Olper Familie in Israel: „Haben uns im Stich gelassen gefühlt“
Ein Jahr nach dem Angriff der Hamas
- Olpe, 08.10.2024
- Verschiedenes
- Von Lorena Klein
Olpe/Tel Aviv. Ein Jahr nach dem 7. Oktober 2023 ist im Nahen Osten kein Frieden in Sicht. Der Angriff der Hamas auf Israel hat sich gejährt, Auslöser einer Spirale des Krieges und der Gewalt. An diesem 7. Oktober sollte für Studentin Martha und ihre Familie aus Olpe-Dahl eigentlich der Flug aus Tel Aviv zurück nach Deutschland gehen. Der Urlaub in Israel endete für die Gruppe aus dem Sauerland im Chaos.
Eine schöne Urlaubswoche hätten sie in Tel Aviv verbracht, erinnert sich Martha. Ihre Schwester ist mit einem gebürtigen Israeli verheiratet. Eine gemeinsame Reise in sein Heimatland habe die Familie schon länger unternehmen wollen.
Den Rückflug hat die Familie für Samstag gebucht: den 7. Oktober. Der Tag, an dem die islamistische Terrororganisation Hamas Israel angreift, mehr als 1.100 Menschen tötet und rund 250 Geiseln nimmt. Zehntausende Menschen sterben im Jahr darauf bei Angriffen im Gaza-Streifen als Reaktion Israels, und der Konflikt weitet sich unter anderem auf den Iran und Libanon aus.
Zum Zeitpunkt des Hamas-Angriffs sind Martha und ihre Familie in unterschiedlichen Hotels in Tel Aviv untergebracht. Frühmorgens geht der Luftalarm los. „Es war recht früh, ich wollte eigentlich ausschlafen“, erinnert sich Martha. Gegen 6.40 Uhr, das kann sie anhand einer Nachricht auf ihrem Handy nachverfolgen, geht sie zusammen mit ihrer Tante auf den Flur. „Zuerst dachte ich, es wäre der Feueralarm.“
Dann sehen und hören sie die Raketen, die vom Abwehrsystem Iron Dome abgefangen werden. „Luftalarm“, klären zwei Israelis Martha und ihre Tante auf, doch das komme hier öfter vor.
„Die Leute waren teilweise trotzdem unterwegs oder haben sich weiter auf den Straßen bewegt“, erzählt Martha. Bei neuem Alarm seien die Menschen in die Bunker geschickt worden – davon habe jedes Gebäude einen eigenen. Die Stimmung in ihrer Familie ist mulmig. Wie ist der Konflikt einzuordnen? Größtenteils über deutsche Nachrichten und eine Alarm-App habe sie sich informiert, erzählt Martha.
Als die Gruppe am Flughafen steht, erfährt sie: Ihr Flug ist gecancelt. Eine weitere Nacht verbringen sie im Hotel. Am Sonntag hat die Familie nur ein Ziel: so schnell wie möglich zurückzukehren. „Wir haben die ganze Zeit Flüge gebucht“, berichtet Martha. Doch das ist nicht erfolgreich.
Sie wenden sich an die deutsche Botschaft. Während die ersten Länder ihre Rettungshubschrauber nach Israel schicken, erhalten sie lediglich immer wieder automatische Antworten des Auswärtigen Amts. Das sei hart gewesen. „Wir haben uns, ehrlich gesagt, sehr im Stich gelassen gefühlt“, sagt Martha.
Mit jedem Kriegshubschrauber und jeder Bombe am Himmel wächst bei ihr auch die Angst. Und auch Wut kommt hinzu in dieser Situation der Hilflosigkeit. Tröstlich sei in dieser Zeit der Kontakt zu zwei anderen deutschen Familien im Hotel gewesen. Und der große Zusammenhalt in der eigenen Familie.
Als die Gruppe am Montag erneut am Flughafen Tel Avivs ankommt, ist das Chaos groß. „An diesem Tag wurde der Flughafen angegriffen, gleichzeitig sind in Jerusalem Bomben gefallen“, erzählt Martha. Unzählige Menschen hätten in der Schlange gestanden, dann ist wieder Alarm. „Wir haben die erste Bombe gar nicht mitbekommen, weil es so laut war. Alle haben geschrien.“
Nach weiteren Planänderungen kann die Familie, aufgeteilt auf mehrere Flüge, am 9. Oktober zurück nach Deutschland fliegen. Ein Teil der Gruppe muss dafür eine weitere Nacht am Flughafen verbringen. Dann endlich sind sie alle sicher.
Ein Jahr später dominiert das Gefühl der Dankbarkeit: „Dankbarkeit, dass wir zurückgekommen sind“, betont Martha. Die Nachrichten zum Konflikt im Nahen Osten habe sie direkt nach dieser Erfahrung erst einmal nicht weiterverfolgt. „Ich achte sehr darauf, wie viele Neuigkeiten ich dazu konsumiere“, erklärt sie. Denn es ist ein ebenso aufwühlendes wie auch komplexes Thema.