Vielzahl an Problemen zwingt Unternehmen immer mehr in die Knie

Südwestfälische Wirtschaft schlägt Alarm


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Die Hauptgeschäftsführer und Präsidenten der südwestfälischen IHKs erläuterten gemeinsam die konjunkturelle Lage in der Region. von Thomas Becker
Die Hauptgeschäftsführer und Präsidenten der südwestfälischen IHKs erläuterten gemeinsam die konjunkturelle Lage in der Region. © Thomas Becker

Südwestfalen. Die Unternehmen in Südwestfalen sehen sich einer noch nie dagewesenen Dichte an Herausforderungen gegenüber. Die Folgen multipler Krisen sowie eine wachstumshemmende Bürokratie drücken auf die Stimmung der Unternehmer.


Dies geht aus der aktuellen gemeinsamen Konjunkturbefragung der drei südwestfälischen Industrie- und Handelskammern Arnsberg, Hagen und Siegen hervor. An der Befragung haben sich im September 1.315 Unternehmen aus den drei IHK-Bezirken beteiligt.

Fünf Themen werden jeweils von mehr als der Hälfte der Unternehmen als konkrete Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung genannt: eine sinkende Inlandsnachfrage, im internationalen Vergleich drastisch höhere Energie- und Rohstoffpreise, der in Teilen gravierende Fach- und Arbeitskräftemangel, steigende Arbeitskosten und schwierige wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen, insbesondere die überbordende Bürokratie.

Angesichts dieser komplexen Problemlage bricht der IHK-Konjunkturklimaindex in Südwestfalen deutlich von 106 auf 81 Punkte ein. Die konjunkturelle Lage sei äußerst ernst. Einen ähnlich drastischen Rückgang habe es zuletzt nach Ausbruch der Corona-Krise und nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs gegeben.

Abschwung der Wirtschaft

So kommentieren die drei IHK-Präsidenten Andreas Rother, Ralf Stoffels und Walter Viegener die Ergebnisse. Der Abschwung der südwestfälischen Wirtschaft, sowohl bei der Lage als auch bei den Erwartungen, habe strukturelle Ursachen. Immer mehr Unternehmen seien in ihrer Existenz gefährdet.

Nur noch 21 Prozent der Unternehmen sprechen aktuell von einer guten Geschäftslage, 30 Prozent von einer schlechten. In den vergangenen zehn Jahren beurteilte nur zu Beginn der Corona-Krise ebenfalls eine Mehrheit die Lage negativ.

Damals allerdings waren Teile des Handels, des Gastgewerbes und viele Dienstleister im Lockdown und die Industrie vermehrt in Kurzarbeit. Die südwestfälischen Betriebe blicken zudem mehrheitlich pessimistisch in die Zukunft. Der Saldo aus positiven und negativen Erwartungen stürzt auf minus 27 Punkte ab. Infolgedessen halten sich die Unternehmen bei den Investitionen und bei den Einstellungen deutlich zurück.

Heimische Industrie sieht kein Land

Insbesondere die heimische Industrie sieht derzeit kein Land. Die Anzahl der Betriebe, die ihre Lage als gut bezeichnen, hat sich halbiert. 41 Prozent gehen von einer weiteren Verschlechterung ihrer Geschäfte aus. In den anderen Wirtschaftszweigen ist die Perspektive nicht wesentlich besser. Bei den Dienstleistern bewerten zwar noch mehr Firmen ihre Lage positiv als negativ, doch blickt fast ein Drittel in eine düstere Zukunft.

Drei Viertel der Dienstleistungsbetriebe sehen im Fachkräftemangel eine Gefährdung für die wirtschaftliche Entwicklung. Bereits jetzt können 70 Prozent der Dienstleister offene Stellen längerfristig nicht besetzen. Sowohl den Einzel- als auch den Großhandel belastet eine zunehmende Kaufzurückhaltung. Über 40 Prozent aller Händler gehen von schlechteren Geschäften aus, demgegenüber rechnen nur etwas mehr als 10 Prozent mit besseren.

Klarer Handlungsappell an die Politik

Die Lagebeurteilung des Verkehrsgewerbes verbessert sich im Vergleich zum Frühjahr leicht. Allerdings geben 43 Prozent eine angespannte Finanzlage an, so viele wie in keiner anderen Branche. Mit 40 Prozent positiven Rückmeldungen beurteilt derzeit das Gastgewerbe seine Lage von allen Branchen am besten. Dennoch gefährden der Fachkräftemangel und die hohen Kosten für Arbeitskräfte sowie für Energie und Rohstoffe die wirtschaftliche Entwicklung von fast 75 Prozent der Betriebe.

Die Ergebnisse der Konjunkturbefragung sind laut Industrie- und Handelskammern ein klarer Handlungsappell an die Politik. Ein Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik sei erforderlich. Nur mit einem zügigen Abbau der Bürokratie, insbesondere bei Planungs- und Genehmigungsprozessen, Steuererleichterungen, einer Ausweitung des Energieangebots und wettbewerbsfähigen Energiepreisen für alle Unternehmen könne ein dauerhafter Schaden für den Standort Südwestfalen verhindert werden, so die Forderung der drei IHKs.

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