Trennung und Realsplitting - Gescheiterte Ehe im Einkommensteuerrecht

Finanzielle Auswirkungen


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Björn Wiederspahn, Steuerberatungs- und Prüfungsassistent von Grafik: Sophia Poggel
Björn Wiederspahn, Steuerberatungs- und Prüfungsassistent © Grafik: Sophia Poggel

Kreis Olpe. Eine Trennung von Eheleuten stellt ein einschneidendes Lebensereignis dar. Die darauffolgende Scheidung zieht oftmals langwierige und kostenintensive rechtliche Auseinandersetzungen nach sich. In diesem Zusammenhang sollten die Beteiligten auch die steuerlichen Folgen im Blick haben, um nachträgliche Überraschungen zu vermeiden. Die wesentlichen Aspekte und Fragen des Einkommensteuerrechts werden im neuen Teil der Serie „Ratgeber Steuern“ dargestellt.


Ich trenne mich von meinem Ehepartner - Was sind steuerlich die ersten Schritte?

Bereits die Trennung von Eheleuten löst steuerliche Folgen aus - unabhängig davon, ob und wann auf die Trennung eine Scheidung folgt. So hat sie bereits einen Einfluss auf die Veranlagungsform bei der Einkommensteuererklärung sowie die Lohnsteuerklasse bei Arbeitnehmern. Im Jahr der Trennung haben die Eheleute letztmalig die Möglichkeit, eine Zusammenveranlagung durchführen zu lassen und die „ehelichen“ Lohnsteuerklassen (zumeist III/V oder IV/IV) zu nutzen.

Wünschen sie dies nicht, kann mittels eines Antrags auf Lohnsteuerklassenwechsel bis zum 30. November noch mit Wirkung für das ganze Kalenderjahr der Trennung ein Wechsel erwirkt werden. Spätestens mit Wirkung zum 1. Januar des Folgejahres muss der Wechsel hin zu den „nicht ehelichen“ Lohnsteuerklassen I oder II veranlasst und die Trennung gegenüber dem Finanzamt angezeigt werden.

Letzteres erfolgt mittels der sogenannten Erklärung zum dauernden Getrenntleben, die bis spätestens zum 30. November des Trennungsfolgejahres beim Finanzamt eingehen muss. Ab diesem Jahr veranlagt das Finanzamt automatisch getrennt.

In der Vergangenheit haben sich zahlreiche Gerichte mit der Definition des Zeitpunktes der Trennung beschäftigt. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn eine Trennung nahe eines Kalenderjahreswechsels liegt und die Ehegatten noch ein weiteres Jahr der zumeist steuergünstigeren Zusammenveranlagung „erreichen“ wollen. Diese kann nämlich nur dann genutzt werden, wenn man als Ehepaar mindestens an einem Tag im Kalenderjahr „Tisch und Bett geteilt“ hat.

Von einer Trennung gehen Gerichte und Ämter regemäßig dann aus, wenn äußere Umstände erkennen lassen, dass die Wirtschaftsgemeinschaft nicht fortbesteht und der Wille zur ehelichen Gemeinschaft nicht mehr erkennbar ist. Äußere Umstände können zum Beispiel die Auflösung des gemeinsamen Haushalts etwa durch eine amtliche Ummeldung eines Ehegattens sein.

Wir versöhnen uns wieder - Was sind die steuerlichen Folgen?

Kommt es im Jahr nach der Trennung zur Versöhnung und einem erneuten Zusammenleben von Ehegatten, kann auch in diesem grundsätzlich wieder die Zusammenveranlagung greifen. Eine Mindestlaufzeit des erneuten Zusammenlebens ist gesetzlich nicht geregelt. Gemäß eines Urteils des Finanzgerichts Köln genügt bereits eine vierwöchige „Probezeit“. Auch für eine in späteren Jahren erreichte Versöhnung gilt, solange keine Scheidung rechtswirksam eingereicht wurde, kann ab dem Versöhnungsjahr wieder zusammen veranlagt werden.

Kommt es nach einem Versöhnungsversuch abermalig zur Trennung, ist dem Finanzamt jedoch glaubhaft zu vermitteln, dass es sich um einen ernsthaften Versuch gehandelt hat. Um dies zu gewährleisten, empfiehlt es sich, das Formular „Zur Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft“ von beiden Eheleuten unterschrieben noch im betreffenden Jahr beim Finanzamt einzureichen. Eine Übermittlung im Folgejahr hat regelmäßig zur Folge, dass die Finanzverwaltung den Sachverhalt kritisch hinterfragt und Nachweise anfordert.

Hinweis: Alle vorstehend genannten Anträge sind als Formulardruck online abrufbar oder können im Rahmen des Portals Elster-Online genutzt und an die Finanzverwaltung übermittelt werden.

Es kommt zur Scheidung - Kann ich die Kosten steuerlich geltend machen?

Grundsätzlich nicht. Im Jahr 2013 wurde das Einkommensteuergesetz diesbezüglich geändert. Nach mehreren gerichtlichen Auseinandersetzungen bestätigte schließlich der Bundesfinanzhof 2017 die Nichtabsetzbarkeit von Scheidungskosten. Dies gilt für alle in Verbindung mit der Scheidung stehenden Kosten (zum Beispiel Rechtsanwaltskosten, Gerichtskosten, Fahrtkosten, Ausgaben für Sachverständige oder Gutachter).

