Kinderwunsch, Fehlgeburt, Abbruch: „Mirjam“ gibt Frauen und Familien Halt

Beratungsstelle hilft bei Fragen und in Krisen


  • Kreis Olpe, 15.01.2025
  • Verschiedenes , Gesundheit & Medizin
  • Von Lorena Klein
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Johanna Gerke (links) und Christiane Strack (rechts) von der Beratungsstelle Mirjam in Olpe. von Lorena Klein
Johanna Gerke (links) und Christiane Strack (rechts) von der Beratungsstelle Mirjam in Olpe. © Lorena Klein

Kreis Olpe. Schwangerschaft. Für viele Frauen geht damit ein Traum in Erfüllung, andere sehen sich vor eine große Herausforderung gestellt. Für manche bricht damit auch eine Welt zusammen. Es gibt viele Fragen, Themen und Gedanken, die Frauen und Familien rund um das Thema Schwangerschaft beschäftigen. „Mirjam“, Beratungsstelle für Schwangere in Olpe, hilft ihnen seit 25 Jahren bei unterschiedlichsten Anliegen. LokalPlus hat mit Johanna Gerke und Christiane Strack von der Beratungsstelle gesprochen.


Wen und in welchen Situationen unterstützt die Beratungsstelle Mirjam?

Strack: Schwangere können mit den unterschiedlichsten Fragestellungen zu uns kommen. Wir informieren über Themen, die vor und nach der Geburt wichtig sind, und helfen auch bei Anträgen.

Gerke: Wir sind Ansprechpartnerinnen für Familien mit Kindern bis zu drei Jahren. Es kommen aber auch nichtschwangere Frauen – zum Beispiel zur Kinderwunschberatung oder weil sie ein Langzeit-Verhütungsmittel brauchen. Außerdem begleiten wir Frauen, die in einem Schwangerschaftskonflikt sind oder eine Trauerberatung nach einer Fehlgeburt oder Totgeburt brauchen.

Finanzen als Sorgenthema

Was beschäftigt die Ratsuchenden besonders? Haben sich die Probleme über die Jahre verändert?

Strack: Es geht immer mehr um Finanzen und die Nichtvereinbarkeit von Familie und Beruf. Zum Beispiel bei Paaren, bei denen beide Gehälter notwendig sind, oder bei Frauen, die ihr Kind allein bekommen müssten und nicht weiterarbeiten könnten.

Gerke: Gerade seit Corona, dem Ukraine-Krieg und höheren Lebenshaltungskosten ist das eine Tendenz, die sich verstärkt hat. Viele Frauen können sich auch keine Verhütungsmittel leisten und stellen bei uns einen Antrag für eine Teilfinanzierung. Zudem besteht die Möglichkeit für Schwangere, Gelder aus der Bundesstiftung Mutter und Kind zu beantragen. Dahingehend erwarten wir, dass viele das weiterhin nutzen werden.

Nicht für jede Frau ist eine Schwangerschaft auch ein Grund zur Freude. von pixabay.com / Julia Fiedler
Nicht für jede Frau ist eine Schwangerschaft auch ein Grund zur Freude. © pixabay.com / Julia Fiedler

Laut Gesetz sind Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland rechtswidrig, werden aber unter gewissen Voraussetzungen, zum Beispiel innerhalb der ersten drei Monate bei einer vorherigen Beratung, nicht bestraft. Kürzlich wurde im Bundestag – bisher ohne Ergebnis – über eine mögliche Legalisierung diskutiert. Inwiefern wäre betroffenen Frauen damit geholfen, was würde sich für sie ändern?

Strack: Gerade bei den Abbrüchen sehen sich Frauen, zum Beispiel durch ihre Religion oder ihr Umfeld, im Bereich der Grauzone und schämen sich. Sie haben das Gefühl, etwas zu tun, das eigentlich ein Verbrechen ist. Es kommt vor, ist jedoch sehr selten, dass sich die Frauen nach Beratungsgesprächen anders entscheiden. Den Punkt, ob es rechtlich in Ordnung ist oder nicht, betrachten sie aber meist nicht näher. Sie sind in Not und brauchen diesen Abbruch. Doch auch für die Ärzte ist es eine Art der Befreiung, wenn man von einer Legalisierung spricht.

„Wir haben alle Frauen hier“

Gerke: Grundsätzlich begrüßen wir, wenn Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetzbuch herausgenommen werden. Wir würden es allerdings gut finden, wenn weiterhin eine Beratungspflicht bestünde. Denn man merkt, dass den Frauen das guttut. Wir sind eine der Beratungsstellen im Kreis Olpe, an die sich Frauen wenden können und stellen die notwendige Beratungsbescheinigung aus.

