dokumentiert und gesichert. Dafür gibt es in den Krankenhäusern spezielle Spurensicherungstests.
  • Der Untersuchungsbericht wird im Krankenhaus archiviert, die gesicherten Spuren werden, versehen mit einer Chiffrenummer, zehn Jahre an der Uniklinik Düsseldorf eingelagert.
  • Wenn das Opfer sich irgendwann später für eine Strafanzeige entscheidet, kann es die Polizei auf die anonyme Spurensicherung hinweisen. Sie leitet dann die notwendigen Schritte ein und erhält Zugriff auf die gesicherten Spuren.
  • Wenn man sich gegen eine Anzeige entscheidet, werden die archivierten Spuren nach zehn Jahren vernichtet.

„Ich bin froh, dass das Projekt jetzt startet“, sagt Michael Kopsan, Opferschutzbeauftragter der Kreispolizeibehörde Olpe. Er weiß, dass so Opfern die Last genommen wird, sofort die Polizei einschalten zu müssen, was oft nicht gewünscht wird.

In Ruhe entscheiden

Denn ist die Polizei informiert, gibt es kein Zurück mehr, da sie bei Offizialdelikten von Amts wegen ermitteln muss. Von der anonymen Spurensicherung erfahren die Ermittler nichts, so das Betroffene erst einmal das Geschehen verarbeiten, sich Rat holen und in Ruhe für oder gegen eine Anzeige entscheiden können.

Auch Eva Rieke-Trinn von der Frauenberatungsstelle begrüßt die neue Möglichkeit: „Durch die anonyme Spurensicherung hat der Weg ins Krankenhaus keine Konsequenzen, die die Betroffenen nicht möchten.“ Dass das Thema nicht nur Frauen betrifft, macht Daniel Schulte von der Männerberatungsstelle deutlich: „Gewalt an Männern, ob physisch oder psychisch, ist immer noch ein großes Tabuthema.“

Wie Dr. Jürgen Schwickerath, Chefarzt der Gynäkologie/Geburtshilfe, berichtet, hat es schon die erste anonyme Spurensicherung im Olper Krankenhaus gegeben.

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