Nur in wenigen Ausnahmefällen sind die Ausgaben absetzbar. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Betroffene ohne die Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren.

Symbolfoto von Pixabay.com
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Ich zahle dem/der „Ex“-Partner/in Unterhalt – Kann ich dieses steuerlich absetzen?

Sowohl während der Trennungszeit als auch nach der Scheidung gezahlter Unterhalt kann unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich berücksichtigt werden. Dies erfolgt entweder im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen oder als Sonderausgaben.

1. Sonderausgaben

Im Zuge des sogenannten begrenzten Realsplittings können Zahlungen oder Leistungen aufgrund einer gesetzlich begründeten Unterhaltsverpflichtung steuerlich als Sonderausgaben abgesetzt werden und zwar jedes Jahr bis zu einem Höchstbetrag von 13.805 Euro. Neben Geldleistungen werden auch Sachleistungen als Unterhalt berücksichtigt.

Eine Berücksichtigung der Unterhaltskosten kann entweder im Rahmen der jährlichen Einkommensteuererklärung oder bereits im laufenden Jahr mittels Eintragung eines Freibetrages in Höhe des monatlich zu zahlenden Ehegattenunterhalts auf der Lohnsteuerkarte realisiert werden. Letzteres führt dann sofort zu einem höheren Nettoeinkommen.

Steuerlich anerkannt wird dies jedoch erst dann, wenn der/die unbeschränkt steuerpflichtige „Ex“-Partner/in dem zustimmt und den erhaltenen Unterhalt korrespondierend in der Einkommensteuererklärung als Einnahmen deklariert. Eine Zustimmung gelingt mittels der Anlage U. Neben der Angabe der Steuer-Identifikationsnummer bedarf es in der Anlage U auch der Unterzeichnung des Unterhaltsempfängers.

Die Zustimmung des Unterhaltsempfängers kann nachträglich weder zurückgenommen noch betragsmäßig beschränkt werden. Eine nachträgliche Erweiterung (betragsmäßige Erhöhung) ist jedoch möglich. Ein Widerruf kann nur mit Wirkung für ein künftiges Kalenderjahr erfolgen.

Der Unterhaltsempfänger ist zivilrechtlich verpflichtet diese Zustimmung zu erteilen, wenn der Unterhaltspflichtige im Gegenzug dem Unterhaltsempfänger die finanziellen Nachteile aus der Versteuerung des Unterhalts ausgleicht. Dieser Nachteilsausgleich wird regelmäßig schriftlich mittels sogenannter Freistellungserklärung vereinbart und kann gerichtlich eingefordert werden.

In der Regel lohnt sich das begrenzte Realsplitting für alle Beteiligten, da der Steuervorteil zumeist höher ist als der auszugleichende Nachteil. Über den Ausgleich des eigenen steuerlichen Nachteils hinaus hat der Unterhaltsempfänger im Übrigen keinen Anspruch auf Teilhabe an der aus dem begrenzten Realsplitting entstehenden Steuerersparnis des Unterhaltspflichtigen.

2. Außergewöhnliche Belastungen

In bestimmten Konstellationen kann ein Ansatz der Unterhaltskosten beim Unterhaltspflichtigen als außergewöhnliche Belastung sinnvoll sein. Die Unterhaltskosten müssen hierfür tatsächlich erbrachte Zahlungen darstellen. Der Unterhalt kann jährlich nur bis zu der Höhe des im Steuerjahr geltenden sogenannten Grundfreibetrages (2021: 9.744 Euro; 2022:10.347 Euro) berücksichtigt werden und ist in der Anlage Unterhalt zu erfassen.

Gegenüber dem oben beschriebenen begrenzten Realsplitting kann dies vorteilhaft sein, wenn der Unterhaltsempfänger über keine oder nur geringfügige eigene Einkünfte verfügt und Unterhaltsleistungen maximal in der Höhe des zuvor genannten Höchstbetrags innerhalb eines Kalenderjahres geflossen sind. Zudem bedarf es hier keinerlei Zustimmung der Gegenseite, sodass der zum Teil erhebliche Aufwand des begrenzten Realsplittings vermieden werden kann.

Nachteilig wirkt sich die Tatsache aus, dass bei dieser Variante das Finanzamt die Einkünfte der Gegenseite kennen muss und die außergewöhnlichen Belastungen anteilig gekürzt werden, wenn der Unterhaltsempfänger mehr als 624 Euro im betreffenden Jahr verdient.

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Zudem errechnet das Finanzamt bei der Veranlagung immer eine zumutbare Belastung. Dieser Betrag ist der Schwellenwert, ab dem Kosten als außergewöhnliche Belastung überhaupt erst steuerlich anerkannt werden. Je nach Lebenssituation liegt dieser zwischen 1 und 7 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte. Unterschreiten die Unterhaltskosten in einem Kalenderjahr diese Schwelle, verpufft der Steuervorteil gänzlich.

Grundsätzlich kann für jedes Kalenderjahr erneut zwischen den Varianten gewählt werden.

Eine Mischform, also zum Beispiel der Ansatz der Unterhaltskosten, die bei dem oben beschriebenen Sonderausgabenabzug den Höchstbetrag überschreiten, als außergewöhnliche Belastungen ist ausgeschlossen.

Übrigens: Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, welche für den/die „Ex“-Partner/in während der Trennung oder nach der Scheidung gezahlt werden, sind zusätzlich, unabhängig von den genannten Höchstbeträgen, absetzbar.

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