„Finanziell überfordert“: Eindringlicher Hilferuf von sieben Bürgermeistern

Kreisumlage auf Rekord-Niveau – Kritik an Landrat und Kreistag


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Woher nehmen? Die Kreisumlage ist auch jetzt wieder auf Rekord-Niveau gestiegen. Die Leidtragenden sind die Kommunen und ihre Bürger. von Pixabay.com
Woher nehmen? Die Kreisumlage ist auch jetzt wieder auf Rekord-Niveau gestiegen. Die Leidtragenden sind die Kommunen und ihre Bürger. © Pixabay.com

Kreis Olpe. Verzweiflung und Ratlosigkeit zeigen sich in der Stellungnahme aller sieben Bürgermeister im Kreis Olpe, mit der sie sich an Landrat Theo Melcher und den Kreistag wenden. Von finanzieller Überforderung und einem Schreckensszenario ist die Rede. Die Zahlen, die diesen Ängsten zu Grunde liegen, sprechen für sich: Die Gesamtumlage-Belastung steigt um rund 26,6 Millionen Euro auf sage und schreibe 174,8 Millionen Euro – eine Erhöhung von fast 20 Prozent.


Es ist nicht die erste Stellungnahme, die die Bürgermeister als Hilferuf aus ihren Kommunen an den Landrat schicken. In diesem Jahr gehen sie noch einen Schritt weiter und nehmen erstmals die Gelegenheit wahr, sich im Rahmen einer Anhörung in der Kreistagssitzung am 18. März zu äußern.

„Wir erhoffen uns damit, dass die Entscheidungsträger im Kreis Olpe unsere Sorgen und Nöte ernster nehmen und sich ihrer Verantwortung gegenüber ihren Kommunen und den Menschen deutlicher annehmen“, schreibt Drolshagens Bürgermeister Uli Berghof im Namen seiner Amtskollegen.

Einnahmen sinken, Aufwendungen steigen

Während gute konjunkturelle Jahre hinter den Kommunen lägen, zeige sich jetzt aufgrund zahlreicher negativer Entwicklungen – Energiekrise, Inflation, Flucht, Unterfinanzierung, Fachkräftemangel – ein völlig verändertes Lagebild. Die Folge: Die Einnahmen sinken, die Aufwendungen steigen. Das Tüpfelchen auf dem berühmten i: die auf Rekord-Niveau gestiegene Kreisumlage.

Die begründet der Landrat wie folgt: Die Umlage resultiere aus steigenden Personal- und Sozialaufwendungen, verminderten Schlüsselzuweisungen, einer gestiegenen Landschaftsverbands-Umlage sowie erhöhten Kosten für den ÖPNV.

„Wir vermissen ein ernstzunehmendes Bemühen“

Auch wenn einige Kostensteigerungen nicht beeinflussbar seien, so kritisieren die Bürgermeister ausdrücklich: „Wir vermissen ein ernstzunehmendes Bemühen von Kreistag und Landrat, die Gesamtumlage mit entschlossenen, eigenen Anstrengungen zumindest in ihrer Höhe zu begrenzen.“ Möglichkeiten dazu seien eine Verschlankung der Organisationsstruktur, Effizienzsteigerungen und die Identifizierung von Einsparpotenzialen.

Ganz anders, so sind sich die sieben Bürgermeister einig, sehe das in den Nachbarkreisen aus: Dort stehe die Kreisumlage-Entlastung absolut im Fokus. So sei im HSK der Personal- und Sachaufwand gekürzt worden, im Märkischen Kreis konnte die Umlage um rund 20 Millionen Euro gesenkt werden und in Siegen-Wittgenstein habe der Landrat ein 15-Millionen-Euro-Entlastungspaket für die Kommunen vorgeschlagen.

Gewaltige Belastungen sind nicht länger zu schultern

Anders im Kreis Olpe: Hier nehme man, so schreiben die Bürgermeister, „lediglich die seit Jahren gelebte fatalistische Sichtweise wahr, dass man an den jährlichen exorbitanten Umlagesteigerungen ohnehin nichts Grundsätzliches ändern kann.“ Aber: „Es kann und darf nicht die Lösung sein, sich dem vermeintlich unveränderbaren Schicksal hinzugeben.“

Eindringlich warnen die ersten Bürger im Kreis Olpe, dass die Kommunen nicht länger in der Lage seien, die gewaltigen Belastungen weiter zu schultern. Schon jetzt habe man Leistungen gekürzt und Steuern erhöht – jetzt erwarte man auch vom Kreis derartige Maßnahmen.

19 neue Vollzeitstellen in 2023

Vor allem bei den Personalaufwendungen, die herbe Kritik ernten: „In den letzten zehn Jahren hat der Kreis Olpe 148 (!) zusätzliche Stellen (vollzeitverrechnet) geschaffen und damit den Stellenplan um fast ein Drittel ausgeweitet!“ Allein 2023 habe der Kreis eine Erweiterung des Stellenplans um 19 (!) Vollzeitstellen vorgenommen.

Absolutes Unverständnis erntet daher eine jüngst getroffene Entscheidung des Kreises: Umschreibungen der aufgrund der Hackerattacke in Gummersbach angemeldeten Fahrzeuge auf „OE“ können gebührenfrei gestellt werden – damit werde auf fast 100.000 Euro verzichtet.

Letztlich zahlt der Bürger

Das Dramatische: Die finanzielle Belastung der Kommunen, so die Bürgermeister, werde sich noch verschärfen, denn bis zum Jahr 2027 soll die Kreisumlage weiter steigen. Das sei dann nur noch durch weitere Leistungskürzungen und Steuererhöhungen zu stemmen, träfe also unmittelbar die Bürger im Kreis Olpe.

Die Bürgermeister im Kreis Olpe:
  • Christian Pospischil, Stadt Attendorn
  • Ulrich Berghof, Stadt Drolshagen
  • Achim Henkel, Gemeinde Finnentrop
  • Björn Jarosz, Gemeinde Kirchhundem
  • Tobias Puspas, Stadt Lennestadt
  • Peter Weber, Stadt Olpe
  • Bernd Clemens, Gemeinde Wenden
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