„Standards zum Kinderschutz nicht in Gänze eingehalten“

Eingesperrtes Mädchen Thema im Landtag


Topnews
 von LP
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Düsseldorf. Um das Schicksal des heute achtjährigen Mädchens aus Attendorn, das fast sieben Jahre von seiner Mutter und deren Eltern in einem Wohnhaus eingesperrt worden war, ging es am Donnerstag, 17. November, in der Sitzung des Ausschusses für Familie, Kinder und Jugend des NRW-Landtages in Düsseldorf. Familienministerin Josefine Paul hatte dem Ausschuss einen schriftlichen Bericht vorgelegt. Darin räumt das Jugendamt des Kreises Olpe Fehler ein.


In dem Bericht heißt es unter anderem, die Behörden seien davon ausgegangen, dass die Mutter mit ihrem Kind im Juni 2015 von Attendorn nach Italien gezogen sei. Die Ministerin wörtlich: „Anonymen Hinweisen, die darauf hindeuteten, dass das Mädchen zusammen mit seiner Mutter bei deren Eltern in Attendorn lebe, sei das Jugendamt mehrfach nachgegangen.

Keine Anhaltspunkte

Sowohl Hausbesuche als auch weitere Recherchen (bei örtlichen Kinderarztpraxen, einer Krankenkasse und der Stelle für Kindergartenbeiträge des Jugendamtes) sollen keine stichhaltigen Beweise ergeben haben, die diesen Verdacht bekräftigten. Daher habe das Jugendamt keine Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung feststellen können. Auch die Polizei in Attendorn habe auf der Grundlage der Sachverhaltsschilderungen keine Anhaltspunkte gesehen, die eine Hausdurchsuchung rechtfertigten.“

Erst nach einem Hinweis im Juli 2021 und einer Anfrage bei der italienischen Zentralbehörde habe sich gezeigt, dass Mutter und Kind nie in Italien gelebt hätten. Das Jugendamt habe nach Abschluss der Gefährdungseinschätzung am 22. September das Familiengericht angerufen. Dieses habe einen Tag später den Eltern u.a. die Gesundheitsfürsorge und das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen Noch am selben Tage sei auf der Grundlage des Gerichtsbeschlusses das Kind mit Unterstützung der Polizei in Obhut genommen worden.

Landesjugendamt soll beraten

Zu möglichen Versäumnissen und Fehlern des Jugendamtes des Kreises Olpe heißt es in dem Bericht der Ministerin: „Aus Sicht des Jugendamtes seien im vorliegenden Fall die fachlichen Verfahrensstandards zum Kinderschutz nicht in Gänze eingehalten worden. Diesbezüglich ist das angekündigte Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen das Jugendamt des Kreises Olpe abzuwarten.

Das Jugendamt beabsichtigt, das Landesjugendamt zur Überprüfung der organisatorischen Strukturen um Beratung zu bitten. Auch werde innerhalb des Jugendamtes daran gearbeitet, die internen Verfahrensstandards weiter zu verbessern, unter anderem dahingehend, dass jeder Hinweis auf eine Kindeswohlgefährdung dem Vier-Augen-Prinzip unterliege.“

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