Strack: Das ist eine Thematik, die durch alle gesellschaftlichen Schichten geht – von der Auszubildenden bis zur Managerin haben wir alle Frauen hier. Die Gründe reichen von Finanzen bis zu einer anderen Lebensplanung. Wenn Frauen nach einem Abbruch Unterstützung und Gespräche benötigen, sind wir weiterhin immer für sie da.

Für Frauen, die eine Fehlgeburt hatten, soll sich schon zeitnah etwas ändern: Es soll der sogenannte „gestaffelte Mutterschutz“ eingeführt werden. Damit hätten über die bisherigen Regelungen hinaus auch Frauen nach einer Fehlgeburt ab der 13. und vor der 24. Schwangerschaftswoche ein Recht auf diese Auszeit. Inwiefern entlastet das die Frauen?

Strack: Frauen, die eine Fehlgeburt erlitten haben, belastet diese Erfahrung sehr. Sie sind nicht am nächsten Tag wieder fit und können zur Arbeit gehen. Der plötzliche Verlust ist hochemotional und der Körper noch auf Schwangerschaft eingestellt. Es ist gut, dass das Thema Beachtung findet und die Möglichkeit geschaffen wird, in den Mutterschutz zu gehen.

Eine Fehlgeburt stellt eine große Belastung dar. von pixabay.com
Eine Fehlgeburt stellt eine große Belastung dar. © pixabay.com

Gerke: Die Frauen, die zu uns kommen, haben meistens weiterhin einen Kinderwunsch. Mit einer erneuten Schwangerschaft sind dann oft viele Ängste verbunden.

Strack: Was man dabei nicht vergessen darf: Auch Männer leiden unter einer Fehlgeburt und haben keinen Mutter- bzw. Vaterschutz. So hat wenigstens eine Partei die Möglichkeit, die Trauer aufzuarbeiten und den anderen vielleicht zu unterstützen.

Gerke: Die Männer dürfen auch mit in unsere Beratungsstelle kommen.

Tabus brechen und sensibilisieren

Was muss sich aus Ihrer Sicht in Zukunft noch ändern, um Schwangere und Familien zu entlasten?

Strack: Die Form der Kinderbetreuung – flächendeckend und ohne lange Wartezeiten. Weil die Finanzen eine große Rolle spielen, müssen Frauen und Eltern ihre Kinder unterbringen können, um wieder arbeiten zu gehen, wenn sie das wollen.

Gerke: Ein weiterer Punkt ist die Versorgungslage der Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Das Thema sollte enttabuisiert werden, damit Frauen leichter eine Praxis finden und keine langen Fahrten haben.

Strack: Nach außen macht man sich als Arzt damit nicht beliebt. Da werden Arztpraxen besprüht, Frauen werden abgefangen. Es wird immer weniger Ärzte geben, die Abbrüche machen.

Johanna Gerke (links) und Christiane Strack (rechts) von der Beratungsstelle Mirjam in Olpe. von Lorena Klein
Johanna Gerke (links) und Christiane Strack (rechts) von der Beratungsstelle Mirjam in Olpe. © Lorena Klein

Hat sich in Vergangenheit auch schon etwas zum Positiven verändert?

Strack: Ich glaube, dass wir bekannter geworden sind. Nicht zuletzt durch die sexualpädagogische Arbeit, die außerhalb der Beratungsstelle an Grundschulen, weiterführenden Schulen und Freizeiteinrichtungen von uns durchgeführt wird.

Gerke: Und positiv ist sicherlich auch unser 25-jähriges Jubiläum, das wir am 2. Juli feiern!

Die Beratungsstelle Mirjam

Die Beratungsstelle Mirjam in Olpe gehört zum Verein Frauenwürde NRW und wird gefördert vom Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen.

In Olpe sind neben Johanna Gerke und Christiane Strack auch noch Sabine Pielsticker und Verwaltungskraft Ira Haasz-Jaques tätig.

Kontakt:

  • Anschrift: Löherweg 4, 57462 Olpe
  • Tel.: 02761 / 83 87 17
  • E-Mail: beratungsstelle@mirjam-olpe.de

Auf der Internetseite können Termine auch online gebucht werden. Über eine Chatfunktion können Ratsuchende dort außerdem in unterschiedlichen Sprachen Kontakt aufnehmen.

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