DGB-Expertentalk zu Arbeitszeit und Tariftreue

Zwei Stunden – zwei Themen:


Von links: Dietmar Schwalm, Dr. Jörg Weingarten und André Arenz. von Silke Clemens/DGB
Von links: Dietmar Schwalm, Dr. Jörg Weingarten und André Arenz. © Silke Clemens/DGB

Meggen. „Ist das Arbeitszeitgesetz noch zeitgemäß?“ Dieser Frage ist Dr. Amélie Sutterer-Kipping kürzlich auf den Grund gegangen.


Die wissenschaftliche Referentin des Hugo Sinzheimer Instituts für Arbeits- und Sozialrecht der Hans-Böckler-Stiftung gastierte auf Einladung der DGB-Kreisverbände Olpe, Siegen-Wittgenstein und Hochsauerlandkreis in den Sauerland-Pyramiden in Meggen.

„Mit diesem Thema sind wir absolut up to date“, sagte André Arenz, DGB-Kreisverbandsvorsitzender und 1. Bevollmächtigter der IG Metall des Kreises Olpe, zu Beginn der Veranstaltung, die im Rahmen der DGB-Reihe „Zwei Stunden – zwei Themen“ stattfand.

„Mit dem Thema Arbeitszeit haben wir uns in der Vergangenheit bereits intensiv befasst – und es wird auch in Zukunft eine große Rolle spielen“, hob Dietmar Schwalm, DGB-Kreisverbandsvorsitzender im Hochsauerlandkreis, hervor.

Gute Arbeitszeitmodelle attraktiv für Fachkräfte

„Arbeitgeber haben erkannt, dass sie für Fachkräfte attraktiver werden, wenn sie gute Arbeitszeitmodelle anbieten“, so Schwalm. Laut Dr. Amélie Sutterer-Kipping ist Arbeitszeit vor allem ein Gerechtigkeitsthema. So seien geschlechterspezifische Rollenmuster längst noch nicht überwunden.

Es seien immer noch hauptsächlich Frauen, die in den Familien die Sorgearbeit für Kinder und pflegebedürftige Angehörige übernehmen. „Frauen leisten 87 Minuten mehr Sorgearbeit pro Tag als Männer und kommen damit insgesamt auf vier Stunden und 13 Minuten täglich“, so Sutterer-Kipping.

Männer gehen derweil durchschnittlich sieben Stunden pro Woche mehr arbeiten als Frauen. „Im Jahr 2021 war fast jede zweite erwerbsfähige Frau in Teilzeit beschäftigt, aber nur jeder zehnte Mann“, berichtete die Expertin. Die Teilzeitquote der Frauen sei insgesamt fast viermal so hoch wie die der Männer.

Gesetzliche Rahmenbedingungen gefordert

Daher müsse etwa die Brückenteilzeit weiterausgebaut und die institutionelle Kinderbetreuung gestärkt werden. Zudem bedürfe es gesetzlicher Rahmenbedingungen, die Arbeit im Homeoffice sowie die Vaterschaftsfreistellung ermöglichen, sodass Väter mehr Sorgezeit übernehmen können, so die Referentin.

Ferner müssten Maßnahmen zum Schutz vor ausufernden Überstunden im Betrieb angewandt werden. Eine wesentliche Maßnahme sei die Arbeitszeiterfassung. Die Referentin fasste die wichtigsten Entscheidungen zur Arbeitszeiterfassungspflicht auf europäischer und nationaler Ebene zusammen.

Mit der Entwicklung der Tarifbindung setzte sich anschließend Dr. Jörg Weingarten, Abteilungsleiter Transformation des DGB-Bezirks NRW, auseinander. „Hier ist leider ein klarer Abwärtstrend zu beobachten“, stellte er heraus. „Hier muss der Staat Einhalt gebieten“, forderte der Gewerkschafter.

Milliardenverlust durch Tarifflucht

Allein dem Land NRW würden aufgrund der Tarifflucht jährlich 26,5 Milliarden Euro verloren gehen. „Das ist ein erheblicher Verlust, der hier entsteht“, so Weingarten.

Der DGB fordert vor diesem Hintergrund, dass öffentliche Gelder nur an tarifgebundene Unternehmen fließen sowie eine Tarifbindung bei allen öffentlichen Einrichtungen und Beteiligungen etabliert wird.

„Die öffentliche Vergabe muss tarifgebunden sein. Das ist eine unserer zentralen Forderungen. Wir müssen jetzt den Druck auf den Kessel erhöhen und uns in Stellung bringen!“, so Weingarten. „Das Beste, was wir dazu tun können, ist uns organisieren!“, fügte André Arenz hinzu.

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