Urteil nach Tötung eines 72-Jährigen: Staatsanwaltschaft legt Revision ein
Neunjährige Jugendstrafe „zu milde“
- Kreis Olpe, 05.07.2024
- Blaulicht
- Von Nils Dinkel

Siegen/Finnentrop. Nach dem Urteil am Donnerstag, 4. Juli, im Mordprozess am Landgericht Siegen hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt, ebenso wie Pflichtverteidiger Thomas Trapp. Auch Dominik Petereit, Anwalt der Nebenkläger, ist nicht zufrieden mit dem Urteil.


Das Gericht hatte einen 18-Jährigen aus der Gemeinde Wenden wegen Mordes zu einer Haftstrafe von neun Jahren verurteilt. Staatsanwalt Rainer Hoppmann hatte eine Jugendhaftstrafe von 13 Jahren wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen und Heimtücke sowie die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld gefordert.
Er sagte im Gespräch mit LokalPlus, dass er die ausgeworfene Strafe für zu milde halte. Außerdem wolle er rechtliche Problematiken klären, die das Urteil auslösen könnte. „Insbesondere bei der besonders schweren Schuld sind das Gericht und ich uneins gewesen“, so der Staatsanwalt. Nun wolle er die genaue Begründung im schriftlichen Urteil nachlesen.

„Wenn ich das für nicht ausreichend oder zutreffend erachte, muss man im Revisionsverfahren schauen, ob das so tragbar ist“, führte Hoppmann aus.
Marie-Theres Hanfland-Ullrich hatte sich für die Nebenklage im Plädoyer für eine Verurteilung wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen, Heimtücke und Grausamkeit ausgesprochen. Die Höhe des Strafmaßes stellte die Nebenklage in das Ermessen des Gerichts. Die Vorsitzende Richterin Sabine Metz-Horst hatte bei der Urteilsverkündung gesagt, dass das Einlegen von Rechtsmitteln bei der Nebenklage komplexer sei.
Dominik Petereit, Anwalt der Nebenkläger, kann die Enttäuschung seiner Mandanten verstehen und teilt sie ein Stück weit. Diese hatten auf eine Haftstrafe von mindestens zehn Jahren gehofft. Petereit prüft aktuell, ob er Revision einlegt. „Das ist für Nebenkläger immer ein heißes Eisen. Wenn diese abgelehnt wird: Wie erklärt man das den Mandanten? Es entstehen wieder Kosten für die Nebenkläger. Das wäre ein ungünstiges Signal“, führt der Anwalt aus.

Er hofft, dass die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel einlegt. Das Urteil habe ihn und seine Mandaten etwas verwundert. Staatsanwaltschaft und Marie-Theres Hanfland-Ullrich hätten mit ihren Plädoyers das Einfallstor für ein höheres Strafmaß geöffnet. „Das Urteil spiegelt das Verhalten des Täters nicht wider“, so Petereit.
Mit der Begründung, eine höhere Strafe zu erlangen, dürfe die Nebenklage keine Revision einlegen. Er könne eine Überprüfung wegen des zweiten Mordmerkmals beantragen, und daraus könnte ein höheres Urteil resultieren. Die Argumentation der seitens des Gerichts nicht gesehenen niedrigen Beweggründe teilte der Anwalt nicht.
„Es war ein gewisser vorgezeichneter Weg, dem der Angeklagte vor Gericht weiter gefolgt ist. Die Begründung, dass noch andere schwerwiegendere Taten denkbar wären, sodass man nicht auf die zehn Jahre gekommen ist, das teile ich nicht“, erklärt Petereit.

Pflichtverteidiger Rechtsanwalt Thomas Trapp hatte für eine Verurteilung wegen Totschlags plädiert und sich für eine Jugendhaftstrafe von acht Jahren ausgesprochen. Er sagte: „ Ich bin angewiesen worden, Revision einzulegen. Das habe ich bereits getan.“
Es gebe nur eine siebentägige Frist hierfür. Dass es nur eine mündliche Urteilsbegründung gebe, mache es schwierig. Der Pflichtverteidiger wolle nun die schriftlichen Urteilsgründe abwarten und dann abwägen, ob es Aussichten auf Erfolg gebe.
Der 18-jährige Täter war zu einer Jugendstrafe von neun Jahren verurteilt worden, nachdem ein Sachverständiger ein gestörtes Sozialverhalten diagnostiziert hatte und die Jugendgerichtshilfe den Heranwachsenden wegen fehlender Reife in allen Belangen als nicht erwachsen einstufte. Das Gericht sah das Mordmerkmal der Heimtücke als erfüllt an, jedoch nicht aus niedrigen Beweggründen.
Sabine Metz-Horst hatte in der Urteilsbegründung gesagt, dass die besondere Schwere der Schuld bei einem Mordmerkmal nicht erfüllt sei. Außerdem habe der Angeklagte nach seinem Wertesystem schlüssig gehandelt.

Bereits in der Vergangenheit hatte sich der 18-Jährige schon häufiger als gewaltbereit gezeigt und mehrere Menschen für ihr vermeintliches Fehlverhalten ihm gegenüber bestraft. Bislang war der Mann nicht vorbestraft. Seine Gesetzesbrüche hatten sich im Jahr 2023 gehäuft.
