Wenn der Proband beim Sehtest ein „Kreiseck“ entdeckt

LP-Glosse


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 von Grafik: Sarah Menn
© Grafik: Sarah Menn


Neulich beim Sehtest: Enkel Leano steht gespannt im Raum. Gespannt ist dabei nicht zu verwechseln mit konzentriert oder interessiert. Alles im Raum erhellt seinen Mitteilungsdrang bei Weitem mehr, als das Blatt der Arzthelferin.

Das Blatt mit den Symbolen: Haus, Herz, Viereck und Kreis in der Hand, ringt die junge Dame förmlich um die Aufmerksamkeit des Dreijährigen. Freundlich animiert sie den Sprössling: „Leano, schau mal, was siehst du?“ Treffer! Leano schaut. Nur leider nicht dahin, wo er eigentlich hinsehen soll.

Er klopft auf die Liege und ruft fröhlich: „Mama, guck ein Bett.“ Erster Versuch gescheitert. Auf ein Neues: „Leano, was siehst du?“ Das lässt sich der Dreijährige nicht zweimal sagen, dreht sich um, schiebt die Gardine vor dem Fenster weg und verkündet lautstark: „Mama, guck, ganz viele Autos.“

Nach wenigen Minuten im Behandlungszimmer steht fest: Alles andere zieht seine Aufmerksamkeit mehr auf sich, als Haus, Herz, Viereck und Kreis, denn Dinge, die ihn nicht interessieren, bestraft er generell mit Ignoranz. Doch so schnell will sich die geduldige Arzthelferin nicht geschlagen geben. Sie riskiert einen weiteren Versuch, um die Sehkraft des Dreijährigen zu testen.

Und siehe da, es scheint zu funktionieren. Leano lenkt seine Aufmerksamkeit in Richtung der vier Symbole, dreht seine blauen Kulleraugen und verkündet mit einem Grinsen und fragendem Blick: „Kreiseck“.

Versuch missglückt, Test nicht bestanden. Überweisung zum Augenarzt in die Hand gedrückt bekommen. Ob das Ergebnis da besser wird, bleibt fraglich...

Nicole Voss

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