Konjunkturklima: Stimmung bessert sich, aber Lage bleibt angespannt

Vor allem Industrie hat es schwer


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Große Teile der heimischen Industrie befinden sich weiterhin in äußerst schwierigem Fahrwasser. von Wodicka
Große Teile der heimischen Industrie befinden sich weiterhin in äußerst schwierigem Fahrwasser. © Wodicka

Siegen/Olpe. „Die heimische Wirtschaft kehrt langsam wieder auf den Wachstumspfad zurück. Die Stimmung ist deutlich besser als im Frühjahr, obwohl die aktuelle Geschäftslage bei zahlreichen Unternehmen weiterhin angespannt bleibt, insbesondere in der Industrie. Aus dem Schneider sind wir noch lange nicht.“


So kommentiert IHK-Präsident Felix G. Hensel die Ergebnisse der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage, an der sich 543 Unternehmen mit mehr als 38.000 Beschäftigten aus Industrie, Bauwirtschaft, Handel und Dienstleistungen in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe beteiligten.

Der Konjunkturklimaindex – er ergibt sich aus Lagebeurteilung und Erwartung - steigt um 27 Punkte auf einen Wert von 92, bleibt aber weiter deutlich unter dem langfristigen Mittelwert der letzten 20 Jahre (106). Die negativen Einschätzungen überwiegen weiterhin. 23 Prozent der Betriebe in Siegen-Wittgenstein und Olpe berichten von guten Geschäften, 34 Prozent von schlechten.
 von Grafik: IHK Siegen
© Grafik: IHK Siegen
Die Erwartungen sind jedoch insgesamt deutlich optimistischer als im Frühjahr. 23 Prozent der Unternehmen blicken positiv in die Zukunft, 28 Prozent sind pessimistisch. Felix G. Hensel: „Die Auftragseingänge steigen, die Produktion nimmt langsam wieder Fahrt auf. Wir werden aber nicht von heute auf morgen aus dem Tal herauskommen.“

Etwa die Hälfte der Unternehmen aus Siegen-Wittgenstein und Olpe rechnet frühestens ab dem zweiten Halbjahr 2021 mit einer Rückkehr zur normalen Geschäftstätigkeit. Jedes fünfte Unternehmen sieht sogar erst das Jahr 2022 als realistisch an. Dieser Weg könnte sich für einige Firmen noch als sehr steinig erweisen. IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener: „Zahlreiche Firmen werden im laufenden Geschäftsjahr rote, wenn nicht sogar tiefrote Zahlen schreiben. Wir werden mit Insolvenzen rechnen müssen.“
Ein Drittel will Mitarbeiterzahl senken
Die Auswirkungen auf die Beschäftigungsentwicklung und die Investitionsneigung sind offenkundig. Derzeit gehen 33 Prozent der Unternehmen von einer geringeren Mitarbeiterzahl aus - unwesentlich weniger als im Frühjahr. Die Investitionsneigung verbessert sich ebenfalls nur marginal. 37 Prozent der Unternehmen wollen weniger, nur    14 Prozent mehr investieren.

Große Teile der heimischen Industrie befinden sich weiterhin in äußerst schwierigem Fahrwasser. Die Lage ist nur unwesentlich besser als im Frühjahr. Die Erträge haben sich bei mehr als der Hälfte der Industrieunternehmen zum Teil deutlich verschlechtert. IHK-Konjunkturexperte Stephan Häger: „Bleibt dies so, haben wir ein Problem. Schließlich ist beinahe jeder zweite sozialversicherungspflichtig Beschäftigte direkt in den Industrieunternehmen oder in deren Umfeld tätig.“
Bessere Stimmung im Einzelhandel
Die Stimmung im Einzelhandel hellt sich auf. In den letzten beiden Monaten stiegen die Umsätze und die Konsumstimmung kontinuierlich, allerdings mit erheblichen Unterschieden zwischen den Branchen. Möbel, Einrichtungsgegenstände, Fahrräder und Outdoorartikel laufen gut, Schuhe und Bekleidung eher nicht. Stephan Häger: „Die Freude am Einkaufen will sich bei den Innenstadtkunden nicht so recht einstellen. Man spart lieber, als das verfügbare Einkommen auch auszugeben.“

In der Dienstleistungsbranche hat sich die konjunkturelle Stimmung deutlich verbessert. Auch die Erwartungen sind wieder optimistischer. Stephan Häger: „Vor allem das Gastgewerbe blickt jedoch mit großer Sorge Richtung Herbst, wenn die Außenbereiche nicht mehr so genutzt werden können, wie noch im Sommer.“
Bausektor kaum betroffen
Der Bausektor kommt bisher nahezu unbeschadet durch die Corona-Krise. 63 Prozent der befragten Baubetriebe geben eine gute Lage an, nur 8 Prozent eine schlechte. Felix G. Hensel: „Die Bauwirtschaft brummt weiter. Die Auslastung ist bei den meisten Unternehmen äußerst gut. Die Unsicherheiten über nachgelagerte Auswirkungen der Corona-Krise drücken aber auf die Stimmung.“
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