Werthmann-Werkstätten blicken auf Lockdown-Zeit zurück

„Menschen mit Behinderung spielten in Pandemie nur Nebenrolle“


Heike Esser (links), Luise Schröder und Achim Scheckel, Leiter der Abteilung Olpe, blicken zurück auf eine besondere Zeit von privat
Heike Esser (links), Luise Schröder und Achim Scheckel, Leiter der Abteilung Olpe, blicken zurück auf eine besondere Zeit © privat

Olpe. Die Werthmann-Werkstätten blicken zurück und schauen auf diejenigen, die von der Gesellschaft in den Monaten des harten Lockdowns häufig vergessen wurden: die Menschen mit Behinderungen, die etwa zehn Prozent unserer Bevölkerung ausmachen. Die Werthmann-Werkstätten des Caritasverbandes Olpe beschäftigen an ihren vier Standorten derzeit 660 Menschen mit Behinderung.


Darunter auch Lisa Schröder und Heike Esser. Beide arbeiten in der Elektromontage in der Abteilung Olpe und erzählen stellvertretend, wie hart es sie während des Lockdowns getroffen hat. „Ich war auf dem Weg in die Werkstatt, als mir eine Kollegin entgegen kam und sagte, dass ich umdrehen könne. Wir haben zwar gewusst, dass die Schließung plötzlich kommen kann, aber ich wusste dennoch nicht so recht, wohin mit mir,“ erzählt Heike Esser.

Lisa Schröder ergänzt: „Aufgrund meiner Lungenerkrankung wurde mir bereits einige Zeit zuvor nahegelegt, zu Hause zu bleiben. Ich hatte Angst, dass ich mich anstecken und ob ich meine Rechnungen bezahlen kann. An mir nagte die Ungewissheit, wie es weitergehen sollte. Zum Glück wurde unser Lohn weiterbezahlt, aber mir fehlte die persönliche Betreuung. Es tat gut, dass wir durch die Werthmann-Werkstätten telefonisch eng betreut wurden.“

Abwechslungsloser Alltag

Der Alltag während des Lockdowns war monoton: aufgeräumen, putzen und kochen. Als alles ordentlich und sauber war, habe Lisa Schröder wieder von vorn begonnen. Heike Esser erzählt: „Meine fünf Geschwister haben mich häufig angerufen und ich habe zu Beginn auch Zeit mit meiner schwer kranken Mutter verbracht, die dann leider bald verstorben ist. So bin ich dann viel spazieren gegangen und habe täglich ihr Grab besucht.“

Beide Frauen leben alleine und mussten ihre Sozialkontakte auf das Telefon beschränken. Schröder war froh, dass sie von zu Hause aus arbeiten konnte. Beim Bringen und Abholen der Montageteile für die Tagesaufgabe habe es immer einen kurzen Plausch gegeben.

„Nur selten etwas über Menschen mit Behinderung gehört“

Abteilungsleiter Achim Scheckel blickt auf die vergangenen Monate zurück und bedauert: „Menschen mit Behinderung spielten in der Pandemie nur eine Nebenrolle. Es wurde über so viele Branchen in den Medien berichtet, die mit Existenzängsten zu kämpfen haben, über Menschen im Homeoffice, über Schüler und Vereine…aber über Menschen mit Behinderung hat man nur sehr selten etwas gehört.“

Im Sommer wurde die Stimmung besser, das Betretungsverbot wurde aufgehoben, Sozialkontakte nahmen zu. Bis zum Herbst. Die Zahlen stiegen an, die Angst wuchs erneut. Lisa Schröder denkt mit Schrecken an die Zeit zurück: „Ich hatte Panik vor einem zweiten Lockdown und der erneuten Isolation. Zum Glück konnten diesmal die Werkstätten die Türen unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen für uns offen halten.“

Fazit fällt nicht gänzlich negativ aus

Mittlerweile sind beide Frauen geimpft und auch die begleitenden, kulturellen Angebote finden in den Werkstätten wieder statt. Sie hoffen, dass sich möglichst viele Menschen impfen lassen. Eine solch dunkle Zeit wollen sie nicht mehr erleben, auch wenn sie sogar ein positives Fazit ziehen können: „Wir sind gestärkt daraus hervorgegangen, denn wir sind besser zurechtgekommen, als wir geglaubt hätten. Dennoch wissen wir die Arbeit der Werkstätten mehr denn je zu schätzen, denn ohne sie geht es für uns nicht.“

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