Flüchtlingsunterkunft Oberhundem: Darum läuft es hier so gut

Zusammenhalt und Unterstützung


  • Kirchhundem, 19.04.2024
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Oberhundems Ortsvorsteher Peter Meyer kümmert sich zusammen mit vielen Helfern um die Flüchtlinge im Ort. Nachhilfe in Deutsch gibt er unter anderem dem 19-jährigen Massoom Noorzada. von Tine Schmidt
Oberhundems Ortsvorsteher Peter Meyer kümmert sich zusammen mit vielen Helfern um die Flüchtlinge im Ort. Nachhilfe in Deutsch gibt er unter anderem dem 19-jährigen Massoom Noorzada. © Tine Schmidt

Oberhundem. Bei der Bürgerversammlung Rahrbach kamen kürzlich große Sorgen wegen einer geplanten Flüchtlingsunterkunft im Ort auf (LP berichtete). Als Positivbeispiel wurde an diesem Abend mehrmals die Unterkunft Oberhundem genannt. LokalPlus war vor Ort in Oberhundem, um zu erfahren, wieso es dort so gut läuft.


Seit 2022 gibt es mitten in Oberhundem an der Hauptstraße 6 eine Flüchtlingsunterkunft - die ehemalige Gaststätte Burg Keller. Aktuell leben dort vier Familien, aus Afghanistan, der Türkei und Syrien. „Hier läuft es“, sagt Ortsvorsteher Peter Meyer. Das Haus bietet Platz für 31 Menschen. Alles ist sauber und gepflegt, es ist ruhig und ein eigener Hausmeister kümmert sich um nötige Reparaturen.

Zusammen mit Meyer am Tisch sitzt Masoom Noorzada. Der 19-Jährige ist zusammen mit seinen Eltern und drei Geschwistern wegen der Taliban vor zwei Jahren nach Deutschland geflüchtet. Sie hatten Angst um ihr Leben. Jetzt wohnt die sechsköpfige Familie in Oberhundem.

Massoom Noorzada kam vor zwei Jahren nach Deutschland. von Tine Schmidt
Massoom Noorzada kam vor zwei Jahren nach Deutschland. © Tine Schmidt

Aus der Gastwirtschaft wurde vor einigen Jahren zunächst ein AWO-Wohnhaus, erklärt der Ortsvorsteher. Dort habe es vermehrt Beschwerden und Probleme gegeben.

Vor zwei Jahren dann kaufte die Gemeinde das Gebäude und bringt dort seitdem geflüchtete Menschen unter. „Auch Oberhundem ist nicht der Nabel der Welt, wo viele Busse fahren und man ohne Ende einkaufen kann. Aber hier haben die Menschen das Herz am rechten Fleck“, sagt der Ortsvorsteher überzeugt. „Ich habe noch niemanden aus dem Ort gehört, der sich beschwert hat, bei mir ist nichts angekommen.“

Neben der Unterkunft im ehemaligen Burg Keller gibt es eine weitere Wohnung mit acht Geflüchteten sowie das Carpe Diem, in dem 130 Ukrainer leben. Auch die Menschen nehmen die, wenn auch kleine, Infrastruktur im Ort wahr.

Sprachbarrieren überwinden

Mit viel Hilfe von Ehrenamtlern gelinge es, die Menschen hier zu integrieren. Jeder sei überall gern gesehen, die Kinder treffen sich auf dem Spielplatz, Veranstaltungen werden besucht und es sei ein gutes Miteinander – auch unter den verschiedenen Nationalitäten im Haus. Natürlich seien Sprachbarrieren da, so Meyer, aber mit Übersetzern könne sich jeder helfen.

Oder man geht dreimal die Woche zu Peter Meyer und lernt deutsch – Gepflogenheiten und politisches Grundwissen inklusive. So wie Masoom. Der wissbegierige junge Mann fühlt sich so wohl in Oberhundem, dass er gerne bleiben möchte. „Dunstabzugshaube“, das ist sein deutsches Lieblingswort, lacht er.

Masoom und Peter Meyer üben zusammen Deutsch. von Tine Schmidt
Masoom und Peter Meyer üben zusammen Deutsch. © Tine Schmidt

Masoom spielt Fußball bei der SG Oberhundem-Saalhausen, bedient bei Veranstaltungen den Grill, geht gerne zu Musikveranstaltungen und macht beim örtlichen Elektriker sogar ein Praktikum. „Mir gefällt es hier“, sagt Masoom. „Hier darf man Musik hören. In Afghanistan wurden Instrumente verbrannt.“

Auch beim Praktikum laufe es nun durch die besseren Sprachkenntnisse gut und eventuell hat Masoom sogar einen Ausbildungsplatz in Aussicht. Auch eine Schreinerei im Ort beschäftigt aktuell einen Flüchtling als Praktikanten.

Meyer: „Für einen kleinen Ort ist das schon viel. Auch die Firmen hier haben erkannt, wie schwer es ist, Stellen zu besetzen. Mit Masoom hätten sie einen fleißigen Azubi.“ Zunächst muss der 19-Jährige aber seinen Hauptschulabschluss schaffen. Auch ein eigener Führerschein ist ein großer Traum von ihm.

„Hier hat keiner Angst“

Meyer und viele Flüchtlingshelfer versuchen, die Familien so gut es geht zu unterstützen. Ob bei alltäglichen Fragen, schulischen Angelegenheiten und vor allem beim hohen bürokratischen Aufwand. Man müsse die Menschen an die Hand nehmen. Sie hätten Gründe für ihre Flucht. Vielleicht läuft es darum hier so gut: Deutschunterricht, Integration und offene Menschen.

„Hier hat keiner Angst“, sagt Meyer und versucht Vorurteile abzubauen: „Und ich kann versichern, dass die Kriminalität hier nicht gestiegen ist.“ Vielleicht müsse man mal wieder mehr Kind sein, so Meyer. Die machten nämlich auch keinen Unterschied, welche Haar- oder Hautfarbe andere Kinder haben.

Der ehemalige Burg Keller in Oberhundem dient heute als Zuhause für geflüchtete Menschen. von Tine Schmidt
Der ehemalige Burg Keller in Oberhundem dient heute als Zuhause für geflüchtete Menschen. © Tine Schmidt
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