Finanziell am Ende: Kommunen schlagen Alarm im Kreistag

Erstmals Anhörung der Bürgermeister


  • Kreis Olpe, 19.03.2024
  • Politik
  • Von Wolfgang Schneider
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Die heimischen Bürgermeister während der Anhörung im Kreistag (von links): Ulrich Berghof, Christian Pospischil, Achim Henkel, Björn Jarosz, Tobias Puspas, Peter Weber und Bernd Clemens. von Wolfgang Schneider
Die heimischen Bürgermeister während der Anhörung im Kreistag (von links): Ulrich Berghof, Christian Pospischil, Achim Henkel, Björn Jarosz, Tobias Puspas, Peter Weber und Bernd Clemens. © Wolfgang Schneider

Kreis Olpe. Es war eine Premiere in der Kreistagssitzung am Montag, 18. März: Alle Bürgermeister der sieben Städte und Gemeinde saßen mit im Sitzungssaal und machten erstmals von ihrem Recht auf Anhörung zum Kreishaushalt Gebrauch. Die Kommunen fühlen sich erdrückt von der stark ansteigenden Kreisumlage. Drolshagens Bürgermeister Ulrich Berghof sprach im Namen seiner Amtskollegen fast eine halbe Stunde lang Tacheles.


Die Kreistagsmitglieder hörten zu, verabschiedeten aber später mehrheitlich den Haushalt in der vorliegenden Form – mit zwei Änderungen: Auf Antrag der CDU wurde beschlossen, dass der Kreis in diesem Jahr eine Million Euro einsparen soll – wo genau, wurde nicht festgelegt. Die Union versprach, keinen zusätzlichen Stellen mehr zuzustimmen, die im Laufe eines Jahres eingerichtet werden sollen.

Steuern werden steigen

Bürgermeister Berghof machte in der Anhörung deutlich, wo der Schuh mächtig drückt: „Unsere Appelle zur Überstrapazierung der Städte und Gemeinden prallten an allen Fraktionen hier ab und verhallten fruchtlos. Vor dem Hintergrund unserer Erfahrungen sehen wir keine andere Möglichkeit mehr, bei Ihnen durchzudringen.“

Die Schmerzgrenze sei bereits überschritten, so Berghof: „Gegen die Kreisumlage kann kaum noch angespart werden. Folge wird sein, dass Steuern in den nächsten Jahren massiv ansteigen werden. Diejenigen, die es bezahlen müssen, sind die hier ansässigen Unternehmen und Bürger.“

„Beim Kreis ist noch heile Welt“

Berghofs Vorwurf an die Kreispolitiker: „Den Druck, den wir in zunehmend schlechteren finanziellen Zeiten spüren, bekommen Sie als Kreistag keinesfalls in dem Ausmaß mit, in dem er uns trifft. Hier ist scheinbar finanziell noch heile Welt. Anstatt den Kommunen zu helfen, verwenden Sie Geld, um zumindest in Teilbereichen nicht wirksame Wohltaten zu verteilen.“ Die Forderung Berghofs: „Suchen Sie nach Lösungen, die sowohl den Bedürfnissen des Kreises als auch denen der Städte und Gemeinden gerecht werden.“

Landrat Theo Melcher verwies darauf, dass dem Kreis von oben Aufgaben zugewiesen würden, aber nicht für eine ausreichende Finanzierung gesorgt werde. „Bund und Land ducken sich aus Angst vor Wahlen weg und die Kommunen lechzen unter der Last und müssen die Kosten übernehmen.“

„Der Ton macht die Musik“

CDU-Fraktionschef Wolfgang Hesse sagte: „Wir nehmen die Kritik der Bürgermeister ernst und an. Die Kritik ist aber etwas ungehörig, denn wir alle arbeiten für die Bürger.“ Fred-Josef Hansen (Grüne) fand: „Im Kreishaus ist nie Geld mit vollen Händen aus dem Fenster geworfen worden. Wir erkennen aber die Bitte der Kommunen an, nicht über Gebühr belastet zu werden.“

Bernd Banschkus (SPD) gab sich dagegen etwas angefressen und sagte in Richtung der Bürgermeister: „Auch wenn es ihr Wunsch ist, dass ihre Sorgen und Nöte von uns ernster genommen werden, erreichen sie dies mit ihrer Stellungnahme nicht. Der Ton macht auch ein Stück weit die Musik.“

„Müssen Haushalt konsolidieren“

Meinolf Schmidt (UWG) konnte die Kritik der Kommunen nachvollziehen und fand: „Wir müssen nach Einsparmöglichkeiten suchen und den Haushalt stärker konsolidieren.“ Als Beispiele nannte er den Verzicht auf Stellenerweiterungen, mehr Digitalisierung und die Doppelförderung von Sport und Kultur.

„Die Bürgermeister haben sich im Ton vergriffen“, kritisierte Claudia Berling (FDP). Sie regte eine kommunale Neuordnung an: „Brauchen wir sieben Kommunen mit sieben Bürgermeistern, Rathäusern und Räten?“ Angesichts weiter steigender Kosten werde man sich „von vielem trennen müssen, was uns lieb und teuer ist“.

Grünen-Antrag scheiterte

Der CDU-Antrag, eine Million Euro pauschal einzusparen, sei Schaufensterpolitik, da dieser Betrag nur 0,3 Prozent des 320-Millionen-Kreisetats ausmache, so Grünen-Chef Hansen. Er beantragte, im Haushalt pauschal 1,5 Prozent (entspricht ca. 4,8 Millionen Euro) einzusparen, was jedoch von allen anderen Fraktionen abgelehnt wurde.

Der Kreishaushalt wurde am Ende mit den Stimmen von CDU, UWG, FDP und dem Vertreter der Linken beschlossen. SPD, Grüne und AfD votierten dagegen.

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