Die Folgen von Phantomlohn für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Nachzahlungen vermeiden bei Minijobs


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Steuerfachwirt Stefan Herbrechter von Grafik: Sophia Poggel
Steuerfachwirt Stefan Herbrechter © Grafik: Sophia Poggel

Kreis Olpe. Phantomlohn, das heißt ein Anspruch auf Lohn, der dem Arbeitnehmer entstanden ist, aber nicht ausbezahlt wurde, kann besonders die Beschäftigung in einem Minijob gefährden. Das Arbeitsentgelt in den geringfügig entlohnten Beschäftigungsverhältnissen darf nämlich regelmäßig 450 Euro im Monat (maximal 5.400 Euro im Jahr) nicht überschreiten. Steuerfachwirt Stefan Herbrechter klärt auf, wie es bei der Arbeit auf Abruf bei Minijobs im gewerblichen Bereich zu Phantomlohn kommen kann.


Angesichts der schrittweisen Erhöhung des Mindestlohns können Minijobber immer weniger Stunden arbeiten. Am 1. Juli findet die nächste Erhöhung des Mindestlohns statt: Er steigt dann auf 10,45 Euro brutto je Stunde. Beschäftigte in einem Minijob können ab diesem Zeitpunkt nur noch durchschnittlich ca. 43 Stunden pro Monat arbeiten.

Damit nicht aufgrund von Phantomlohn ein Beschäftigungsverhältnis kein Minijob mehr ist und eine Sozialversicherungsprüfung ggf. zu erheblichen Beitragsnachzahlungen führen kann, ist es wichtig zu wissen, wie Phantomlohn entstehen kann.

1) Arbeit auf Abruf – keine Festlegung der wöchentlichen Arbeitszeit

Mitarbeiter können ihre Arbeitsleistung auf Abruf je nach Arbeitsanfall für ihren Arbeitgeber erbringen oder haben keine festen Wochenarbeitszeiten im Vertrag vereinbart. Für jedes Arbeitsverhältnis muss jedoch eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festgelegt werden.

Ist dies nicht der Fall oder wurde nicht einmal ein Arbeitsvertrag schriftlich abgeschlossen bzw. auch keine Niederschrift nach dem Nachweisgesetz erstellt, gilt durch die Regelung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes ab dem 1. Januar 2019 eine regelmäßige Arbeitszeit von 20 Wochenstunden als angenommen. Zuvor – also bis zum 31. Dezember 2018 – betrug diese 10 Wochenstunden.

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Dies kann besonders für Minijobber böse Folgen haben. Für sie wird diese Regelung im Zusammenhang mit dem derzeit gültigen Mindestlohn von 9,82 Euro zur Phantomlohn-Falle. Bei einer 20-Stunden-Woche und einem Stundenlohn von 9,82 Euro ergibt sich ein monatlicher Vergütungsanspruch von 854,34 Euro, welcher über der Geringfügigkeitsgrenze von 450 Euro liegt.

Das hat zur Folge, dass die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse verworfen werden und sozialversicherungspflichtig werden. Demnach werden statt der bisher knapp 32 % pauschalen Sozialabgaben für Minijobber nun circa 43 % Sozialabgaben fällig.

2) Urlaubsvergütung

Bei der Berechnung des Urlaubsentgelts ist der durchschnittliche Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs zugrunde zu legen. In der Berechnung des Arbeitsverdienstes sind auch erfolgsabhängige Vergütungen, Feiertags-, Nacht- und Sonntagszuschläge sowie Erschwernis- und Gefahrenzulagen einzubeziehen. Überstundenvergütung inklusive Zuschläge und einmalige Zuwendungen – wie z. B. Weihnachtsgeld – gehören nicht dazu.

Werden Zuschläge oder Zulagen nicht mit in die Urlaubsvergütung einberechnet, also ein zu geringes Urlaubsentgelt gezahlt, liegt ebenfalls Phantomlohn vor, welcher auch hier wieder schlimmstenfalls zur Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze bei Minijobbern führen kann.

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3) Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Für die Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist auf die regelmäßige Arbeitszeit und die dafür gezahlte Vergütung abzustellen – und zwar inklusive der Zuschläge für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit sowie Prämien, Provisionen und Sachbezüge. Überstundenvergütungen inklusive Zuschläge werden nicht berücksichtigt.

Die regelmäßige Arbeitszeit bemisst sich bei schwankenden Arbeitszeiten nach einem Durchschnitt der in den letzten 12 Monaten geleisteten Arbeitszeit (sogenanntes Lohnausfallprinzip). Bleibt nun die tatsächlich gezahlte Vergütung an den kranken Arbeitnehmer hinter der zwingend geschuldeten Entgeltfortzahlung zurück, liegt gleichfalls Phantomlohn in der Sozialversicherung vor.

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Für die Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist die regelmäßige Arbeitszeit und die gezahlte Vergütung zu beachten von Pixabay.com
Symbolfoto Für die Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist die regelmäßige Arbeitszeit und die gezahlte Vergütung zu beachten © Pixabay.com

4) Entgeltfortzahlung bei Beschäftigungsverboten

Für die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes während eines Beschäftigungsverbotes einer werdenden Mutter ist der Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen oder der letzten drei Monate vor Beginn des Monats, in dem die Schwangerschaft eingetreten ist, weiter zu gewähren.

