Offenlegung von Jahresabschlüssen: Worum es geht und was sie bezwecken

Feste Vorgaben für viele Firmen


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Assesor Marcus Kaufmann von Grafik: Sophia Poggel
Assesor Marcus Kaufmann © Grafik: Sophia Poggel

Kreis Olpe. Nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs müssen bestimmte Gesellschaften ihren Jahresabschluss offenlegen. Betroffen sind vor allem Kapitalgesellschaften, also Gesellschaften, die als GmbH, Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien auftreten, eingetragene Genossenschaften und Personengesellschaften wie GmbH & Co. KG unter weiteren Voraussetzungen. Das Gesetz zählt aber auch eine Reihe von besonderen Unternehmensarten wie Kreditinstitut, Versicherung, Unternehmensbeteiligungsgesellschaft oder kapitalmarktorientiertes Unternehmen auf. Assesor Marcus Kaufmann weiß, was bei Jahresabschlüssen zu beachten ist.


Der Jahresabschluss besteht in der Regel aus der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung und dem Anhang. Konzernabschlüsse enthalten darüber hinaus noch einen „Eigenkapitalspiegel“ und die „Kapitalflussrechnung“.

Die Bilanz ist eine genormte Übersicht über das Vermögen und die Schulden des Unternehmens. Sie wird im Normalfall immer zum 31. Dezember aufgestellt.

In der Gewinn- und Verlustrechnung werden die Erträge und Aufwendungen des gesamten Jahres gegenübergestellt. Dadurch wird ein Überschuss oder ein Fehlbetrag ermittelt.

Im Anhang werden die Grundsätze erläutert, nach denen die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung aufgestellt wurden.

Bei mittelgroßen und großen Unternehmen kommt noch ein Lagebericht dazu, in dem das Unternehmen erst die allgemeine Wirtschaftslage beschreibt, danach Einblick in den Verlauf des eigenen Geschäftsjahres gewährt und schließlich eine Prognose für das nächste Jahr wagt, wobei Chancen und Risiken abgewogen werden.

Prüfung durch Wirtschaftsprüfer

Mittelgroße und große Unternehmen sind verpflichtet, ihren Jahresabschluss und den Lagebericht durch einen Wirtschaftsprüfer prüfen zu lassen. Der Wirtschaftsprüfer stellt einen „Bestätigungsvermerk des unabhängigen Abschlussprüfers“ aus, mit dem er bescheinigt, dass der Jahresabschluss und der Lagebericht nach Recht und Gesetz aufgestellt worden sind und ein „den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens- Finanz- und Ertragslage“ vermittelt.

Die Aufgabe der Offenlegung wird technisch von der Bundesanzeiger Verlag GmbH in Köln wahrgenommen. Sie betreibt den (elektronischen) Bundesanzeiger und das Unternehmensregister. Offenlegung geschieht entweder durch eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger oder durch eine Hinterlegung im Unternehmensregister.

Mit Größe steigt Umfang

So wie der Jahresabschluss umfassender wird, je größer ein Unternehmen ist, so steigt mit der Größe auch der Umfang der einzureichenden Unterlagen:

Sogenannte „Kleinstgesellschaften“ brauchen nur eine sehr kurze Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung aufstellen. Die Bilanz besteht nur aus den Hauptposten, die Gewinn- und Verlustrechnung hat höchstens acht Punkte.

Kleinstgesellschaften sind Unternehmen, bei denen zwei dieser drei Kriterien zutreffen: Bilanzsumme bis 350.000 Euro, Umsatz bis 750.000 Euro, maximal 10 Arbeitnehmer. Kleinstgesellschaften müssen von dem aufgestellten Jahresabschluss nur die kurze Bilanz einreichen und angeben, wann die Gesellschafter den Jahresabschluss festgestellt haben. Diese Angaben werden nicht im Bundesanzeiger veröffentlicht, sondern im Unternehmensregister hinterlegt. Das bedeutet, dass man nur gegen eine kleine Gebühr Einsicht nehmen kann und man dabei auch nicht mehr anonym bleibt.

