Würdiger Journalismus? Nicht immer einfach

Tötungsdelikt in Freudenberg


Topnews
 von Grafik: Sophia Poggel
© Grafik: Sophia Poggel

Das Tötungsdelikt im benachbarten Freudenberg hat auch bei uns in der Redaktion für Entsetzen gesorgt. Wir berichteten erstmals, als die Zwölfjährige als vermisst galt und nach ihr gesucht wurde.


Als sich herausstellt, dass das Mädchen getötet wurde, beginnt eine mediale Großoffensive. Der Ort wird von vielen Medienvertretern quasi belagert, Einwohner bekommen Mikros vors Gesicht gehalten und werden gedrängt, etwas zu sagen. Spekulationen werden verbreitet und Mutmaßungen angestellt. So mancher Journalist steht sich im Ort die Füße platt.

Der mediale Vulkan bricht endgültig aus, als bekannt wird, dass zwei etwa gleichaltrige Mädchen für die schlimme Tat verantwortlich sein sollen. Da versuchen Kollegen zu erklären, was nicht wirklich zu erklären ist. Da betätigen sich manche Journalisten als Psychologen, andere als Hobby-Juristen oder Familienpädagogen. Und die Boulevard-Fraktion hat nichts Besseres zu tun, als im Umfeld der so schrecklich betroffenen Familien zu schnüffeln.

Radio setzt Statement

An dieser Stelle sind wir schon lange raus. Ein Statement setzt auch das örtliche Lokalradio – im Gegensatz zu Sensationsreportern vieler Radio- und Fernsehsender. Radio Siegen postet: „Liebe Freudenberger, zur aktuellen Lage werden wir euch nicht – wie andere Medien – auf Parkplätzen oder vor Kirchen abfangen und fragen, wie es euch geht. Wir werden in Zukunft wieder da sein, wenn die anderen (gelben, blauen etc.) Mikros weg sind. Wenn es wieder anderen Themen gibt. So lange berichten wir über Fakten.“

Es gibt ihn also doch noch, den Journalismus, der nicht nur auf der Sensationsgier aufbaut. Würdiger und ehrlicher Journalismus ist nicht immer einfach. Aber ich hoffe, dass aus diesem Fall so manche Lehre gezogen wird.

Nils Dinkel

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