Wenn der Ekel vor Essen zum ständigen Begleiter wird

Tabu-Thema Essstörung


  • Kreis Olpe, 22.03.2024
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  • Von Nicole Voss
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 von STUDIO GRAND WEB, Adobe Stock, Grafik: Ralph Schneider
© STUDIO GRAND WEB, Adobe Stock, Grafik: Ralph Schneider

Kreis Olpe. „Ich habe seit Monaten kein Hungergefühl mehr. Wenn ich manche Lebensmittel im Supermarkt sehe, muss ich würgen“ - Jana ist eine junge, bildhübsche Frau. Und leidet unter Essstörungen. Die gesundheitlichen Herausforderungen sieht man ihr nicht an. Jana hat eine positive Ausstrahlung, lacht viel und steht gerne im Mittelpunkt, wie sie selbst verrät. Doch ihr gestörtes Verhältnis zur Nahrungsaufnahme bestimmt ihren kompletten Alltag.


Selbst wenn sich die 27-Jährige etwas kocht, auf das sie vermeintlich Hunger hat, wird sie vom Gefühl des Ekels quasi überrannt. Und wenn sie etwas Ungesundes isst, fühlt sie sich schlecht.

Zusätzlich erschwert wird die Nahrungsaufnahme der Key-Account-Managerin bei der Ontavio GmbH durch ihre Unverträglichkeiten. Sellerie, Äpfel, und Lactose sind aufgrund ihrer Unverträglichkeit komplett vom Speiseplan gestrichen. Ein Teufelskreis, aus dem es so schnell kein Entkommen gibt.

Wenn sich eine Kurve in der App bemerkbar macht, fällt es Jana noch schwerer, zu essen. von Nicole Voss
Wenn sich eine Kurve in der App bemerkbar macht, fällt es Jana noch schwerer, zu essen. © Nicole Voss

Einen zusätzlichen Beitrag zum gestörten Verhältnis zum Essen leistete der damit einhergehende Gewichtsverlust. Freunde, Kollegen und das weitere soziale Umfeld lobten Jana für ihre sichtbare Gewichtsreduktion und beteuerten, wie gut ihr das stehe.

Mit dem Abnehmerfolg kamen also die Komplimente. Wenn die Waage dann etwas mehr anzeigt – und das trifft schon bei ein bis zwei Kilo zu – fällt es ihr richtig schwer, etwas zu essen. Der Gewichtsverlust hat schließlich auch den Vorteil, dass die Klamotten wieder passen.

Mit Abnehmerfolg kamen Komplimente

Es gibt aber auch Freunde, die stutzig werden und den Gewichtsverlust hinterfragen. Die Freunde reagieren. Sie bieten an, mit ihr einzukaufen, zu kochen und gemeinsam zu essen. Klappt nicht immer, aber Jana arbeitet daran.

Ein Problem ist es auch, wenn sie mit Freunden und Familien essen geht und ihr gesagt wird: „Im Essen ist nichts drin“ und es ihr trotzdem schlecht geht und sie Unverträglichkeitssympthome hat. „Oft finde ich auf der Speisekarte auch gar nichts zu essen. Mir wird gesagt, wie anstrengend es ist, mit mir zu essen. Und manche geben mir auch das Gefühl, die Unverträglichkeiten nicht ernst zu nehmen und sie als Modeerscheinung abzutun“, erklärt die 27-Jährige.

Darüber spricht man nicht? Jana sieht das anders - und sprach mit der LokalPlus-Redaktion über das Thema Essstörung. von Nicole Voss
Darüber spricht man nicht? Jana sieht das anders - und sprach mit der LokalPlus-Redaktion über das Thema Essstörung. © Nicole Voss

„Es ist anstrengend, ständig auf das Gewicht fokussiert zu sein“, gibt die Esloherin zu. Wenn sie es selbst gerade nicht merkt, macht die App auf dem Handy sie darauf aufmerksam, dass ihr Gewicht gerade mal wieder schwankt. Und wenn die Kurve in der App wieder einen „Bogen“ macht, geht es ihr schlecht.

Zwölf Wochen in der Tagesklinik

Jana schämt sich nicht für ihre Essstörung. Sie redet offen darüber und hat eine Erklärung dafür, wie sie entstanden ist: Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Freunde, die wegzogen sind, Männer, die sie als dick und hässlich bezeichneten.

Nach dem zwölfwöchigen Aufenthalt in einer Tagesklinik sucht die 27-Jährige einmal in der Woche einen Psychologen auf. „Richtig geholfen hat mir auch der Rückhalt meiner Eltern und Kollegen. Ich habe mit Vorgesetzten und Kollegen darüber gesprochen. Alle haben mich immer unterstützt und mir gesagt, nimm dir die Zeit, die du brauchst. Ich bin froh, Teil eines so tollen Teams zu sein.“ Eine Hilfe für Jana ist auch ihr Hund Hugo - ein vierbeiniger Freund, der immer bei ihr ist.

LP-Serie „Darüber spricht man nicht“

Montag, 18. März: Drogensucht

Dienstag, 19. März: Depression

Mittwoch, 20. März: Unerfüllter Kinderwunsch

Donnerstag, 21. März: Häusliche Gewalt

Freitag, 22. März: Essstörung

Samstag, 23. März: Wechseljahre

Sonntag, 24. März: Angststörung

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