Symbolfoto von Pixabay.com
Symbolfoto © Pixabay.com

Kleine Gesellschaften müssen die Bilanz etwas aufgliedern, sodass zu den Hauptposten noch Unterposten dazukommen. Sie müssen auch die Gewinn- und Verlustrechnung stärker gliedern, wobei sie aber die wesentlichen Erträge und den Materialaufwand in einer Zahl, dem „Rohergebnis“, zusammenfassen dürfen. Das klingt seltsam und das machen die wenigsten, weil es dadurch an Informationen fehlt. Sie müssen auch einen Anhang aufstellen.

Kleine Unternehmen erfüllen zwei dieser drei Merkmale: Bilanzsumme bis 6 Millionen Euro, Umsatz bis 12 Millionen Euro und höchstens 50 Arbeitnehmer. Bei der Offenlegung dürfen die kleinen Gesellschaften die Gewinn- und Verlustrechnung weglassen und den Anhang um etliche Angaben kürzen. Das Datum der Feststellung kommt dazu. Bereits kleine Gesellschaften veröffentlichen diese Angaben im Bundesanzeiger. Das bedeutet, dass jedermann jederzeit kostenlos und anonym Einsicht nehmen kann.

Mittelgroße und große Gesellschaften müssen noch mehr tun: Sie stellen eine Bilanz auf, die drei Ebenen hat: Haupt-, Zwischen- und Unterposten. Die Gewinn- und Verlustrechnung kann bis zu 17 Posten enthalten, der Anhang ist ausführlicher und der Lagebericht kommt noch dazu. Außerdem muss der Abschlussprüfer ran.

Eine Gesellschaft ist mittelgroß, wenn diese drei Kriterien nicht erreicht werden: 20 Millionen Euro Bilanzsumme, 40 Millionen Euro Umsatz, 250 Arbeitnehmer. Eine Gesellschaft ist groß, wenn zwei oder gleich alle drei dieser Merkmale überschritten werden.

Bei der Offenlegung dürfen mittelgroße Gesellschaften die Unterposten der Bilanz weglassen. Das setzt aber voraus, dass ein paar Angaben, die für mittelgroße Gesellschaften im Original-Abschluss gemacht werden müssen und die eigentlich in die Bilanz gehören, wie z.B. „Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten“, dann eben im Anhang stehen.

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Wenn die Gewinn- und Verlustrechnung mit allen Posten aufgestellt wurde, das machen fast alle wegen des höheren Informationsgehalts, dürfen jetzt die wesentlichen Erträge und der Materialaufwand zum „Rohergebnis“ zusammengefasst werden. Der Experte nennt das die „Nachholung einer Aufstellungserleichterung“. Von den Angaben im Anhang dürfen mittelgroße Gesellschaften nur weniges kürzen. Der Lagebericht und der Bestätigungsvermerk werden ungekürzt veröffentlicht. Dazu kommt das Datum der Feststellung des Jahresabschlusses und eine Angabe dazu, was die Gesellschafter zur Verwendung des Ergebnisses beschlossen haben: Etwa Ausschüttung oder Vortrag ins nächste Geschäftsjahr.

Großen Gesellschaften und Konzernen stehen weder bei der Aufstellung noch bei der Offenlegung Erleichterungen zu. Sie müssen alle Pflichtangaben nach dem Handelsgesetzbuch in den Jahres- bzw. Konzernabschluss hineinschreiben und alles veröffentlichen. Eine Ausnahme besteht bezüglich der Geschäftsführervergütungen: Diese müssen nicht offengelegt werden, wenn sich bei einem kleinen Kreis der Betroffenen sonst die Bezüge des Einzelnen ermitteln ließen. Bei mehr als drei Geschäftsführern kann sich nicht mehr auf diese Ausnahme berufen werden.

GmbH & Co. KG sind von der Offenlegung befreit, wenn sie neben der Komplementär-GmbH noch eine Privatperson als Gesellschafter begrüßen können, die mit dem Privatvermögen unbegrenzt haftet. Solche GmbH & Co. KG sind dann aber wieder dabei, wenn sie zu groß geworden sind, wenn nämlich zwei der folgenden drei Merkmale überschritten werden: Bilanzsumme 65 Millionen Euro, Umsatz 130 Millionen Euro, 5.000 Arbeitnehmer. So steht es im Publizitätsgesetz geschrieben.