Bei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während oder nach Ablauf des Berechnungszeitraums eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen. Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleiben für die Berechnung des Durchschnittsverdienstes außer Betracht und haben keine negativen Auswirkungen. Zu berücksichtigen sind dauerhafte Verdienstkürzungen, die während oder nach Ablauf des Berechnungszeitraums eintreten und nicht auf einem mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbot beruhen.

Werden die Regelungen für die Berechnung nicht eingehalten und der Mitarbeiterin wurde während des Beschäftigungsverbotes ein geringeres Entgelt gezahlt als geschuldet, liegt auch hier wieder Phantomlohn für die Sozialversicherungsträger vor.

5) Pauschalierte Zuschläge

Bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheits- und Urlaubsfall sind regelmäßig gezahlte steuerfreie Zuschläge wie Sonn-, Feiertags- oder Nachtzuschläge zu berücksichtigen. Hierbei ist zu beachten, dass diese Vergütungsbestandteile dann nicht steuer- und sozialversicherungsfrei gezahlt werden können. Die Steuer- und Beitragsfreiheit der Zuschläge gilt nur bei tatsächlich geleisteten Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeitsstunden.

Da während der Entgeltfortzahlung und des bezahlten Urlaubs keine tatsächliche Arbeitsleistung erfolgt, entfällt somit auch die Steuer- und Beitragsfreiheit und in der Sozialversicherung kommt es wieder zum Phantomlohnproblem.

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Weitere Ursachen für die Phantomlohnfalle

Es gibt noch ein paar weitere (häufige) Gründe, die den Betriebsprüfer frohlocken lassen und das Lohnbüro mit saftigen Nachzahlungen konfrontiert.

Übersicht der Anspruchsgrundlagen des Arbeitsentgelts für Arbeitnehmer:

  • gesetzliche Ansprüche nach dem Mindest­lohn­­­ge­setz
  • Leistungen nach dem Arbeitnehmerentsend­ungs­­gesetz (Branchenmindestlohn)
  • Allgemeinverbindliche Tarifverträge
  • bei tarifgebundenen Tarifverträge
  • Betriebsvereinbarungen
  • Arbeitsverträgen
  • Aufzeichnungen nach dem Nachweisgesetz
  • Leistungen aufgrund betrieblicher Übung (Weihnachtsgeld, Jahresleistungsprämien)
  • Ansprüche nach dem Entgeltfortzahlungs­ge­setz
  • Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz
  • Ansprüche aus rechtskräftigen Urteilen

Betriebsprüfung: Phantomlohn entpuppt sich immer wieder als Falle

Immer wieder tappen Betriebe bei einer Betriebsprüfung in die berüchtigte Phantomlohnfalle. Die Folge ist in aller Regel eine saftige Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen. Wie lässt sich dieses Problem lösen?

Um sich und Ihre Mitarbeiter vor diesen Konsequenzen zu schützen, sollten Sie immer einen Arbeitsvertrag oder zumindest eine Niederschrift über die vertraglichen Vereinbarungen (vergleiche Nachweisgesetz) anfertigen. In dieser Niederschrift müssen die wöchentliche und tägliche Arbeitszeit enthalten sein.

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Auch gesetzlich verpflichtende Stundenaufzeichnungen – wie die für Minijobber nach dem Mindestlohngesetz – schützen allein nicht vor der Phantomlohnproblematik. Sie können trotz ordentlicher Aufzeichnungen verworfen und ein Phantomlohn errechnet werden.

Mit einer ordnungsgemäßen vertraglichen Vereinbarung vermeiden Sie nicht nur Phantomlohnprobleme in der Sozialversicherung, sondern erleichtern auch Ihnen selbst, Ihrem Personaler und Entgeltabrechner in arbeits-, sozialversicherungs- und lohnsteuerlichen Fallstricken die Arbeit.

Prüfen Sie daher regelmäßig Ihre Lohnabrechnungen, damit Sie nicht auch bei der nächsten Betriebsprüfung nachzahlen müssen.

Folgen des Phantomlohns in der Betriebsprüfung

Die Folgen in einer Betriebsprüfung sind in aller Regel beträchtlich. Denn die Beiträge zur Sozialversicherung müssen natürlich vom Betrieb nachgezahlt werden. Das kann im schlimmsten Fall eine hohe Nachzahlung nach sich ziehen.

Daneben besteht auch noch das Risiko, dass die Arbeitnehmer die nicht gezahlten Entgeltbestandteile einfordern, es also zu einer Nachzahlung des (nicht entrichteten) Arbeitsentgelts kommt. Sofern das Entgelt nachgezahlt wird, ist diese Nachzahlung natürlich auch lohnsteuerpflichtig.

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Folgen einer Nichtvergütung des Phantomlohns

Die Deutsche Rentenversicherung darf aus einem Phantomlohn Sozialversicherungsbeiträge für vier Jahre nachfordern (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Ebenfalls fallen für geschuldete Sozialversicherungsbeiträge Säumniszuschläge an.

In den letzten Jahren und auch zukünftig rückt die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen auf den Fiktivlohn bzw. Phantomlohn verstärkt in den Vordergrund.

Unternehmen in denen Zuschläge auf Grund von Sonn-, Feiertag- oder Nachtarbeit anfallen (wie z.B. Hotels, Tankstellen, Gaststätten, Taxiunternehmen etc.), sind daher häufiger betroffen.

Bitte sprechen Sie uns an, wenn diese Themen bei Ihnen relevant sind.

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