Besinnlichkeit hinter Gittern

Weihnachten in der JVA Attendorn


  • Attendorn, 25.12.2023
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  • Von Claudia Wichtmann
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Ein Weihnachtsbaum in einem der Abteilungsflure der JVA Attendorn. von JVA Attendorn
Ein Weihnachtsbaum in einem der Abteilungsflure der JVA Attendorn. © JVA Attendorn

Attendorn. „Ich wäre an Weihnachten so gerne zu Hause, bei meinen Kindern und meiner Frau.“ Mehmet K. (Name von der Redaktion geändert) versucht sachlich zu wirken, doch die Traurigkeit ist spürbar. Er ist gelernter Koch, arbeitet zurzeit als Verwaltungsreiniger - und er ist Inhaftierter im offenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt (JVA) Attendorn.


Am zweiten Weihnachtsfeiertag besucht ihn seine Frau mit den zwei gemeinsamen kleinen Söhnen. Eine Stunde haben sie dann Zeit füreinander. Eine Stunde, um Weihnachten zu feiern, Geschenke auszupacken, miteinander zu sprechen, sich im Arm zu halten. Eine Stunde, um Vater und Ehemann zu sein.

„Weihnachten war immer ein Fest der Familie für mich. In meiner Kindheit haben wir uns an den Feiertagen alle versammelt, gemeinsam etwas Besonderes gegessen und Zeit miteinander verbracht.“

Seit 2020 ist Mehmet K. in Haft. Er habe viel gelernt und bereut in dieser Zeit, sagt er. Ihm sei einiges klar geworden. Vor allem, dass seine Kinder ihren Vater brauchen, nicht nur an Weihnachten.

„Für manche Insassen ist die Zeit besonders hart“

Im offenen Vollzug kann Mehmet K. sich an den Feiertagen mit anderen Insassen treffen und unterhalten. Sie verbringen Zeit miteinander und versuchen gegenseitig die Leere zu füllen, die die fehlende Familie hinterlässt und die an Weihnachten besonders bewusst wird. „Für manche Insassen ist die Zeit besonders hart“, betont Mehmet K.

„An den Feiertagen herrscht hier eine ganz ruhige Stimmung“, erzählt Justizvollzugsbeamtin Heike Wehr. Auch sie kann einen Teil der Weihnachtstage nicht bei ihrer Familie sein – sie hat Dienst am 25. Dezember. Natürlich wären sie und ihre diensthabenden Kollegen an den Feiertagen gerne zu Hause, doch: „Es ist okay, an den Feiertagen zu arbeiten. Die Gefangenen sind gut drauf, jeder wünscht frohe Weihnachten. Es ist eine schöne Stimmung hier.“

„Über Weihnachten wird hier niemand alleine gelassen“

In der Vorweihnachtszeit laden die Seelsorger die Justizvollzugsbeamten zum gemeinsamen Adventskaffee ein. „Dann treffe ich auch mal Kollegen, die ich nicht so oft sehe. Es ist sehr schön, dann auch mal mit denen wieder zu reden“, freut sich die Justizvollzugsbeamtin über die Aktion.

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Justizvollzugsbeamtin Heike Wehr.

Für die Gefangenen im offenen und geschlossenen Vollzug gibt es Weihnachtsgottesdienste in der Gefängniskirche, die von den Inhaftieren religionsunabhängig gerne angenommen werden. Die Seelsorger verteilen Weihnachtstüten mit Kaffee, Tabak, Schokolade und Kleinigkeiten an alle Häftlinge.

An Heiligabend kommt die Anstaltsleitung und wünscht den Gefangenen und Justizvollzugsbeamten ein frohes Fest. „Über Weihnachten wird hier niemand alleine gelassen. Die Inhaftierten sollen nicht das Gefühl haben, vergessen zu werden“, betont Heike Wehr.

Weihnachten im geschlossenen Vollzug

Während im offenen Vollzug die Gefangenen untereinander Kontakt haben, gemeinsam feiern und Besuch empfangen dürfen, geht es im geschlossenen Vollzug für die Häftlinge deutlich strenger zu. Sie dürfen nicht besucht werden, auch nicht von der Familie, und telefonieren geht nur, wenn das erlaubte Telefonkontingent noch nicht verbraucht ist.

Für ein bisschen Besinnlichkeit und weihnachtliche Stimmung im geschlossenen Vollzug sorgt das Orchester der Justizvollzugsbeamten Attendorn mit der musikalischen Begleitung des Weihnachtsgottesdienstes.

Die Seelsorger der JVA bieten den Insassen des geschlossenen Vollzugs die Möglichkeit, Weihnachtsgeschichten vorzulesen und auf CD aufzunehmen, für die Kinder und die Familie zu Hause. Jeder Inhaftierte und seine Angehörigen haben einen respektvollen Umgang verdient, so Heike Wehr.

Festtagsmenü

Und natürlich gibt es an Weihnachten auch einen besonderen Speiseplan in der JVA. Heike Wehr lacht: „Das will immer jeder wissen, was es hier zu essen gibt!“

An Heiligabend stehen Würstchen mit Nudelsalat und Christstollen auf der Speisekarte, am ersten Weihnachtstag gibt es Rouladen mit Knödeln und Rotkohl, zum Nachtisch Kuchen und am zweiten Weihnachtstag können sich die Inhaftierten auf Putenschnitzel mit Champignonsoße, Spätzle und Muffins freuen.

An vielen Stellen in der JVA Attendorn stehen Weihnachtsbäume, bunt geschmückt von den Insassen. Einen davon hat Mehmet K. dekoriert. Bis April 2025 ist er noch in Haft. Er hofft darauf, früher entlassen zu werden. „Das ist mein letztes Weihnachten hier!“, sagt er zuversichtlich.

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