Andrii, der Junge mit der Gitarre: „Endlich darf ich wieder Musik machen“

17-jähriger Ukrainer dankt für Hilfe und Unterstützung


  • Lennestadt, 15.06.2022
  • Ukraine , Verschiedenes
  • Von Kerstin Sauer
    Profilfoto Kerstin Sauer

    Kerstin Sauer

    Redaktion


    E-Mail schreiben
Topnews
Mit der Band „Jokers & Queens“ hatte Andrii schon seinen ersten Auftritt, und zwar beim Lebenshilfe-Fest in Olpe. von privat
Mit der Band „Jokers & Queens“ hatte Andrii schon seinen ersten Auftritt, und zwar beim Lebenshilfe-Fest in Olpe. © privat

Lennestadt. Seine Geschichte bewegte die LokalPlus-Leser: Andrii, der 17-jährige junge Mann aus der Ukraine, Musiker durch und durch, der bei seiner Flucht vor dem Krieg seine geliebten Gitarren zurücklassen musste. Zwei Monate, nachdem er uns seine Geschichte erzählt hat, treffen wir Andrii wieder. Er strahlt. Fühlt sich wohl in Lennestadt. Und dankt von Herzen allen, die ihm und seiner Familie geholfen haben.


Im März musste er mit seiner Mama und der anderthalbjährigen Schwester aus seiner Heimatstadt Polohy in der Ukraine fliehen. Anfang April kam er in Lennestadt an und erzählte im Gespräch mit LokalPlus, was ihm widerfahren war. Berichte von der Flucht, von der Trennung vom Stiefvater, von verwundeten Menschen, seiner Begegnung mit Matthäus und Sabine von „Lennestadt hilft“ und von seinen ersten Tagen in Lennestadt.

Drei Wünsche äußerte Andrii damals: Der Krieg solle enden. Alle, die im Krieg gestorben sind, sollten zurückkehren. Und: Dass er seine Gitarren zurück bekommt.

Andriis Geschichte bewegte die Menschen. Innerhalb kürzester Zeit gingen zahlreiche Rückmeldungen bei uns ein, viele Leute wollten Andrii eine Gitarre schenken. Der 17-Jährige lächelt bei der Erinnerung: „Ich danke allen, die sich nach mir und meiner Familie erkundigt haben. Und die mir eine Gitarre angeboten haben.“

Andrii freut sich: Endlich kann er wieder Gitarre spielen. von privat
Andrii freut sich: Endlich kann er wieder Gitarre spielen. © privat

Denn, so berichtet Andrii stolz: Auf drei Gitarren (zwei E- und eine Akustik-Gitarre) darf er heute wieder spielen, sich ausprobieren, lernen. Damit nicht genug: Der 17-Jährige spielt heute in zwei Bands, hatte mit den „Jokers & Queens“ sogar schon einen Auftritt. „Endlich darf ich wieder Musik machen“, schwärmt der junge Mann.

„Ich würde gerne Abitur machen“

Andrii fühlt sich wohl in Lennestadt. Er wohnt mit seiner Mama und seiner kleinen Schwester in Grevenbrück, hat auf digitalem Weg die Schule in der Ukraine beendet und wartet jetzt hier in Lennestadt auf seine „Einschulung“. „Ich würde gerne hier Abitur machen“, hofft der 17-Jährige.

Bis dahin verbringt Andrii viel Zeit damit, auf seinen Gitarren zu spielen, übt fleißig und in Eigenregie Deutsch oder erkundet mit dem Fahrrad die Gegend. „Es ist wunderschön hier“, betont er.

In Lennestadt hilft Andrii anderen ukrainischen Flüchtlingen, sich zurecht zu finden. Auch Illia und seiner Mutter Raisa, die aus Mariupol fliehen mussten. Illia und Andrii sind inzwischen Freunde geworden. von privat
In Lennestadt hilft Andrii anderen ukrainischen Flüchtlingen, sich zurecht zu finden. Auch Illia und seiner Mutter Raisa, die aus Mariupol fliehen mussten. Illia und Andrii sind inzwischen Freunde geworden. © privat

Und genau das möchte er auch den Menschen vermitteln, die aus der Ukraine nach Lennestadt kommen: Wann immer sich die Gelegenheit ergibt, hilft er Flüchtlingen bei den ersten Schritten in Deutschland. Und vergisst dabei auch seine Freunde und Bekannten in der Heimat nicht: „Ich suche gerade für meine Lehrerin eine Unterkunft. Sie lebt in den besetzten Gebieten – ich möchte irgendwie versuchen, sie da raus zu bekommen.“

Kontakt in die Heimat

Auch andere nahestehende Menschen sind noch in der Ukraine: Während der Stiefvater sich noch auf ukrainischem Boden aufhält, lebt die Oma schon im besetzten Gebiet. Viele seiner Freunde, so berichtet Andrii, seien inzwischen aus der Heimatstadt Polohy geflohen. Zwei Klassenkameraden warten darauf, endlich 18 zu werden – und kämpfen zu dürfen.

Andrii denkt viel an seine Familie und die Freunde in der Heimat und hofft, dass es allen gut geht. Doch während die Mutter auf das Ende des Krieges wartet und dann entscheiden möchte, wie es weiter geht, wünscht sich ihr Sohn, in Deutschland zu bleiben. „Ich fühle mich wohl hier. Die Menschen sind so angenehm, und es gibt hier so viele Möglichkeiten.“

„Ich bin von Herzen dankbar“

Andriis Leben hat sich innerhalb von nur zwei Monaten von Grund auf verändert. Und trotz der furchtbaren Umstände, die dazu geführt haben, trotz der Ängste um die Daheimgebliebenen und trotz der unsicheren Zukunft hofft der 17-Jährige, in Deutschland eine Zukunft zu haben. „In der letzten Zeit bin ich so vielen Menschen begegnet, die mir geholfen haben, obwohl sie mich nicht kennen. Sie haben mir und meiner Familie unter die Arme gegriffen und unterstützen uns in vielen Lebenssituationen. Dafür bin ich von Herzen dankbar.“

Artikel teilen: