UPDATE: Alina und Marie: Wieder angekommen in Lennestadt

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  • Kreis Olpe, 12.03.2022
  • Ukraine
  • Von Kerstin Sauer
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Die Schwestern haben ihr Ziel erreicht: Der Transporter ist leer - alle Hilfsgüter haben Alina und Marie persönlich zur polnisch-ukrainischen Grenze gebracht. von privat
Die Schwestern haben ihr Ziel erreicht: Der Transporter ist leer - alle Hilfsgüter haben Alina und Marie persönlich zur polnisch-ukrainischen Grenze gebracht. © privat

Lennestadt/Polen. Die Schwestern Alina Yesilagac (26) und Marie Kürpick (22) sind am Freitag, 11. März, um 3 Uhr mit einem vollgepackten Transporter in Meggen in Richtung polnisch-ukrainische Grenze gestartet. Was die beiden auf ihrer Fahrt erleben, das berichten sie regelmäßig bei LokalPlus: Die Redaktion steht in Kontakt zu den beiden. Jetzt sind sie wieder zu Hause angekommen.


Update von Samstag, 12. März, 18 Uhr: Alina und Marie sind wieder daheim angekommen. „Der Transporter ist leer“, schreibt Alina. Jetzt heißt es erst mal: ausruhen und ausschlafen. Das LokalPlus-Team ist sich einig: Das war eine fantastische Aktion, ihr Beiden!

Wir berichten noch.

Update von Samstag, 12. März, 12 Uhr: Alina und Marie sind seit den Morgenstunden auf deutschem Boden wieder unterwegs. Die Erlebnisse am Abend haben die beiden so bewegt, dass sie in der Nacht erstmal lange über alles sprechen mussten, um alles zu verarbeiten.

„Ich kann immer noch nicht in Worte fassen, was wir erlebt haben“, sagt Alina bedrückt. Im Gespräch mit dem Notarzt vor Ort hatte dieser erklärt, dass allmählich genug Kleidung angekommen sei. Dringend benötigt werden aber weiterhin Medikamente, Hygieneartikel, Thermodecken, Kerzen.

„Es geht ums pure Überleben“

Auch aus der Ukraine konnte der Arzt der beiden jungen Frauen berichten. „ Dort geht es ums pure Überleben. Es fehlt so sehr an Nahrung und Getränken“, fasst Alina zusammen.

Nachdem Sie ein paar Stunden im Transporter geschlafen hatten, fuhren die Schwestern wieder Richtung Heimat. Gegen 9.30 Uhr legten sie eine Pause in Dresden an, um endlich mal etwas zu essen. „Jetzt sind es noch knapp 500 Kilometer bis nach Hause“, berichtet Alina. Die beiden hoffen, am Nachmittag wieder in Meggen zu sein.

Alina (2.v.r.) und Marie (r.) sind am Ziel angekommen. Die Situation vor Ort schockiert die Schwestern - und die Hilfsbereitschaft beeindruckt sie. von privat
Alina (2.v.r.) und Marie (r.) sind am Ziel angekommen. Die Situation vor Ort schockiert die Schwestern - und die Hilfsbereitschaft beeindruckt sie. © privat
Am Ziel angekommen

Update von 21.50 Uhr: Alina und Marie melden sich. Sie haben ihr Ziel erreicht – nach mehr als 19 Stunden Fahrt. „Das Auto ist komplett leer“, sagen sie. Sie sind beeindruckt von den „sehr, sehr netten Menschen hier vor Ort. Sie haben uns geholfen, das Essen, die Hygieneartikel, die Medikamente und die Kleidung auszuladen.“

Dabei sind die Schwestern mit dem einzigen Notarzt vor Ort ins Gespräch gekommen. Und was Peter H. Berichtet, ist schockierend, wie Alina erzählt. „Er stand vor uns und hat geweint. Die Helfer sind durchgefroren und völlig am Ende.“ Die Flüchtlinge, so hat der Arzt berichtet, seien in einem Riesen-Komplex untergebracht, in dem es eiskalt sei. Hauptsächlich Frauen und kleine Kinder seien dort untergebracht. „Es ist ein riesiges Leid“, sagt Alina. Ihr ist anzuhören, wie sehr die Situation sie und Marie belastet.

Die Helfer und der Notarzt vor Ort halfen den Schwestern beim Ausladen. von privat
Die Helfer und der Notarzt vor Ort halfen den Schwestern beim Ausladen. © privat

Überall seien Feuerwehr, Polizei und Militärkonvois, die genau kontrollieren, wer über die Grenze kommt. „Damit nur Ukrainer reinkommen, die Hilfe brauchen“, heißt es. Jeden Tag kämen tausende von Menschen an. Doch auch schwarze Schafe haben sich unter die geflüchteten Menschen gemischt. Leute, die Essen und Kleidung stehlen, die Frauen mit Versprechungen anlocken und verschleppen – alles unter dem Vorwand, sie in Sicherheit zu bringen.

