Glasfaserausbau in Wenden: Zukunft verlegt, Anschluss vergessen
Funkstille im Fortschrittsland
- Wenden, 23.05.2025
- Politik , Verschiedenes
- Von Wolfgang Schneider

Wenden. Der Tag der Verkündigung des Grundgesetzes jährt sich heute zum 76. Mal. Für einen Unternehmer aus Hünsborn ist der 23. Mai aber kein Grund zum Feiern. Er blickt nicht auf 76 Jahre Demokratie zurück, sondern auf vier Jahre Leitung ohne Anschluss. Seine Kritik: In Deutschland entwickelt sich die digitale und verkehrliche Infrastruktur rückwärts.

Reinhard Schönauer wartet seit vier Jahren auf den Glasfaserausbau. Der kam schließlich, doch seit zwei Jahren liegt das Kabel ungenutzt an seiner Hauwands. Er war 2021 einer der Wortführer – oder sogar die Lokomotive – des Glasfaserausbaus in der Gemeinde Wenden.
Mehrere Leserbriefe, zahlreiche Gespräche und die erfolgreiche Mobilisierung vieler Mitbürger brachten das Projekt bei der sogenannten Nachfragebündelung über die Zielmarke von 40 Prozent der Haushalte, die einen Anschluss beauftragten.



Dann begann die Umsetzung – und schließlich der Stillstand: Das Kabel liegt und die Bagger sind weg, doch der Anschluss fehlt. Seit zwei Jahren bewegt sich nichts mehr – und die Geduld von Schönauer ist erschöpft.
Ursache des Stillstands: die Insolvenz des Subunternehmens Soli Infratechnik im Mai 2024, das im Auftrag der Deutschen Glasfaser im Wendener Land tätig war. Schönauer ist sauer, dass seitdem nichts mehr läuft: „Die Gemeinde zeigt wenig Überblick über den Status, die Deutsche Glasfaser schweigt und von der Politik kommt kein Ton.“

Vor anderthalb Wochen beschwerte sich Schönauer bei der Bundesnetzagentur. Die Behörde meldete sich sehr schnell zurück, doch die Antwort vom 22. Mai fiel ernüchternd aus. „Die Bundesnetzagentur hat grundsätzlich keine Handhabe, Unternehmen zu zwingen, hochbreitbandige Anschlüsse flächendeckend anzubieten oder einen zivilrechtlichen Vertrag über die Schaltung eines Glasfaseranschlusses durchzusetzen“, heißt es.
Sprich: Man könne leider nicht helfen, weil Glasfaser nicht zur Grundversorgung gehöre. Aber man könne es auf Kulanzbasis bei der Deutschen Glasfaser versuchen. „Wir leben im Land der Weltmarktführer – beim Ankündigen. Aber global anschlussfähig sind wir schon lange nicht mehr“, wettert der Hünsborner. „Vier Jahre für ein Anschlusskabel – das ist kein Einzelfall, das ist Republik-Zustand.“


Weder Bürgermeister, Landrat noch die CDU-Abgeordneten Florian Müller und Jochen Ritter hätten auf sein Schreiben reagiert, berichtet Schönauer. Das ärgert ihn sehr. „Wenn der Souverän schreibt, schweigt die Politik – vielleicht hat man vergessen, dass Demokratie Kommunikation voraussetzt“, sagt er mit sarkastischem Unterton – und legt nach: „Aber man muss auch Verständnis haben: Zwischen Grundgesetz-Jubiläum und Wahlkampf bleibt wenig Zeit für schnöde Bürgeranliegen.“

Schönauer appelliert an die Politik, Projekte wie in Wenden nicht scheitern zu lassen – schon gar nicht an einem einzigen insolventen Subunternehmer. „Wenn man Digitalisierung ernst nimmt, braucht es verlässliche Umsetzung, Kontrolle und notfalls auch Eingriffsrechte.“

Des bittere Resümee des Hünsborners: „Das Ganze ist nicht nur eine Farce – es ist ein Abbild einer überforderten Republik, in der Verwaltung, Verantwortung und Wirklichkeit auseinanderdriften.“
