Vanessas mutige Schritte gegen das stille Leiden des Lipödems

Betroffene berichtet


  • Kreis Olpe, 29.03.2024
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Vanessa Hannen leidet an der Krankheit Lipödem. Mit dem Leben voller Schmerzen und Klischees soll nun Schluss sein. von Nils Dinkel
Vanessa Hannen leidet an der Krankheit Lipödem. Mit dem Leben voller Schmerzen und Klischees soll nun Schluss sein. © Nils Dinkel

Kreis Olpe. Vanessa Hannen (26) ist gesellig, berufstätig und immer gut gelaunt, wenn sie zur Arbeit kommt. Sie arbeitet bei der ontavio GmbH – dem Mutterunternehmen von LokalPlus. Was hinter ihrer Fassade steckt, wissen viele nicht. Sie leidet an der Krankheit Lipödem. Ein Leben voller Schmerzen und Klischees – doch damit soll nun Schluss sein. Denn: Zwei von vier notwendigen Operationen hat sie inzwischen hinter sich gebracht.


Lipödem tritt fast ausschließlich bei Frauen auf. Die Fettzellen – meist in Armen und Beinen – vermehren sich unkontrolliert im Fettgewebe der Unterhaut. Es gibt drei Stadien. Im ersten Stadium weicht das Bindegewebe auf. Im zweiten Stadium treten erste subkutane Knötchen auf. Im dritten Stadium kämpfen die Betroffenen mit Verhärtungen und Fettwülsten.

Nicht nur ästhetisch ist Lipödem für Frauen ein Problem. Die Krankheit bereitet massive Schmerzen. „Ich habe bis vor kurzem mehrmals wöchentlich im Fitnessstudio trainiert. Das ging vor lauter Schmerzen nicht mehr. Da habe ich entschlossen: Ich mache die OP; auch, wenn ich es selbst bezahlen muss.“

Vanessa stößt an ihre Grenzen

Bei Konzerten oder anderen Unternehmungen stieß sie in den vergangenen Monaten immer wieder an ihre Grenzen. „Meine Beine taten so weh“, erklärt sie. „Es war einfach kaum noch auszuhalten! Die Krankheit hat angefangen, mich im alltäglichen Leben massiv einzuschränken“. Durch die OP, die sogenannte „Liposuktion“, erhofft sie sich künftig wieder ein schmerzfreies Leben – auch, wenn der Eingriff keine Garantie hierfür sei.

Denn nur durch eine Liposuktion des krankhaft vermehrten Fettgewebes kann eine Reduktion erfolgen. Diäten und gezielter Sport bekämpfen das Lipödem nicht; gesunde Ernährung und Sport schaden aber prinzipiell nicht.

Risiko Lymphödem

Medizinische Maßnahmen, die zur Linderung beitragen können, sind abhängig vom Stadium. Die Symptome können durch Kompressionsstrümpfe, Lymphdrainage, komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE), alternative Medizin und letztlich operativ behandelt werden. „Wenn man sich mal überlegt, dass jährliche Kosten im fünfstelligen Bereich für die konventionelle Therapie zusammenkommen, ist es mir unerklärlich, wieso die Krankenkassen die Operationen nicht bezahlen“, erzählt Vanessa.

Der erste Liposuktion erfolgte an Vanessas Oberschenkel-Vorderseiten. von privat
Der erste Liposuktion erfolgte an Vanessas Oberschenkel-Vorderseiten. © privat

Erschreckend: Mit der Zeit besteht ein großes Risiko, ein sekundäres Lymphödem zu entwickeln. Hierbei handelt es sich um eine irreparable Schädigung des Lymphsystems.

Zwei bis sieben Stunden lange Operationen

Die Liposuktion ist mit einer Dauer von zwei bis sieben Stunden sehr zeitaufwändig. Die Kosten belaufen sich pro Sitzung auf 6.000 bis 9.000 Euro, die die Krankenkassen meist nicht übernehmen; auch nicht bei Vanessa. Für sie sind insgesamt vier solcher Termine in einer Dortmunder Privatklinik vorgesehen.

Als erstes waren die Oberschenkel-Vorderseiten dran, dann die Rückseiten der Oberschenkel, es folgen noch die Unterschenkel und die Arme. „Ich konnte meinen Alltag kaum noch bewältigen. Es fängt morgens schon an. Beim Haare föhnen habe ich das Gefühl, als würden die Arme gleich abfallen. Das zieht sich durch den ganzen Tag“, so Vanessa. „Man kann es sich von den Schmerzen so vorstellen, als wenn man über einen längeren Zeitraum einen schweren Gegenstand mit gestreckten Armen von sich hält. Dieses Brennen ist Teil meines Alltags geworden.“

Vorurteilen ausgesetzt

„Viele Betroffene sind regelmäßig Vorurteilen ausgesetzt“, berichtet Vanessa. Sie selbst hat einen unterstützenden und verständnisvollen Freundeskreis und erhielt die Diagnose sehr schnell. Das ist nicht immer so: „Manche bekommen die Diagnose Lipödem erst nach mehreren Jahren gestellt.“ Viele Ärzte sind noch nicht sensibilisiert, was das Thema angeht. Schnell wird von „Adipositas“ gesprochen.

Die Kosten für die Eingriffe zahlt Vanessa aus eigener Tasche. von Nils Dinkel
Die Kosten für die Eingriffe zahlt Vanessa aus eigener Tasche. © Nils Dinkel

Wesentliches Unterscheidungskriterium sind die Beschwerden: Adipositas-Patientinnen sind meist schmerzfrei, während Lipödem-Patientinnen eine unregelmäßige Körperfettverteilung vorweisen können, der Rumpf meistens schlank ist, schnell blaue Flecken entstehen und sie starke Druckschmerzen erleiden.

Nach zwei beendeten Eingriffen zeigt sich Vanessa optimistisch, künftig wieder schmerzfrei durchs Leben zu gehen. Die erste Besserungen konnten schon direkt nach der ersten OP verzeichnet werden.

Mehr Infos zum Thema Lipödem finden sich online.

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