Entlastungsmöglichkeiten für energieintensive Unternehmen

Mit Strompreiskompensation und Carbon Leakage sparen


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Gregor Nieswandt von Grafik: Sarah Menn
Gregor Nieswandt © Grafik: Sarah Menn

Kreis Olpe. Insbesondere energieintensive Unternehmen leiden zurzeit heftig unter steigenden Strom- und Gaspreisen. Die traurigen Ereignisse im Osten Europas steigern die Dramaturgie dieses Themas in einer Art und Weise, wie man sie sich vor Kurzem nicht hätte vorstellen können. Daher gilt es für Unternehmen Entlastungsmöglichkeiten zu suchen. Im Folgenden stellt Gregor Nieswandt zwei Möglichkeiten vor, wie diese Last abgeschwächt werden könnte.


Während die Strompreiskompensation die Belastung durch die CO₂-Bepreisung im Strompreis mildern soll, zielt die Carbon-Leakage-Verordnung auf die Milderung der Belastung durch die CO₂-Bepreisung im Preis von Brenn- und Wärmestoffen, wie Gas und Benzin, ab.

1. Strompreiskompensation

Hintergrund

Die Strompreiskompensation ist eine Beihilfe für indirekte CO₂-Kosten-Belastungen, die dadurch die Unternehmen treffen, dass Stromerzeuger die Kosten für Emissionsberechtigungen an diese weitergeben. Unternehmen bestimmter Sektoren und Teilsektoren, bei denen aufgrund der indirekten CO2-Kosten ein erhebliches Risiko der Verlagerung von Produktionstätigkeiten an Standorte außerhalb der Europäischen Union besteht, sollen eine staatliche Beihilfe erhalten, um diese Kosten zu kompensieren.

Die Strompreiskompensation soll außerdem dazu dienen die internationale Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Unternehmen, die keine indirekten CO₂-Kosten tragen müssen, aufrecht zu erhalten.

Voraussetzungen

Antragsberechtigt sind Unternehmen, die in einem oder mehreren beihilfeberechtigten Sektor oder Teilsektor Produkte herstellen. Die Zuordnung zu einem beihilfeberechtigten Sektor hängt weniger von der statistischen Zuordnung eines Unternehmens zu einem bestimmten Wirtschaftszweig, sondern viel mehr von den tatsächlich hergestellten Produkten des Unternehmens ab.

Rückschlüsse darauf, ob Ihr Unternehmen einem beihilfeberechtigten Sektor zuzuordnen ist, erhalten Sie aus der sogenannten EU-Beihilfe-Leitlinie. Die Beihilfe knüpft an den Stromverbrauch des Unternehmens.

Das Antragsverfahren

Die Beihilfe kann nachträglich für das abgelaufene Kalenderjahr beantragt werden. Die Antragsfrist beginnt nach derzeitiger Verlautbarung der zuständigen Behörde, der Deutschen Emissionshandelsstelle beim Umweltbundesamt, im dritten Quartal 2022. Nach den Erfahrungen der Vergangenheit läuft diese Frist ca. drei Monate.

Der Antrag bedarf einer komplexen Analyse und Beschreibung des Stromverbrauches und dessen Messung. In der Regel bedarf dieser Antrag der Unterstützung durch einen Energieberater und muss abschließend durch einen Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer geprüft werden.

Da die Beantragung formell und komplex ist, wird dessen Vorbereitung viel Zeit in Anspruch nehmen. Daher sollten Unternehmen, die noch nie diese Beihilfe beantragt haben, sich bereits heute damit auseinandersetzen und die entsprechenden Expertisen einholen.

2. Kompensation Carbon-Leakage

Hintergrund

Das durch Menschen produzierte Kohlendioxid (CO₂) in der Atmosphäre trägt erheblich zum Klimawandel bei. Die Europäische Union hat deshalb im Jahr 2005 den Europäischen Emissionshandel eingeführt, um so die Emissionen von Treibhausgasen von Kraftwerken, Industrieanlagen und des Luftverkehrs zu vermindern.

Für die Emissionen außerhalb der Sektoren, die vom Europäischen Emissionshandel erfasst sind, fehlte in Deutschland bislang ein finanzieller Anreiz zur Emissionsminderung. Deshalb begann im Jahr 2021 als Ergänzung ein nationales Emissionshandelssystem, das die Bereiche Wärmeerzeugung und Verkehr umfasst.

Die Sektoren Verkehr und Wärme umfassen sehr viele Emittenten, zum Beispiel Autofahrer und Hausbesitzer, deren Heizungen fossile Brennstoffe benötigen. Damit diese Personen nicht alle direkt am nationalen Emissionshandel teilnehmen müssen, werden die Inverkehrbringer zur Teilnahme verpflichtet. Diese erwerben Emissionszertifikate und geben die Kosten dann an die Verbraucher weiter.

