Netzwerk gegen häusliche Gewalt zieht Bilanz

Die Realität hinter geschlossenen Türen


  • Kreis Olpe, 13.04.2024
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  • Von Sigrid Mynar
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Netzwerk gegen häusliche Gewalt: Daniel Schulte, Sabine Nosiadek, Sylvia Rath, Anette Pfeifer, Simone Klewes und Michael Meinerzhagen (v.l.). von Sigrid Mynar
Netzwerk gegen häusliche Gewalt: Daniel Schulte, Sabine Nosiadek, Sylvia Rath, Anette Pfeifer, Simone Klewes und Michael Meinerzhagen (v.l.). © Sigrid Mynar

Kreis Olpe. Einen Überblick über die Entwicklungen im Jahr 2023 im Kreis Olpe zu physischer, psychischer oder sexueller Gewalt innerhalb von Familien oder Partnerschaften hat das „Netzwerk gegen häusliche Gewalt“ am Freitag, 12. April, gegeben.


Zwar sei die Anzahl der erfassten Gewalttaten gegenüber dem Vorjahr leicht gesunken, „dies bedeutet aber nicht, dass wir auf der Insel der Glückseeligen leben“, sagte Sabine Nosiadek, die als Gleichstellungsbeauftragte im Kreis Olpe die Koordinatorin für das Netzwerk ist.

Die Zahl der registrierten Fälle im Zuständigkeitsbereich der Kreispolizeibehörde Olpe ist laut dem Bericht der Opferschutzbeauftragten Simone Klewes und Michael Meinerzhagen seit 2019 mit 143 Fällen auf 276 Fälle in 2023 gestiegen. Das Deliktsfeld stünde daher weiterhin im Fokus der polizeilichen Arbeit.

Wer schlägt, muss gehen!

Von den erfassten Fällen waren 196 Frauen und 82 Männer. Experten im Netzwerk gehen jedoch davon aus, dass die Dunkelziffer noch deutlich höher liegt. Die weitaus meisten Taten (75 Prozent) wurden von erwachsenen Deutschen in Ehen oder eheähnlichen Lebensgemeinschaften verübt.

Michael Meinerzhagen machte deutlich, dass Gewalttäter mit zehntägigem Rückkehrverbot aus der gemeinsamen Wohnung verwiesen werden. Gleichzeitig können die misshandelten Frauen innerhalb weniger Tage ein Annäherungs- und Kontaktverbot erwirken: „Wer schlägt, muss gehen!“

Häusliche Gewalt hat viele Facetten

Auch der Bedarf an Krisenintervention, Beratung, Unterstützung und therapeutischer Begleitung sei weiterhin sehr hoch, berichtete Anette Pfeifer von der Frauenberatungsstelle. Im Jahr 2023 hätten 1.438 persönliche oder telefonische Beratungsgespräche stattgefunden. Weitere 295 per Chat oder Mail.

Rund 90 Prozent der Ratsuchenden seien von häuslicher Gewalt betroffen. Die Problematik umfasse auch ökonomische, digitale und soziale Gewalt in allen Facetten. Die Nachfrage von traumatisierten und psychisch erkrankten Frauen in der Wartezeit auf einen Therapieplatz sei ebenfalls hoch.

Gewaltberatung ist auch Männersache

Auch Daniel Schulte von der Männerberatungsstelle „Echte Männer reden“ des Kath. Sozialdienstes im Kreis Olpe zog Bilanz. Er berichtete von 185 persönlichen Gesprächen mit 50 Männern aller sozialen Schichten, die die Beratung in Anspruch nahmen. Die meisten suchten das Gespräch in Lebenskrisen, neun Prozent waren ratsuchende Täter häuslicher Gewalt, ebenfalls neun Prozent waren Betroffene.

Frauenhaus: Kapazitäten sind oft erschöpft

Der Bedarf an Schutz und Begleitung schlägt sich auch in den Zahlen nieder, die Sylvia Rath vom Frauenhaus vorlegte. Der Aufnahmegrund für die 39 Frauen und 31 Kinder im vergangenen Jahr läge zu 88 Prozent bei der Misshandlung von Ehemännern oder Partnern. Sylvia Rath verwies auf die Schwierigkeit für die Frauen und Kinder, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Daher läge die Verweildauer im Frauenhaus von 16 Prozent der Betroffenen bei einem Jahr und länger. Zahlreiche Schutzsuchende mussten wegen Überbelegung abgewiesen werden.

Hilfs- und Beratungsangebote für Betroffene:

Frauenberatungsstelle Olpe, Tel. 02761/ 1722

„Echte Männer reden“ Olpe, Tel. 02761/ 8368-1623

Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“, Tel. 116 016

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