Aus Unmut gegen Gesundheitspolitik: Apotheken und Arztpraxen geschlossen

Protest in Dortmund


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5.000 Menschen streikten am Mittwoch, 15. November, in Dortmund für die Belange von Apotheken und Arztpraxen. von Apothekerverband Westfalen-Lippe
5.000 Menschen streikten am Mittwoch, 15. November, in Dortmund für die Belange von Apotheken und Arztpraxen. © Apothekerverband Westfalen-Lippe

Dortmund/Kreis Olpe. Die Apotheken im Kreis Olpe – und weit darüber hinaus – sind am Mittwoch, 15. November, erneut geschlossen geblieben. Auch in zahlreichen Hausarztpraxen gingen aus Protest gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung frühzeitig die Lichter aus. Ihren Unmut hierzu brachten etwa 5.000 Menschen in Dortmund zum Ausdruck.


„Dass sich beide Berufsgruppen zusammentun und sich so viele Apotheken und Praxen an diesem Protest beteiligen, hat es noch nie gegeben. Das zeigt, dass der Druck riesig ist und es immer schwieriger wird, die Patienten vor Ort vernünftig zu versorgen“, so Gabriele Regina Overwiening.

Die Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) sagte, dass massive Lieferengpässe bei Arzneimitteln, eine unzureichende Finanzierung, ein überbordendes Maß an Bürokratie und zugleich ein enormer Fachkräftemangel beiden Berufsgruppen extrem zu schaffen machten.

Vergütung seit Jahren nicht angepasst

„Die Apotheken vor Ort sind mittlerweile massiv unterfinanziert, nachdem die staatlich geregelte Vergütung seit zehn Jahren nicht mehr angepasst worden ist“, so Thomas Rochell, Vorstandsvorsitzender des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL).

Die Zahl der Apothekenschließungen nehme weiter zu. „Statt aber die Apotheken nun endlich zu stabilisieren, plant der Gesundheitsminister auch noch, eine „Schein-Apotheke“ zu schaffen – ohne Nacht- und Notdienste, ohne Eigenherstellung von Fiebersäften und ohne Apotheker. Das bedeutet letztlich für die Leistungskürzungen.“

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5.000 Menschen streikten am Mittwoch, 15. November, in Dortmund für die Belange von Apotheken und Arztpraxen.

Zahlreiche Schilder hatten die Teilnehmer der Demonstration in Dortmund gebastelt, deren Botschaften häufig gegen die Politik von Gesundheitsminister Karl Lauterbach gerichtet waren.

Vor Ort in Dortmund demonstrierte auch Katrin Fischer von der Antonius-Apotheke Gerlingen mit ihrem Team. „Hier ist echt viel los. Bestimmt 5.000 Leute. Wir waren heute morgen auf dem Platz der Partnerstädte. Jetzt gehen wir alle zu Fuß zu den Westfalenhallen“, berichtet Katrin Fischer im Gespräch mit LokalPlus.

„Das Geld fehlt im System“

Und warum? „Wir machen das, um zu protestieren gegen die Regierung; im speziellen Herr Lauterbach“, so Katrin Fischer. Die Apotheken hätten es nicht auf Geld abgesehen, um sich zu bereichern. „Das Geld fehlt im System. Wir müssen viel mehr investieren. Und es gibt viel Bürokratie“, erklärt sie. Bei den Laien komme das häufig falsch an.

Pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA) liegen beim Verdienst trotz einer fundierten Ausbildung nur leicht über dem Mindestlohn. Seit zehn Jahren habe es für die Abrechnung keine Erhöhung gegeben. Diese erfolge pauschal pro Packung. Außerdem litten die Apotheken an Lieferengpässen. „Uns fehlen jetzt schon mehrere hundert Medikamente.“ Beim Antibiotikum Amoxicillin sei man beispielsweise aktuell froh, wenn man drei Packungen für Notfälle habe.

„Der Kunde vor Ort bekommt davon wenig mit. Er bemerkt vielleicht die Lieferengpässe. Wir opfern uns immer auf, machen alles irgendwie möglich und es ist alles selbstverständlich. Aber: Die Politik dankt es nicht und eine Entschädigung oder angemessene Honorierung gibt es nicht“, so Katrin Fischer.

Apotheker streiken zum zweiten Mal

Es sei nach dem 14. Juni in Düsseldorf der zweite Tag, an dem seitens der Apotheker für einen Tag gestreikt werde. In anderen Branchen komme das viel öfter vor. Der Gesundheitsminister watsche die Interessen der Apotheker einfach ab. Es spitze sich zu. Dementsprechend hätten die Apotheker Bedenken. Und auch die Ärzte, die sich in Vielzahl dem Protest in Dortmund anschlossen.

Die Krankenkassen seien in der Position, die Preise massiv zu drücken. Medikamente würden in Deutschland produziert. „Lauterbach will sich nicht kümmern und unsere Arbeit auch nicht honorieren“, beklagt Katrin Fischer, die hofft, dass der finanzielle Hilferuf von Apothekern und Ärzten nun auch in Berlin ankommt.

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