Symbolfoto von pixabay.com
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Die Inverkehrbringer wälzen unter anderem diese CO₂-Kosten auf Unternehmen ab, die im besonderen Maße im internationalen Wettbewerb stehen. Diese können die Kosten nicht an die Kunden weitergeben, wenn ihr ausländischer Wettbewerb keiner vergleichbaren CO₂-Bepreisung unterworfen ist. In diesem Fall besteht das Risiko des sogenannten „Carbon Leakage“. Das bedeutet, dass Unternehmen deshalb in Ausland abwandern und dort die Treibhausgas-Emission erhöhen.

Die Europäische Kommission hat Sektoren identifiziert, in denen dieses Carbon-Leakage-Risiko im besonderen Maße besteht und in der sogenannten Carbon-Leakage-Verordnung niedergeschrieben. Unter anderem gehören dazu die Sektoren der Bearbeitung von Aluminium, Blei, Zink und Zinn, oder Kupfer, der Herstellung von Papier oder die Kunststoffindustrie.

Auf Unternehmen dieser Sektoren ist die Beihilfe gerichtet. Sie soll die Belastung durch die CO₂-Bepreisung und somit das Risiko des Carbon-Leakages mildern.

Voraussetzungen

Das antragstellende Unternehmen muss einem beihilfeberechtigten Sektor oder Teilsektor gemäß der Carbon-Leakage-Verordnung zuzuordnen sein, gewisse im Folgenden näher beschriebene Gegenleistungen erbracht haben und einen rechtzeitigen und vollständigen Antrag einreichen.

Symbolfoto von andreas160578 - Pixabay
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Gegenleistungen

a) Energiemanagementsystem

Als Gegenleistung für die Gewährung der Beihilfe muss das antragstellende Unternehmen spätestens ab 1. Januar 2023 ein zertifiziertes Energie- und Umweltmanagementsystem vorweisen. Für kleine Unternehmen ist eine schrittweise Einführung eines nicht zertifizierten Energiemanagementsystems ausreichend.

b) Klimaschutzmaßnahmen

Für die Abrechnungsjahre 2023 und 2024 müssen mindestens 50 Prozent des Beihilfebetrages und ab dem Abrechnungsjahr 2025 mindestens 80 Prozent des Beihilfebeitrages in Klimaschutzmaßnahmen investiert werden. Eine Befreiung für diese Gegenleistung könnte greifen, sollte das antragstellende Unternehmen keine Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz vornehmen. Dies würde dann zutreffen, wenn auch die Anschaffung neuer Technologien keine Verbesserung schaffen würde.

c) Verbrauch von beihilfefähige Brennstoff- und Wärmemengen im Unternehmen

In der Periode 2021 bis 2022 sind ausschließlich der Verbrauch von Benzin, Diesel, Heizöl, Flüssig- und Erdgas als Brennstoffe beihilfefähig.

Ebenso sind gewisse Wärmemengen beihilfefähig. Es gelten folgende wesentliche Voraussetzungen:

  • Die Wärmemengen wurden außerhalb des Unternehmens in Nicht-EU-ETS-Anlagen erzeugt oder innerhalb des Unternehmens in hocheffizienter KWK erzeugt.
  • Die Wärmeerzeugung erfolgte unter Nutzung von nach § 2 Absatz 2 des BEHG in Verkehr gebrachten Brennstoffen (Abrechnungsjahre 2021 und 2022 entsprechend Anlage 2 BEHG).
  • Wärmemengen, die innerhalb des Unternehmens außerhalb von hocheffizienter KWK erzeugt wurden, dürfen keinesfalls als Wärmemenge innerhalb des Antrags aufgeführt werden.

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Antragsverfahren

Der Beihilfeantrag ist jeweils bis zum 30. Juni des auf das Abrechnungsjahr folgenden Kalenderjahres bei der zuständigen Behörde, der Deutschen Emissionshandelsstelle beim Umweltbundesamt, zu stellen. Erstmalig dieses Jahr bis zum 30. Juni 2022. Der Antrag erfolgt voll elektronisch und ist abschließend durch einen Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer zu prüfen sowie dessen Richtigkeit zu bescheinigen.

Der Antrag bedarf einer komplexen Analyse. In der Regel bedarf dieser Antrag der Unterstützung durch einen Energieberater und muss abschließend durch einen Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer geprüft werden. Da die Beantragung formell und komplex ist, wird dessen Vorbereitung viel Zeit in Anspruch nehmen. Daher sollten Unternehmen, die eine Beantragung dieser Beihilfe in Erwägung ziehen, sich bereits heute damit auseinandersetzen und die entsprechenden Expertisen frühzeitig einholen.

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