Enorme Herausforderungen für kinderärztliche Versorgung im Kreis Olpe

Hilferuf aus Olpe


  • Kreis Olpe, 21.03.2024
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Kreis Olpe. Die kinderärztliche Versorgung im Kreis Olpe steht vor einer bedrohlichen Situation, die Eltern mit Kindern besorgt zurücklässt. So ist die Gemeinschaftspraxis in Olpe mit vier Kinderärzten längst an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt. Ein dringender Appell richtet sich an die Behörden und Gesundheitseinrichtungen, um Maßnahmen zur Bewältigung dieser prekären Lage einzuleiten.


In einem Schreiben warnte die Olper Praxis jetzt vor den Engpässen, die es schon jetzt gibt und die noch schlimmer werden dürften. Bereits jetzt sei die Kapazitätsgrenze erreicht. Die Schließung einer Kinderarztpraxis in Schmallenberg droht die Situation im heimischen Raum noch zu verschärfen.

Es wird prognostiziert, dass ab dem Sommer mindestens zwei Kinderärzte im Kreis Olpe fehlen werden. Dann ist die dringend benötigte medizinische Versorgung junger Patienten gefährdet. Es bestehe, so die Olper Kinderärzte, zudem die Gefahr, dass nicht alle Neugeborenen angemessen betreut werden könnten.

Hohe Praxisauslastung

In seltenen Fällen kann es sogar vorkommen, dass bereits bestehende Termine möglicherweise abgesagt werden müssen, um Raum für dringendere Fälle zu schaffen. Die Praxis achtet jedoch darauf, dass es Termine sind, die einen großen zeitlichen Spielraum haben (etwa U10, U11 oder J1). „Wir fragen in diesem Zusammenhang aber immer, ob es aktuell eine Problematik gibt, die wir zeitnah besprechen müssen“, erklärt Füllenbach.

Joachim Füllenbach ist Arzt in der Kinder- und Jugendpraxis in Olpe. von privat
Joachim Füllenbach ist Arzt in der Kinder- und Jugendpraxis in Olpe. © privat

„Wir sind immer ausgelastet. Das ist seit Jahren nichts neues. Es gibt natürlich auch Tage, die ruhiger sind. Wir planen im Vorfeld immer, wie viele Akutpatienten kommen“, so Kinderarzt Joachim Füllenbach im Gespräch mit LokalPlus. Man kalkuliere Untersuchungen bereits sehr knapp. Oft müssten er uns seine Kollegen die Pausen durcharbeiten, um das hohe Pensum abzufangen. Die Öffnungszeiten auszuweiten sei keine Option.

Ende Juni beende Dr. Dietmar Seidel seine Tätigkeit in Bad Fredeburg. Zwar sei Schmallenberg laut Füllenbach nicht das direkte Einzugsgebiet; Lennestadt aber durchaus. Einige Lennestädter Kinder würden aktuell noch von Seidel betreut.

Priorität für Kreisstadtkinder

„Es haben schon einige Patienten von ihm angefragt. Es wird kaum möglich sein, die noch aufzunehmen. Gerade bei älteren Kindern wird das schwierig“, erklärt der Kinderarzt. Die Praxis in der Kreisstadt bemüht sich, zumindest Kindern aus Olpe sowie Geschwisterkindern eine kinderärztliche Versorgung zu garantieren.

Füllenbach hat kurzfristig keine Idee, wie man die Problematik lösen könnte. „Die Landarztquote ist beispielsweise ein langwieriger Prozess. Bis das durchschlägt, dauert es noch mindestens sechs Jahre. Die ersten werden zwar jetzt mit dem Studium fertig, brauchen aber dann eine fünfjährige Facharztausbildung.“

Kinderheilkunde, ein einst von Männern dominierter Beruf, werde heute zu 80 Prozent von Frauen ausgeführt. „Die stehen aber durch Familiengründung und Co. nicht so zur Verfügung und machen sich seltener selbstständig.“ Das verschärfe die Problematik in der Medizin.

Keine Entspannung in Sicht

Besonders schwierig sei die Versorgung im Bereich Finnentrop, Attendorn und Drolshagen. In den vergangenen Jahren seien zahlreiche Praxen weggefallen und keine ersetzt worden. Dr. Krumbach habe seine Praxis in Olpe geschlossen, in Attendorn hätten zwei Kinderärzte aufgehört und ihre Praxis werde von einer Ärztin fortgeführt. Auch in Lennestadt habe man lange vergebens nach einem Ersatz für Dr. Thomas Denzer (†) gesucht. „Jetzt fällt mit Dr. Seidel der nächste weg“, so Füllenbach.

Gerade bei kleineren Kindern sei die Versorgung beim Haus- statt beim Kinderarzt schwierig. Zudem gebe es auch bei Hausärzten Praxenschließungen und zu wenig Berufsnachwuchs. Füllenbach sieht aktuell nicht, dass sich das in Zukunft großartig entspannen könnte.

Beschimpfungen bringen nichts

Teilweise seien die Eltern sauer. „Gerade, wenn welche sehen, dass jemand einen Platz bekommen hat. Die haben dann einfach Glück gehabt. Wir wollen ja niemanden ausschließen. Es ist ja auch im eigenen Interesse, die Praxis voll zu haben“, sagt der Kinderarzt. Bei allem Verständnis müssten ausfallende oder beleidigende Aussagen von Eltern am Telefon jedoch nicht sein.

Die schlechte kinderärztliche Versorgung ist für Joachim Füllenbach ein gewisser Standortnachteil etwa in Lennestadt oder Finnentrop. „Wie will man hier Familien binden, wenn die Versorgung nicht gewährleistet ist?“, fragt er.

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