Unterdrückung getarnt als Liebe: Wie Bella ihren Weg in die Freiheit fand

Tabu-Thema häusliche Gewalt


  • Kreis Olpe, 21.03.2024
  • Verschiedenes
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 von STUDIO GRAND WEB, Adobe Stock, Grafik: Ralph Schneider
© STUDIO GRAND WEB, Adobe Stock, Grafik: Ralph Schneider

Kreis Olpe. „Ich schaffe das nicht mehr allein.“ Bis sie sich das eingestehen konnte, hat Bella viele Jahre gekämpft. Immer gewartet, dass es besser wird. Dem Mann, der ihr Gewalt zufügte, immer wieder eine Chance gegeben, und schließlich, als sie sich von ihm lösen konnte, alleine weitergemacht. Es war eine dunkle Zeit. Dann wurde es wirklich besser. Bella hat sich Hilfe geholt – und ermutigt von häuslicher Gewalt betroffene Frauen, denselben Schritt zu gehen.


Hals über Kopf verliebt. So fängt es damals auch bei Bella und ihrem Ex-Partner an. Für ihn hätte sie alles stehen und liegen gelassen, erzählt die 28-Jährige aus dem Kreis Olpe. Erzählt von einer anderen Bella als der, die heute am Tisch in der Frauenberatungsstelle Olpe sitzt.

Die Verbote schleichen sich leise an, zuerst getarnt als kritische Nachfragen und unterschwelliger Druck. Meinst du wirklich, du müsstest, solltest, könntest…? Freunde und Familie habe ihr Ex-Partner schlechtgeredet, erinnert sich Bella. „Doch er war auch immer für mich da. Ich habe ihm erzählt, was mich bedrückt.“ Auch wenn ihre Sorgen im Nachhinein als eigenes Versagen abgetan wurden. Selbst schuld.

„Ein schleichender Prozess“

Was manchen nicht bewusst ist: Auch das ist Gewalt. Soziale Gewalt. „Andere Kontakte werden abgewertet mit dem Ziel, das Opfer abzukapseln“, erklärt Anette Pfeifer von der Frauenberatungsstelle. Frauen fühlten sich dadurch immer schwächer und isolierter. „Psychische Gewalt ist oft ein schleichender Prozess.“

Über all das sieht Bella zunächst hinweg. Dann wird sie schwanger. Während ihrer Schwangerschaft verliert ihr Ex-Partner nach einer alltäglichen Meinungsverschiedenheit wieder die Beherrschung – und fügt ihr zum ersten Mal starke körperliche Schmerzen zu.

Symbolfoto. von pixabay.com
Symbolfoto. © pixabay.com

Ein Schock. „Ich hätte nicht gedacht, dass er mich jemals misshandeln würde“, erzählt Bella. „Ich dachte, vielleicht hatte er einen schlechten Tag oder es ist ein Ausrutscher. Schließlich war es auch für ihn eine anstrengende Zeit.“

Die andere Seite

Es folgen weitere körperliche Übergriffe, massive Schmerzen. Die Auslöser sind banal, unvorhersehbar. Immer wieder entschuldigt Bella ihren Ex-Freund vor sich selbst. Warum? Vielleicht sei es ihr Ideal von Familie gewesen, glaubt Bella: „Vater, Mutter, Kind.“ Vielleicht auch die Hoffnung, dass er sich ändern könne, sie ihn ändern könne.

Schließlich gibt es auch die gute, liebevolle Seite, von der er sich bei allen anderen zeigt. Geschenke und Rechtfertigungen. Von der Gewalt hätten ihre Eltern nichts gewusst, Ärzten habe sie andere Ursachen für ihre Verletzungen genannt, erzählt Bella. „Die Scham ist oft groß“, weiß auch Anette Pfeifer.

Als die Tochter mit Komplikationen zur Welt kommt, erfährt Bella kaum Unterstützung. Das Baby ist für den Vater eine Nebensache. Eines Tages muss Bella ihr Kind vor der groben Gewalt des Vaters retten. Sie hat Angst um ihr Leben und das Leben ihrer Tochter. Diesmal zieht sie einen endgültigen Schlussstrich.

Stärker werden

Einige Jahre vergehen, bis sich Bella an die Frauenberatungsstelle Olpe wendet. Mit all dem, was sie erlebt hat, ist es für sie schwierig, neue Beziehungen einzugehen. Zu überwältigend seien die Erinnerungen und die psychischen Probleme.

Sie möchte nicht mehr allein kämpfen und sucht sich Hilfe. Beginnt zu reden und zu verarbeiten. Durch die professionelle Unterstützung sei sie ein großes Stück weitergekommen – und stolz darauf. Heute weiß Bella: „Man muss nicht alles alleine schaffen.“ Und sie weiß, was sie will und was nicht.

Symbolfoto. von pixabay.com
Symbolfoto. © pixabay.com

Es gibt viele Frauen wie Bella. Rund 1.400 Einzelgespräche finden im Jahr in der Frauenberatungsstelle Olpe statt, bieten Entlastung und Begleitung in Krisensituationen und zeigen Perspektiven auf. „Frauen und Mädchen können sich mit allen Themen an uns wenden“, betont Anette Pfeifer. Auch, wenn sie sich nicht trennen möchten, räumt Pfeifer mit einem Vorurteil auf. Die Entscheidung liege immer bei der Klientin. Doch das Wichtigste sei, sich frühzeitig Hilfe zu holen. Um dann gemeinsam einen Weg zu finden.

Hinweis

Um die Anonymität der Betroffenen zu wahren, hat die Redaktion wesentliche persönliche Details der Geschichte verfremdet.

Frauen und Mädchen können sich unter Tel. 02761 / 17 22 oder per E-Mail an info@frauenberatungsstelle-olpe.de an die Frauenberatungsstelle Olpe wenden. Weitere Infos gibt es auf der Internetseite.

LP-Serie „Darüber spricht man nicht“:

Montag, 18. März: Drogensucht

Dienstag, 19. März: Depression

Mittwoch, 20. März: Unerfüllter Kinderwunsch

Donnerstag, 21. März: Häusliche Gewalt

Freitag, 22. März: Essstörung

Samstag, 23. März: Wechseljahre

Sonntag, 24. März: Angststörung

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