Was ist rechtens, was wäre fair? Diskussionen um Endausbau „Timmerschlade“

Altenhundemer Straße gibt es seit 40 Jahren


  • Lennestadt, 13.05.2025
  • Politik
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Seit 40 Jahren gibt es die „Timmerschlade“ an der Vogelwarte in Altenhundem. Jetzt soll sie endausgebaut werden. von Kerstin Sauer
Seit 40 Jahren gibt es die „Timmerschlade“ an der Vogelwarte in Altenhundem. Jetzt soll sie endausgebaut werden. © Kerstin Sauer

Altenhundem. Die „Timmerschlade“ in Altenhundem soll endausgebaut werden – nach mehr als 40 Jahren, die die Straße bereits existiert. Ein Vorhaben, das bei den Anwohnern auf Unverständnis stößt. Zahlreiche Fragen haben sie an die Verwaltung und die Politik gestellt. Die rechtliche Beurteilung dieser Fragen stand im zuständigen Haupt- und Finanzausschuss am Montag, 12. Mai, auf der Tagesordnung.


Eins vorweg: Rein rechtlich gesehen steht dem Endausbau nichts mehr im Wege. Weder den langen Zeitraum, den die derzeitige „Baustraße“ schon besteht, noch den Hinweis vom Bund der Steuerzahler, dass die Straße erkennbare Merkmale einer endgültigen Herstellung vorweise, sieht die Verwaltung als Hindernis an. Eine Meinung, die nicht alle Fraktionen teilten.

„Neben der rechtlichen Betrachtung spielt auch die Betrachtung der speziellen Situation eine Rolle“, betonte Heinz Vollmer (SPD). Und weiter: „Der erste Spatenstich in der „Timmerschlade“ ist 40 Jahre her, jetzt soll abgerechnet werden. Da fragt man sich: Wie kann das sein?“

„Wir stehen hier in der Schuld“

Die Politik sei gut beraten, auch die Anlieger zu Wort kommen zu lassen.: „Wir müssen von Seiten der Stadt Kompromisse machen und eine kulante Lösung finden. Ich meine, wir stehen hier in der Schuld.“ Teilweise haben die Anwohner schon vor Jahrzehnten Vorausleistungen für den Endausbau im fünfstelligen D-Mark-Bereich gezahlt. Vollmer: „Wo ist das Geld?“

Man dürfe auch nicht vergessen, dass sich die persönliche Situation zahlreicher Anwohner geändert habe: Viele seien inzwischen in Rente, teilweise alleinstehend – wie sollten sie nach vier Jahrzehnten so einen hohen Betrag zahlen können? Sein Vorschlag: eine 2,5-prozentige Verzinsung des Restbestandes der Vorauszahlungen und eine Ermäßigung von 20 Prozent – das sei eine kulante Lösung.

Rechtslage nicht mit Kulanz umgehen

Bernd Brüggemann von der CDU sah das anders: Die Vorlage beantworte alle Fragen, „wenn das die rechtliche Beurteilung ist, dann muss sie auch gelten. Wir können das nicht mit kulanten Lösungen umgehen.“ Denn, so Brüggemann weiter: „Wenn ein Bürgermeister Beiträge nicht erhebt, macht er sich der Veruntreuung schuldig. Und auch wir als Rat haben eine Vermögensbetreuungspflicht.“

Wenn die Abrechnungen da seien – was je nach Zeitpunkt des Endausbaus noch bis zu zwei Jahren dauern könne – könne man immer noch den Rechtsweg gehen.

Auch Andreas Verbeek (Grüne) sieht die derzeitige Situation als sehr heikel an: „Wir stehen zwischen den rechtlichen Vorgaben und dem Anspruch der Anlieger, nach über 40 Jahren eine Lösung hinzukriegen.“

Vor rund 40 Jahren sind die ersten Anwohner in die „Timmerschlade“ gezogen. Jetzt soll die Straße endausgebaut werden, u.a. weil sie im Zustand einer Baustraße sei und eine geregelte Entwässerung laut Verwaltung nicht vollumfänglich gegeben sei. von Kerstin Sauer
Vor rund 40 Jahren sind die ersten Anwohner in die „Timmerschlade“ gezogen. Jetzt soll die Straße endausgebaut werden, u.a. weil sie im Zustand einer Baustraße sei und eine geregelte Entwässerung laut Verwaltung nicht vollumfänglich gegeben sei. © Kerstin Sauer

Einen Weg zu gehen, der bei allen Beteiligten Akzeptanz bringe, wäre auch für Bürgermeister Tobias Puspas wünschenswert. Aber, so betonte er: „Wir haben klare rechtliche Regelungen. Die Stadt und die politischen Mandatsträger würden zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie etwas beschließen, das rechtlich nicht erlaubt ist.“

Bringt die Zeit andere Möglichkeiten?

Gleichzeitig wies er darauf hin, dass sich die rechtlichen Grenzen ändern könnten: „Das hier ist eine Situation unter der heutigen Rechtslage. Entscheidend ist aber die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abrechnung.“ Dann müsse gegebenenfalls ein Gericht entscheiden, ob Härtefälle vorliegen. Puspas: „Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass wir bis dahin andere Möglichkeiten haben.“

Heinz Vollmer ließ sich davon nicht überzeugen: „Der Härtefall liegt darin, dass für den Endausbau 40 Jahre gebraucht wurden. Das haben die Anlieger nicht verursacht. Wir können doch nicht so tun, dass es keine Ausnahme ist, dass wir nicht in die Pötte gekommen sind.“ Es sei nicht richtig, sich nur hinter rechtlichen Dingen zu verschanzen: „So tun, als hätten wir alles korrekt gemacht, ist schlicht und ergreifend falsch.“

„Entwässerung läuft wunderbar“

Während aller rechtlichen Diskussionen fragen sich die Anwohner vor allem eins: Warum muss die Straße überhaupt ausgebaut werden – jetzt, nach 40 Jahren, wo doch selbst die scheinbar fehlende Entwässerung wunderbar laufe und vollumfänglich gegeben sei?

Das sieht die Verwaltung anders. Puspas: „Gewisse Dinge fehlen, daher ist die Straße nach unserer Einschätzung nicht fertig. Wir sind nach jetziger Begründung angehalten, das zu bauen, was fehlt.“

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