Was geschah mit dem Neffen während des Spaziergangs in Drolshagen?
Onkel steht in Olpe vor Gericht
- Olpe, 26.06.2024
- Blaulicht
- Von Wolfgang Schneider

Olpe/Drolshagen. Wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern muss sich Faisal M. (Name geändert) vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Olpe verantworten. Ein Urteil gab es am Mittwoch, 26. Juni, allerdings noch nicht. Das Verfahren wurde ausgesetzt, weil noch ein aussagepsychologisches Gutachten eingeholt und eventuell weitere Zeugen gehört werden sollen.

Eine körperliche Misshandlung und sexuelle Handlungen an seinem zur Tatzeit noch elfjährigen Neffen wirft die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten vor, der in einer Zentralen Unterbringungs-Einrichtung (ZUE) lebt. Am 19. Juni 2023 soll der damals 36-Jährige nach Drolshagen gekommen sein, um seinen Neffen zu besuchen, der dort in einer Wohngruppe für Kinder und Jugendliche lebt.

Gemeinsam mit dem Vater des Jungen unternahmen sie einen Spaziergang. Während der Vater fast nur mit seinem Smartphone beschäftigt war, so die Staatsanwältin, habe sich der Onkel mit dem Elfjährigen beschäftigt und sei dabei übergriffig geworden. Er habe den Jungen auf den Arm genommen und ihn in den Fuß gebissen. Außerdem habe er den Elfjährigen nach dessen Penisgröße gefragt und ihn in den Schritt gefasst, hieß es in der Anklageschrift.
Faisal M. stellte das Geschehen völlig anders dar. Man habe während des Spaziergangs herumgealbert, geschaukelt und gespielt, aber es sei nichts Anstößiges passiert. „Der Vater war immer dabei. Ich habe meinem Neffen gegenüber keine Gewalt angewendet und keine sexuellen Handlungen vorgenommen“, beteuerte der Angeklagte.


Auf Nachfrage räumte er ein, er habe den Vater gefragt, ob der Penis des Sohnes größer geworden sei. „Eine solche Frage ist in der Türkei völlig normal. Das liegt an den kulturellen Gegebenheiten. Ich hatte keine Hintergedanken und hätte das nicht gefragt, wenn ich gewusst hätte, dass das in Deutschland ein Verbrechen ist“, ließ der 36-Jährige durch seinen Dolmetscher mitteilen.
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurde der Junge als Zeuge vernommen, der von einer Pädagogin begleitet wurde. Anschließend trat eine Sozialarbeiterin in den Zeugenstand und berichtete, der Elfjährige habe einer Kollegin nach dem Besuchstag von den Übergriffen erzählt. „Er ist ein unglaublich toller Junge. Er hat zwar kognitive Defizite, aber er erfindet nichts“, beteuerte die Sozialarbeiterin, die das Kind seit vier Jahren begleitet.

Wie die Schilderungen des Kindes einzuordnen und zu bewerten sind, darüber soll auf Anordnung des Gerichts jetzt ein aussagepsychologisches Gutachten eingeholt werden. „Die Sachkunde und Erfahrung des Gerichts reicht manchmal nicht, um die Aussage eines Kindes zu bewerten“, so Richter Matthias Witte. Wann das Verfahren fortgesetzt wird, ist noch offen.
