Historiker fürchten Schlimmes: „Das Stadtarchiv geht vor die Hunde“

Archivarstelle in Olpe soll künftig wegfallen


  • Olpe, 23.01.2023
  • Politik , Kultur
  • Von Wolfgang Schneider
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Wehren sich gegen eine Schwächung des Stadtarchvs (von links): Dr. Hans-Bodo Thieme, Dr. Roswitha Kirsch-Stracke und Axel Stracke. von Wolfgang Schneider
Wehren sich gegen eine Schwächung des Stadtarchvs (von links): Dr. Hans-Bodo Thieme, Dr. Roswitha Kirsch-Stracke und Axel Stracke. © Wolfgang Schneider

Olpe. Droht der Stadt Olpe künftig der Verlust ihrer Geschichte? Diese Befürchtung haben Dr. Roswitha Kirsch-Stracke und Dr. Hans-Bodo Thieme. Hintergrund ist die geplante Streichung der Stelle des hauptamtlichen Stadtarchivars. Stelleninhaber Josef Wermert, seit 1989 Olper Stadtarchivar, geht Mitte 2024 in den Ruhestand. Seine Position soll nach den Plänen der Stadt nicht wieder besetzt werden, sondern ist im Stellenplan als „künftig wegfallend“ (kw-Vermerk) gekennzeichnet.


Gegen die Pläne der Stadtverwaltung regt sich Widerstand bei geschichtsinteressierten Menschen. Dr. Roswitha Kirsch-Stracke, frühere Vorsitzende des Kreisheimatbundes, und Dr. Hans-Bodo Thieme, engagierter Heimatforscher und passionierter Historiker, haben die Bedenken in Worte gefasst. Am Montagnachmittag, 23. Januar, stellten sie gemeinsam mit Axel Stracke, dem Vorsitzenden des Heimatvereins Olpe, einen Offenen Brief vor, den sie dem Bürgermeister und allen 38 Stadtverordneten haben zukommen lassen.

95 Brief-Unterzeichner

Auf vier Seiten werden 19 Gründe aufgeführt, weshalb eine hauptamtliche Archivarstelle in Olpe auch in Zukunft unentbehrlich ist. Unterzeichnet ist der Offene Brief nicht nur von Kirsch-Stracke und Thieme, sondern von insgesamt 95 Archivaren, Historikern, Wissenschaftlern und anderen Persönlichkeiten aus ganz Westfalen.

Ihre Botschaft lautet: „Wir halten es für dringend geboten, die Vollzeitstelle der Archivleitung noch vor dem Ausscheiden des heutigen Stelleninhabers mit einem fachlich ausgebildeten und qualifizierten Archivar oder einer Archivarin wieder neu zu besetzen. Anderenfalls würde ein in über vier Jahrzehnten aufgebautes Archiv, das mit viel Fachwissen und erheblichem finanziellen Aufwand eingerichtet wurde, ohne Not zur Disposition gestellt werden.“

Im Alten Lyzeum ist das Olper Stadtarchiv beheimatet. von LP
Im Alten Lyzeum ist das Olper Stadtarchiv beheimatet. © LP

Die Unterzeichner mutmaßen, dass die Archivarstelle entweder als entbehrlich betrachtet wird oder gestrichen werden soll, um damit die neue Stelle eines Museumsleiters zu finanzieren. Dabei sei ein hauptamtlicher Archivar dringend notwendig und ein Archiv keinesfalls mit einem Museum vergleichbar. „Wir haben das Gefühl, dass die Politiker ihre Entscheidung getroffen haben, ohne die Aufgaben des Archivs genau zu kennen“, sagte Kirsch-Stracke.

Das Olper Stadtarchiv werde rege genutzt und verwalte auch viele Schenkungen und Archive von Privatleuten und Vereinen. „Der Archivbestand ist äußerst reichhaltig und muss auch künftig weiter ausgebaut werden. Eine Stadt verliert ihre Geschichte, wenn diese nicht fortgeschrieben wird“, so Kirsch-Stracke. Dr. Hans-Bodo Thieme formulierte es noch drastischer: „Die Archivarstelle muss sein, sonst gehen viele wertvolle Dinge verloren. Das Archiv geht vor die Hunde ohne ausreichende personelle Besetzung.“

Olper Jahrbuch in Gefahr

Das Archivamt des Landschaftsverbandes habe sich für die Beibehaltung der Stelle und sogar für eine personelle Aufstockung ausgesprochen, berichteten die beiden, doch diesem Wunsch habe Bürgermeister Weber nicht entsprochen. Heimatvereins-Vorsitzender Axel Stracke betonte, man arbeite mit Josef Wermert seit dessen Amtsantritt 1989 sehr gut zusammen.

Paradebeispiel dafür sei das Olper Jahrbuch, das seit 30 Jahren erscheine und unentbehrlich für die Heimatpflege und -geschichte sei. Bei einer Streichung der Archivarstelle werde die Herausgabe des Jahrbuches nicht mehr möglich sein, da ein ehrenamtlicher Vorstand diese Arbeit nicht alleine stemmen können. Stracke appellierte an den Stadtrat: „Nehmen Sie den Beschluss wieder zurück!“

Stimmen zu den Plänen

„Wenn das Stadtarchiv Olpe nicht fachkundig geleitet wird, nimmt das historisch-kulturelle Erbe Schaden, und das Geschichtsbewusstsein der Lebensgemeinschaft Stadt verdämmert im Nebel der historischen Ignoranz.“ Klaus Droste, Olpe (ehemaliger Leiter der VHS Olpe)

„Die Planstelle einem wie immer motivierten Sparwillen zu opfern, ist ein Schlag ins Gesicht aller, die mit Engagement in und für die Heimat in Stadt, Land und Region unterwegs sind.“ Jochen Voß, Olpe (ehemaliger Leiter der VHS Olpe

„Ich bin fassungslos, wie Kommunal­politiker eine solche Entscheidung der Verwaltung mittragen. Ein Archiv mit dieser überregionalen Bedeutung und historischen Beständen, die seines­gleichen suchen, nicht mehr personell mit einer archivischen Fachkraft zu besetzen, bedeutet, dass die Arbeit von Herrn Wermert mit Füßen getreten wird.“ Jürgen Kalitzki, Lennestadt (Stadtarchivar a.D.)

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