Zu hohe Steuern: IHK Siegen fordert Ausgleich für besondere Grenzlage

Gewerbesteuer und Grundsteuer B


Viele Unternehmen aus NRW in der Nähe zur Landesgrenze verlagern ihren Standort aus dem bevölkerungsreichsten Bundesland heraus. von Symbolfoto Pixabay
Viele Unternehmen aus NRW in der Nähe zur Landesgrenze verlagern ihren Standort aus dem bevölkerungsreichsten Bundesland heraus. © Symbolfoto Pixabay

Kreis Olpe/Siegen. „Die steuerliche Belastung der Betriebe in den Kreisen Olpe und Siegen-Wittgenstein droht die dringend benötigte konjunkturelle Belebung auszubremsen. Gewerbesteuer und Grundsteuer B liegen auf, nach wie vor, sehr hohem Niveau. Wir verstehen dies, betrachten es aber zugleich mit großer Sorge und fordern insbesondere das Land auf, seinen Teil dazu beizutragen, die unbestreitbaren Nachteile grenznaher Regionen endlich anzugehen“, betont Klaus Gräbener, Hauptgeschäftsführer der IHK Siegen.


Die Wirtschaft stehe vor enormen Herausforderungen. Dazu gehören unter anderem Digitalisierung, Dekarbonisierung und der Fachkräftemangel. Auch die Corona-Krise sei längst nicht überwunden, wie weltweite Lieferschwierigkeiten zeigen.

In beiden Kreisen liegt der durchschnittliche Gewerbesteuerhebesatz für das laufende Jahr bei 443 Prozentpunkten (Olpe: 428, Siegen-Wittgenstein: 458). Bei der Grundsteuer B liegt der Durchschnitt im Kammerbezirk bei 489 Prozentpunkten (Olpe: 455, Si.-W: 522). Für die Städte und Gemeinden sei die Festlegung der Hebesätze ein Balanceakt, so Klaus Gräbener.

„Die kommunalen Haushalte sind durch Corona unter Druck und die Gewerbesteuer ist die wichtigste kommunale Steuerquelle. Ein hohes Hebesatzniveau bedeutet aber immer auch eine hohe Belastung für die Betriebe. Weniger Wirtschaftskraft und weniger Einnahmen sind die Folge“ so der IHK-Hauptgeschäftsführer.

Der Gewerbesteuer-Hebesatz im Kreis Olpe. von IHK Siegen
Der Gewerbesteuer-Hebesatz im Kreis Olpe. © IHK Siegen

Durch sogenannte „fiktive Hebesätze“ gebe das Land den Rahmen vor, in dem sich die Bürgermeister bewegen könnten. „Die besondere Situation von Kommunen an der Grenze zu anderen Bundesländern wird hierbei nicht berücksichtigt. Dabei hat dies für den heimischen Wirtschaftsraum gravierende Auswirkungen. Viele Betriebe, die sich neu ansiedeln möchten, werden so geradezu in die benachbarten Bundesländer getrieben“ stellt Gräbener fest.

Schwerwiegende Auswirkungen für heimischen Wirtschaftsstandort

Eine aktuelle Erhebung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) zeigt: Die „Top 50“ der Gemeinden beim Gewerbesteuerhebesatz liegen dabei allesamt in NRW. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Grundsteuer B, die bundesweit im 2020 noch einmal um zwei Prozentpunkte anstieg. Regional hat NRW auch hier unter den Flächenländern den wenig rühmlichen Spitzenplatz inne. Darunter leidet die regionale Wettbewerbsfähigkeit, denn in den Nachbarländern sind die Hebesätze deutlich niedriger.

„Die Wirtschaft im Kammerbezirk Siegen ist durch die Nähe der Landesgrenzen zu Hessen und Rheinland-Pfalz massiv betroffen“, beschreibt IHK-Geschäftsführer Hans-Peter Langer die Situation. Insbesondere die hessischen Kommunen könnten mit deutlich niedrigeren Hebesätzen bei der Gewerbesteuer und der Grundsteuer B punkten.

Nur Attendorn erreicht hessisches Niveau

Siegen in die Betrachtung einbezogen, fällt auf, dass die Hebesätze beinahe durchgängig über denen der genannten hessischen Kommunen liegen. Lediglich Attendorn (395/315) erreicht das „hessische“ Niveau. Wenden (417/390) gelangt wenigstens beim Hebesatz für die Grundsteuer B in den Bereich der hessischen Kommunen.

Der Grundsteuer-Hebesatz im Kreis Olpe. von IHK Siegen
Der Grundsteuer-Hebesatz im Kreis Olpe. © IHK Siegen

Zwar seien die Realsteuerhebesätze nicht das einzige Kriterium, nach dem Unternehmen ihren Standort auswählten, gleichwohl seien sie am Ende häufig ausschlaggebend, betont Hans-Peter Langer. Der interkommunale Wettbewerb über die Hebesätze als Standortmerkmal nehme dabei zu.

Ausgleich für grenznahe Standorte erforderlich

So habe die Ansiedlung des Gewerbegebietes „Kalteiche“ (Haiger) unweit der Landesgrenze dazu geführt, dass expandierende Unternehmen ihren Standort dorthin verlagerten. „Sachgerecht wäre es, die Standorte in der Nähe von Landesgrenzen anders zu behandeln“, unterstreicht Gräbener. Denkbar seien etwa die Ermöglichung niedrigerer Hebesätze in diesen „Puffergebieten“ oder eine Erhöhung der Standortgunst durch andere Faktoren, beispielsweise durch besonders hohe Flächenzuschläge für Gewerbegebiete.

Ein möglicher Schritt sei auch, Spitzenbelastungen bei den Erschließungskosten durch zusätzliche Städtebaumittel abzufedern. „Hier ist die Landesregierung aufgefordert, sich derlei Vorschlägen zu öffnen, wenn die Flucht von Unternehmen in benachbarte Bundesländer eingedämmt werden soll“, so der Hauptgeschäftsführer.

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