Ein jahrelanger Weg: Vom Saatkorn zum Weihnachtsbaum
Ganz-Jahres-Job in der Forstbaumschule Lindemann
- Kirchhundem, 12.12.2023
- Verschiedenes
- Von Kerstin Sauer
Rinsecke. Stolz und prächtig steht er da, dicht und grün, jeder Zweig perfekt gebogen, die Spitze gerade in die Höhe gestreckt: der Traum-Weihnachtsbaum der Deutschen. Doch der Weg vom Saatkorn bis zum geschmückten Baum im Wohnzimmer ist ein langer. Und ein mühseliger, wie Kerstin Dümpelmann (geb. Lindemann) aus Rinsecke weiß: Acht bis zwölf Jahre dauert es, bis aus dem Saatkorn ein ausgewachsener Weihnachtsbaum wird.
Kerstin Dümpelmann ist inmitten von Tannenbäumen aufgewachsen und seit der Kindheit in die Arbeit in der elterlichen Forstbaumschule Lindemann eingebunden. „Es hat immer Spaß gemacht: mit den Kunden zu sprechen, mit dem Lkw zu fahren, Bäume auszuliefern“, sagt die zweifache Mutter. Fügt aber hinzu: „Gleichzeitig eine besinnliche Adventszeit, das ist nicht möglich.“
Dabei beschränkt sich die Arbeit rund um den Baum nicht nur auf die Zeit kurz vor Weihnachten: Es ist ein Ganz-Jahres-Job. Denn in der Forstbaumschule beginnt die Arbeit schon bei der Saat.
Im Herbst und im Frühjahr wird diese per Hand auf den Feldern rund um Rinsecke und Oberhundem ausgesät. Schon nach einigen Wochen sprießen die ersten Köpfchen. Von Anfang an muss in den Saatreihen Unkraut gejätet werden.
Am gefährlichsten ist immer die Zeit von Mai bis Juni. „Die Eisheiligen“, sagt Kerstin Dümpelmann und berichtet von der großen Sorge, dass die kleinen, frisch ausgetriebenen Nordmann-Tännchen erfrieren. In einer Nacht kann alles kaputt sein.
Den einzig wirkungsvollen Schutz bietet dann das Bewässern der Pflänzchen: Bei 0 Grad wird die Beregnung angestellt, um die frischen Triebe legt sich ein Eismantel und schützt die Pflanzen. Aber – wann ist die kritische Temperatur erreicht? Hier ist nachts die ständige Kontrolle an verschiedenen Messpunkten notwendig.
Zwei Jahre stehen die Sämlinge in diesem Saatbeet, dann werden sie – wieder mit der Hand – ausgemacht. Anschließend werden die Pflanzen per Maschine „verschult“ (verpflanzt).
Triebregulierung im Mai, Spitzen „kneifen“ zur selben Zeit, Richtung Sommer die frischen Triebe schnippen und im fünften Standjahr dem Baum einen ordentlichen Formschnitt verpassen: Die meisten der zeitaufwändigen Arbeiten dienen der „Schönheit“ des Baumes. Damit die Spitze nicht zu sehr in die Höhe schießt, der Baum nicht zu einseitig wächst. Hinzu kommt das regelmäßige Mähen ggf. Wässern im Sommer.
„Früher“, so erinnert sich Kerstin Dümpelmann, „wurden die Bäume einfach aus dem Wald geholt - da war es egal, wie ein Ast stand.“ Heute geht der Trend zum perfekten, symmetrischen Baum. Und das bedeutet einfach ein Mehr an Arbeit.
Bereits Ende August werden die gewachsenen Weihnachtsbäume mit einem farblich markierten Stock gemessen und entsprechend etikettiert. Erste oder zweite Wahl – wie gut ist der Baum gewachsen?
Ab November sind dann die Mitarbeiter der Forstbaumschule Lindemann täglich im Weihnachtsbaum-Einsatz, oft von morgens bis spät in den Abend, bei Wind und Wetter. Sie schneiden die Bäume ab, schleppen sie aus den Kulturen auf den Weg und „putzen“ sie unten am Stamm mit der Motorsäge. Nach dem Netzen werden die Bäume aufgeladen, zum Verladeplatz in Oberhundem gebracht und nach Größe bzw. erste und zweite Wahl sortiert. Hier findet auch der Verkauf statt, in diesem Jahr am zweiten und dritten Adventswochenende.
Für viele Nordmanntannen ist der Weg hier aber noch nicht zu Ende: Sie werden wieder aufgeladen und zum Endverbraucher gebracht. Oder auf einen der eigenen Verkaufsplätze. Das gemeinsame Ziel aller Tannen ist dasselbe: wunderbar geschmückt in einem Zimmer zu stehen.
Bis Weihnachten heißt es für alle im Team noch: Vollgas. Heiligabend ist dann Schluss. „Mal eben Plätzchen backen mit meinen Kindern, das geht nicht“, sagt Kerstin Dümpelmann. Doch ihre Familie, so betont sie, unterstütze sie total. Und außerdem, so fügt sie lachend hinzu: „Ohne diese ganze Arbeit könnte ich auch nicht - ich mache das wirklich gerne.“