Befreiung von der Offenlegung

Ein Unternehmen kann außerdem von der Offenlegung seines Jahresabschlusses befreit sein, wenn der Jahresabschluss in einem Konzernabschluss enthalten ist und der Konzernabschluss veröffentlicht wird. Dazu muss es im Bundesanzeiger an Stelle des Jahresabschlusses einen Verweis auf den Konzernabschluss geben. Dieser muss das befreite Unternehmen nennen.

Bis zu den Jahresabschlüssen für 2005 war der Bundesanzeiger eine dicke Zeitung, die jeden Tag erschien und in der Unternehmensbekanntmachungen und amtliche Mitteilungen zu lesen waren. Jedes Amtsgericht führte im analogen Zeitalter ein Handelsregister. Damals gab es die Verpflichtung, dort die Jahresabschlüsse in Papierform einzureichen. Auch wurden dort Gesellschaftsverträge, Gesellschafterlisten und Gesellschafterversammlungsprotokolle gesammelt.

Nach vorsichtigen Schätzungen haben damals nur etwa 10 % der Unternehmen ihre Jahresabschlüsse eingereicht. Eine gerichtliche Aufforderung erging praktisch nur, wenn sich jemand beim Amtsgericht beschwert hatte, dass ein Abschluss beim Handelsregister nicht vorlag.

Seit dem Abschlussjahr 2006 wird der Bundesanzeiger ebenso wie das Unternehmensregister elektronisch geführt, sodass ein Interessent nicht mehr Verbindung zu einem Amtsgericht aufnehmen muss. Zudem wurden die Handelsregister zentralisiert. Die Handelsregister beispielsweise, die früher von den Amtsgerichten Olpe und Lennestadt geführt wurden, sind heute im Handelsregister des Amtsgerichts Siegen aufgegangen. Von den zentralisierten Handelsregistern fließen die Daten in das Unternehmensregister ein. Die Verknüpfung von Bundesanzeiger und Unternehmensregister ermöglicht eine umfassende Kontrolle, ob für ein Unternehmen ein Jahresabschluss vorliegt oder nicht.

Ordnungsgeld bei fehlendem Abschluss

Falls ein Abschluss fehlt, benachrichtigt der Bundesanzeiger Verlag das Bundesamt für Justiz, das dann ein Ordnungsgeldverfahren einleitet. Das sieht so aus, dass die Geschäftsführung des säumigen Unternehmens einen Einschreibebrief erhält, in dem auf das Fehlen des Jahresabschlusses hingewiesen wird, eine Frist von sechs Wochen gesetzt wird, in der das Versäumte nachgeholt werden muss und zur besseren Motivation ein Ordnungsgeld von mindestens 2.500 Euro und höchstens 25.000 Euro angedroht wird, sollten die Unterlagen ausbleiben. Das kostet 100 Euro Verfahrensgebühr und 3,50 Euro für das Einschreiben. Da hilft nur ein Einspruch mit einer guten Begründung, sonst ist dieser Betrag fällig, auch wenn sofort offengelegt wird. Das Bundesamt fordert das Ordnungsgeld nach einem etwaigen Verstreichen der Frist ein und droht ein weiteres an. Heute reichen weit über 90 % der Unternehmen ihre Unterlagen ein.

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Für die Offenlegung der Jahresabschlüsse des Jahres 2019 gab es unter Berücksichtigung der Corona-Pandemie eine Verlängerung der Abgabefrist über den 31.12.2020 hinaus. Nach heutigem Stand gibt es für die Offenlegung der Jahresabschlüsse 2020 nur eine Fristverlängerung für Unternehmen, die von der Hochwasser-Katastrophe Mitte des Jahres 2021 betroffen sind. Somit ist der 31.12.2021 zu beachten.

Und was hat sich der Gesetzgeber dabei gedacht, dass das ganze Jahr über gut gehütete Geschäftszahlen am Ende des folgenden Jahres veröffentlicht werden müssen? Durch die Einsichtnahme in die Unternehmensergebnisse sollen sich mögliche Geschäftspartner, aber auch Anleger, von der Solvenz eines Unternehmens überzeugen können. Dies dient dem Gläubiger- und Investorenschutz und erhöht die Sicherheit und Funktionsfähigkeit des Marktes. Außerdem musste der Gesetzgeber diverse EU-Richtlinien wie die Publizitätsrichtlinie und die Transparenzrichtlinie umsetzen.

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