„Es ist ein riesengroßes Elend, ich kann gar nicht beschreiben, wie fürchterlich das ist“, sagt Alina. Und weiter: „Wir haben mit vielem gerechnet, was wir hier sehen werden. Aber niemals mit so einem Elend.“

„Die Menschen stehen zusammen“

Doch die Schwestern erleben auch beeindruckende Momente: sehen Menschen, die zusammen am Lagerfeuer sitzen, Gitarre spielen, singen und essen. Lernen andere Menschen kennen, die einfach nur helfen wollen. „Die Menschen stehen zusammen.“ Die Freude ist groß, als Alina und Marie erfahren, dass alles, was sie aus Lennestadt an die Grenze gefahren haben, morgen früh direkt mit dem Militär in die Ukraine gebracht wird.

„Wir fahren jetzt von hier weg und übernachten irgendwo“, sagt Alina am Ende ihres Berichtes. Die Atmosphäre sei zu bedrückend, zu schrecklich. Und sie schließt mit den Worten: „Daumen hoch für die Menschen, die das hier alles schaffen.“

Ankunft im Grenzbereich

Update von 20.30 Uhr: Alina und Marie sind an der polnisch-ukrainischen Grenze angekommen - nach knapp 18 Stunden Fahrt. Derzeit sind sie noch auf der Suche nach der richtigen Adresse, wo sie ihre Hilfsgüter umpacken können. Was sie sehen, bewegt die Schwestern sehr: „Wir sind etwas zu weit gefahren und waren schon fast im Grenzgebiet. Das ist ein ganz beklemmendes Gefühl, überall ist Blaulicht, hier sind Armeefahrzeuge und ein Zug voller Menschen aus der Ukraine ist an uns vorbei gefahren“, berichtet Alina.

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Alina und Marie sind an der Grenze angekommen und suchen derzeit noch nach der richtigen Adresse. Was sie vor Ort sehen, sorgt bei den beiden für ein beklemmendes Gefühl. Hier ist ein Zug aus der Ukraine zu sehen.

Jetzt machen sich die beiden auf die Suche nach der richtigen Sammelstelle, um ihre Hilfsgüter umzuladen. Die Bilder, die sich ihnen beim Blick aus dem Fenster bieten, gehen den Schwestern nahe: „Da sitzen die Flüchtlinge, viele sehen so gezeichnet aus.“

An die Lieben in der Heimat gerichtet, die sich große Sorgen um die beiden jungen Frauen machen, betonen sie aber: „Uns geht es gut, alles ist in Ordnung.“

Update von 14 Uhr: An einer Raststätte in Polen sprechen Alina und Marie mit einigen Menschen. Die Anteilnahme und die Hilfsbereitschaft in Polen, so erzählen die beiden, seien riesig.

An den Tankstellen wird auf Hotlines verwiesen, wo ukrainische Flüchtlinge Hilfe bekommen können. Auf den Parkplätzen stehen auch viele Autos mit ukrainischen Kennzeichen. Ach ja, und vollgetankt haben die beiden Schwestern: In Deutschlands morgens für knapp 160 Euro, in Polen für 90 Euro...

Ursprungs-Bericht:

7.05 Uhr: Noch 150 Kilometer bis Dresden. „Es läuft richtig gut“, berichtet Alina.

Erste Rast gegen 7 Uhr: Bis Dresden sind es noch rund 150 Kilometer, die Autobahn ist leer. von privat
Erste Rast gegen 7 Uhr: Bis Dresden sind es noch rund 150 Kilometer, die Autobahn ist leer. © privat

Mit dem voll gepackten Transporter fahren die Schwestern nicht sonderlich schnell, dafür vorsichtig, damit sie ihre Güter heil ans Ziel bringen. Die beiden wechseln sich regelmäßig am Steuer ab und hoffen, gegen Abend ihr Ziel, die Stadt Przemysl an der polnisch-ukrainischen Grenze, zu erreichen.

Gegen 10 Uhr erreichen Alina und Marie die Grenze zu Polen. von privat
Gegen 10 Uhr erreichen Alina und Marie die Grenze zu Polen. © privat

11.25 Uhr: „Hier wird es langsam präsenter“, schreibt Alina und schickt ein Video. Es zeigt einen Sattelschlepper auf der Autobahn, der in die gleiche Richtung fährt wie die beiden Schwestern. Seine Ladung: ein Abwehrgeschütz.

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11.40 Uhr: Noch 530 Kilometer bis ans Ziel. Es wird voller auf der Autobahn: der erste Stau. „Wir sehen sehr, sehr viele Hilfstransporte“, sagt Alina. Die Anteilnahme sei groß: Wenn die Autofahrer einen solchen Hilfstransport sehen, blenden sie die Lichter auf und veranstalten ein Hupkonzert. Lkw-Fahrer drücken mit Schildern ihre Solidarität mit den Menschen in der Ukraine aus, „Stop War“ ist ebenso zu lesen wie klare Worte über Putin. „Das Navi sagt, dass wir gegen 17 Uhr am Ziel sind. Mal gucken, was uns erwartet“, berichtet Alina und betont für die Lieben daheim: „Uns geht‘s gut!“

Kurz vor dem Start in der Heimat: Alina (r.) und Marie. von privat
Kurz vor dem Start in der Heimat: Alina (r.) und Marie. © privat
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