582 Kirchenaustritte im Jahr 2020 im Kreis Olpe

Kirchenvertreter besorgt über Entwicklung


Topnews
 von Adam Fox
© Adam Fox

Kreis Olpe. Auch im Jahr 2020 haben viele Menschen den beiden großen christlichen Kirchen den Rücken gekehrt. 582 Austritte gab es im Kreis Olpe. 446 Menschen traten aus der katholischen Kirche aus und 135 aus der evangelischen Kirche. Die Vertreter der Kirchen sind über die Entwicklung besorgt und sehen vielfältige Gründe für die zahlreichen Austritte.


Im Kreis Olpe besteht an zwei Amtsgerichten, Olpe und Lennestadt, die Möglichkeit aus der Kirche auszutreten. Das Amtsgericht Olpe, zuständig für die Städte Olpe, Attendorn und Drolshagen sowie für die Gemeinde Wenden, verzeichnete in den Jahren 2016 bis 2020 folgende Austrittszahlen:

  • 2016: 224 (davon 158 katholisch und 66 evangelisch)
  • 2017: 240 (davon 169 k. und 71 e.)
  • 2018: 314 (davon 234 k. und 80 e.)
  • 2019: 389 (davon 295 k. und 94 e.)
  • 2020: 364 (davon 271 k. und 93 e.)


Das Amtsgericht Lennestadt ist zuständig für die Stadt Lennestadt und die Gemeinden Kirchhundem und Finnentrop. Die Austrittszahlen in Lennestadt im Überblick:

  • 2016: 131 (davon 96 katholisch und 34 evangelisch)
  • 2017: 146 (davon 115 k. und 31 e.)
  • 2018: 184 (davon 152 k. und 32 e.)
  • 2019: 269 (davon 224 k. und 45 e.)
  • 2020: 218 (davon 175 k. und 42 e.)

Unterm Strich gab es damit 2020 zwar deutlich weniger Austritte als 2019 (658), aber deutlich mehr als in den Jahren davor.

Evangelische Kirche sieht primär finanzielle Gründe

Dr. Jörg Ettemeyer, Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde im Bezirk Lennestadt-Kirchhundem, bedauert die Entwicklung der Austrittszahlen sehr. Die Zahlen seien „bedrückend“. Die Gründe für die Austritte seien oftmals finanzieller Natur. Viele möchten sich die Kirchensteuer sparen.

Auch die Form der Kirchensteuer erscheine vielen Ausgetretenen nicht mehr zeitgemäß. Die Menschen wollen das Geld lieber in kleine, individuelle Projekte stecken als in die große, oft anonyme Amtskirche. Dass sich Menschen von der Kirche im Laufe der Zeit distanziert haben und deshalb austreten, will Ettemeyer nicht ausschließen.

Pfarrer Dr. Jörg Ettemeyer, Evangelische Kirche Lennestadt-Kirchhundem. von privat
Pfarrer Dr. Jörg Ettemeyer, Evangelische Kirche Lennestadt-Kirchhundem. © privat

In der Vergangenheit habe die evangelische Kirche in Lennestadt und Kirchhundem erlebt, dass Zugezogene sich nicht in die Gemeinde integriert gefühlt hätten und deshalb auch ausgetreten seien. Dies habe man nun geändert, indem man diese persönlich anschreibe. Auch bei Geburtstagen im Rhythmus 18, 30, 40 usw. schreibe man die Menschen an.

Das Angebot zum Gespräch nehme kaum ein Ausgetretener wahr. Dabei wäre dies für die Gemeinden wichtig. Denn dann könne man daran arbeiten, was man in Zukunft besser machen kann.

Missbrauch und Starrheit Gründe für Austritte

Der katholische Pfarrer Clemens Steiling, Leiter des Pastoralverbundes Olpe, bedauert ebenfalls die Kirchenaustritte. Er sieht den monetären Aspekt jedoch nicht als Hauptgrund für einen Austritt an. Das Thema Missbrauch sei für die meisten Menschen einer der Beweggründe, der katholischen Kirche den Rücken zu kehren.

Auch die Starrheit der Kirche bzw. der Kirchenstrukturen seien Gründe für die Austritte. Bestes aktuelles Beispiel sei der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki. Das Verhalten einer einzelnen Person verzerre das Bild der Kirche ins Negative, bedauert Steiling.

Pfarrer Clemens Steiling, Pastoralverbund Olpe von privat
Pfarrer Clemens Steiling, Pastoralverbund Olpe © privat

Als weiteren Grund sieht er, dass ein Austritt aus der Kirche nicht zu einer gesellschaftlichen Verurteilung/Stigmatisierung führe. Dies sei vor Jahren, vor allem im ländlichen Bereich, wohl noch anders gewesen.

Um den Austritten entgegenzuwirken, müsse die Kirche sich menschennah gestalten und die Dinge ansprechen, die den Menschen auf der Seele brennen. Gleichzeitig müssten die Menschen erkennen, dass es auch in der Kirche keine Vollkommenheit gebe - genauso wenig wie in anderen Lebensbereichen.

Artikel teilen: