Landrat und Kämmerer klagen: „Es reicht hinten und vorne nicht mehr“
Kreishaushalt 2025 vorgestellt
- Kreis Olpe, 12.11.2024
- Politik
- Von Wolfgang Schneider
Kreis Olpe. Landrat Theo Melcher und Kreiskämmerer Klaus Müller schlagen Alarm. Die Finanzlage des Kreises ist so angespannt wie nie und das Personal im Kreishaus an oder schon jenseits der Belastungsgrenze. „Ich habe eine solche Situation in meiner 30-jährigen Tätigkeit noch nicht erlebt“, sagte der Landrat am Dienstagmittag, 12. November, beim Pressegespräch zur Vorstellung des Entwurfs des Kreishaushalts 2025.
Der Kreis müsse immer mehr Aufgaben übernehmen und Leistungen erbringen, ohne dafür von Bund und Land genügend Geld zu erhalten, beklagten Melcher und Müller. „Die Lage ist wirklich ernst. Wir erbringen sehr viele Leistungen mit minimalem Personalaufwand. Wir haben nicht zu viel Personal, sondern zu viele Aufgaben.“
Und zu wenig Geld. Mit den Zuwendungen von Bund und Land, Gebühren und anderen Einnahmen sei der Kreishaushalt bei weitem nicht zu decken. Steuern dürfen Kreise nicht erheben, sondern müssen die Städte und Gemeinden über die Kreisumlage zur Kasse bitten. Diese Kreisumlage, über deren stetigen Anstieg die heimischen Bürgermeister Jahr für Jahr klagen, ist für kommendes Jahr mit 178 Millionen Euro veranschlagt – 6,6 Millionen Euro mehr als im laufenden Jahr.
Melcher kann gut verstehen, dass die Bürgermeister darüber nicht begeistert sind. Die Schuld am Dilemma liege in Berlin: „Der Bund lässt die Kommunen im Regen stehen. Denen bleibt dann nur, die Steuern zu erhöhen. Dabei ist eine Gewerbesteuererhöhung in der gegenwärtigen Lage kontraproduktiv für die Unternehmen und eine Grundsteuererhöhung macht das Wohnen teurer.“
Das Prinzip „Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen“ gelte schon lange nicht mehr, beklagte Kämmerer Müller. Stattdessen müsse die kommunale Familie die Belastungen schultern, die Bund und Land nicht ausreichend übernähmen. „Es reicht hinten und vorne nicht mehr“, so Müller. Landrat Melcher fand deutliche Worte: „Als die Letzten in der Kette haben die Bürgermeister den schwarzen Peter und sind die armen Säue.“
Es müsse endlich Schluss damit sein, dass der Bund Leistungen kreiere, die die kommunale Familie tragen müsse, forderte Melcher. Die Schmerzgrenze sei schon seit langem überschritten. „Ein Weiter so ist nicht möglich!“
Vor allem die explodierenden Sozialausgaben machen Melcher und Müller sorgen. Innerhalb von nur drei Jahren sind die Ausgaben für die Kita-Betreuung von 25 auf 35 Mio. Euro und die Hilfen zur Erziehung von 19,3 auf 29 Mio. Euro gestiegen.
Gestaltungsspielraum habe der Kreis finanziell schon lange nicht mehr, so Melcher und Müller. 98 Prozent der Ausgaben entfielen auf gesetzlich vorgeschriebene Pflichtaufgaben und nur 2 Prozent auf freiwillige Ausgaben.
- Der Kreishaushalt 2025 weist Aufwendungen von 343 Millionen Euro aus. Davon entfallen mit 233 Millionen Euro mehr als zwei Drittel auf den Bereich Soziales.
- Die größten Posten sind die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe (126 Mio. Euro), Aufwendungen für soziale Leistungen (54 Mio. Euro) und die Landschaftsumlage, die größtenteils für Eingliederungshilfen bestimmt ist (53 Mio. Euro).
- Auf der Einnahmenseite stehen u.a. Kreis- und Jugendamtsumlage (178 Mio. Euro), Zuwendungen von Bund und Land (95 Mio. Euro) und Gebühren (32 Mio. Euro).
- Um den Etat auszugleichen, muss die Ausgleichsrücklage um 11,6 Millionen Euro reduziert werden.
- Der Stellenplan weist 623 Vollzeitstellen aus, genauso viele wie in diesem Jahr.
- Mitte Dezember soll der Etatentwurf in den Kreistag eingebracht und Mitte März 2025 verabschiedet werden.