Mehr Plätze und weniger Bewerber - ernüchternde Lehrstellenbilanz

Fachkräftemangel kann sich verschärfen


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Auszubildende zum Schreiner (Symbolfoto). von LP
Auszubildende zum Schreiner (Symbolfoto). © LP

Kreis Olpe/Siegen. 1.899 neue Lehrverträge haben die IHK-zugehörigen Unternehmen im vergangenen Jahr in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe abgeschlossen. Das bedeutet einen Rückgang von 1,8 Prozent gegenüber dem Jahr 2021. „Viele Unternehmen haben mehr Plätze angeboten als zuvor, doch die Anzahl der Bewerber ist gesunken. Das Ergebnis ist ernüchternd.“


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Mit diesen Worten bilanziert IHK-Geschäftsführerin Sabine Bechheim die aktuelle Lehrstellenlage. Der demografische Wandel und das veränderte Bildungsverhalten der Jugendlichen schlügen voll ins Kontor. Dazu komme ein veränderter Anspruch der Jugend an Lebens- und Arbeitsmodelle. Das werde auf Dauer den regionalen Fachkräftemangel weiter verschärfen, insbesondere in den Branchen, die bereits jetzt darunter zu leiden haben.

Schulschließungen wirken nach

Obwohl die Ausbildungs- und Berufsmessen in der Region kurz nach dem Lockdown relativ gut besucht waren, absolvierte der jetzige Bewerberjahrgang erheblich weniger praktische Berufsorientierung als frühere. Die Schulschließungen der Corona-Jahre wirken sich hier immer noch voll aus. So konnten etliche Jugendliche nicht den Überblick über bedarfsgerechte Berufsmöglichkeiten gewinnen.

Die IHK will daher in diesem Jahr ihr Marketing für die Ausbildung in Industrie, Handel und Dienstleistungen verstärken. „Wir stellen die Ausbildungsmessen als Instrument der Berufsorientierung derzeit neu auf. An der konzeptionellen Überarbeitung beteiligen sich etliche Unternehmen. Das zeigt, wie hoch das Interesse der Ausbildungsbetriebe an einer kontinuierlichen Nachwuchssicherung ist“, verdeutlicht Sabine Bechheim, die zugleich Wert darauf legt, dass die Schulen aktiv einbezogen werden.

IHK-Geschäftsführerin Sabine Bechheim. von Carsten Schmale
IHK-Geschäftsführerin Sabine Bechheim. © Carsten Schmale

So fanden kürzlich Austauschtreffen zwischen den Studien- und Berufswahllehrkräften sowie Ausbilderinnen und Ausbildern statt, um die Bedarfe und Angebote abzugleichen. Darüber hinaus werden Unterrichtsmaterialien und aktuelle Informationen regelmäßig an die Schulen gegeben.

Neue Wege werde die IHK auch bei der Ansprache der Eltern von zukünftigen Schulabsolventen gehen, denn es sei klar, dass diese eine entscheidende Rolle bei der Berufswahl hätten. Sabine Bechheim: „Es geht darum, die Schüler und ihre Familien von den Chancen zu überzeugen, die in der betrieblichen Ausbildung liegen. Gelingt dies nicht, wird sich der Rückgang auch auf die Bildungsinfrastruktur auswirken, denn weniger Auszubildende bedeuten zugleich weniger Schüler an den Berufskollegs. Deshalb ist es wichtig, den Schritt weg von den fixen Klassenfrequenzstärken hin zu mehr digitalem und flexiblem Unterricht zu gehen.“

Auch für die überbetrieblichen Lehrwerkstätten müssten Lösungen gefunden werden, um sie für den Fall zu sichern, dass die Ausbildungszahlen weiter sinken.

Kreis Olpe steht noch besser da

Im Kreis Olpe wurde das Vorjahresergebnis von 643 Ausbildungsverträgen egalisiert. Im Kreis Siegen-Wittgenstein betrug der Rückgang 2,7 Prozent, hier wurden 1.256 Verträge neu eingetragen. Während im Kreis Olpe in den industriellen Metall- und Elektroberufen ein Zuwachs von 2,3 Prozent verzeichnet wurde, gab es in Siegen-Wittgenstein in diesem Bereich einen erheblichen Rückgang um 5,6 Prozent.

Das größte Plus gab es bei den Elektroberufen im Kreis Olpe, wo 36 Prozent mehr Verträge geschlossen werden konnten. Im Kreis Siegen-Wittgenstein verzeichneten die Industriekaufleute einen Zuwachs von 17 Prozent. Dagegen wurden im Kreis Olpe 30 Ptozent weniger Auszubildende mit dem Beruf „Kaufleute für Büromanagement“ eingetragen, im Kreis Siegen-Wittgenstein ist der „Spitzenreiter“ bei den Rückgängen der Beruf der Kaufleute für Spedition und Logistikdienstleistungen (- 26 %).

Minus in Olpe, Plus in Drolshagen

Auch bezogen auf die einzelnen Kommunen gibt es erhebliche Unterschiede. Während in der Stadt Olpe 13 Prozent weniger Verträge abgeschlossen wurden, stieg die Anzahl in Wenden um 40 und in Drolshagen sogar um 43 Prozent.

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