„Eine plurale Gesellschaft braucht auch eine plurale Kirche“

Abschiedsinterview mit TABOR-Leiter Alexander Sieler


  • Lennestadt, 26.04.2024
  • Glaube & Religion
  • Von Nils Dinkel
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Alexander Sieler hört nach fünf Jahren als Leiter des Jugendspirituellen Netzwerks TABOR auf. von privat
Alexander Sieler hört nach fünf Jahren als Leiter des Jugendspirituellen Netzwerks TABOR auf. © privat

Altenhundem/Kreis Olpe. Das Jugendspirituelle Netzwerk TABOR widmet sich der spirituellen Entwicklung von Jugendlichen. Es bietet verschiedene Programme, Retreats und Veranstaltungen an, die darauf abzielen, jungen Menschen einen Raum für persönliches Wachstum, Reflexion und Gemeinschaft zu bieten. Die Organisation basiert auf christlichen Werten und Prinzipien, kann aber auch interreligiöse Ansätze umfassen. Fünf Jahre lang hat Alexander Sieler TABOR als Leiter aufgebaut. Nun endet seine Tätigkeit. Er sprach mit LokalPlus über seine Beweggründe.


Warum geben Sie die Leitung ab? Wie geht es weiter für Sie?

Das hat vor allem biographische und familiäre Gründe. Das Ziel war immer das Lehramt – in diesem Fall mit den „Umwegen“ als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni und zuletzt als katholischer Jugendseelsorger. Jetzt beginne ich das Referendariat am Gymnasium Maria Königin – also direkt nebenan.

Wer leitet das jugendspirituelle Netzwerk künftig?

Das steht noch nicht fest.

Was waren die größten Erfolge während Ihrer Amtszeit?

Überall dort, wo die christliche Botschaft das Leben eines jungen Menschen bereichert und vertieft hat, hatten wir einen Glücksmoment. Wir haben dafür zusammen mit jungen Leuten eine große Vielfalt an Glaubenszugängen geschaffen.

Rege Präsenz im Internet

Von großen Veranstaltungen wie die „Nacht der Lichter“ in Olpe und der Glaubensparty „contact“ mit einem DJ in der Kirche mit vielen hundert Leuten über verschiedene Fahrten und Aktionen bis hin zu Gottesdiensten und vielen einzelnen Seelsorgegesprächen. Zudem sind wir im Internet, vor allem bei Instagram, sehr präsent geworden. Jeder junge Mensch, der mit einem Mehr für sein Leben von TABOR weggegangen ist, ist ein Erfolg.

Welche Herausforderungen haben Sie während Ihrer Amtszeit bewältigt?

Da möchte ich zwei Bereiche nennen: die Lebenswelt junger Menschen und die Kirche. Vielen jungen Menschen fällt der Zugang zur christlichen Botschaft, zu Glaube und Kirche schwer. Da sind andere Lebensvorstellungen, manche haben schlechte Erfahrungen in Kirche gemacht, sehen den Glauben eher hinderlich als förderlich für ihr Leben.

Archivfoto von der „Nacht der Lichter“. von privat
Archivfoto von der „Nacht der Lichter“. © privat

Zudem war zu Beginn meiner Zeit die Corona-Krise, die die Lebenswelt junger Menschen verändert hat. Und nicht zuletzt kennen viele die Kirche nur aus den Medien, wo die negativen Seiten oft im Vordergrund stehen.

Innerkirchlich sind wir zudem in großen Umbrüchen und Veränderungen. Da fehlt es stellenweise noch an Flexibilität, Innovationswille und neuen Strukturen von Zusammenarbeit und Miteinander über Pfarreigrenzen hinweg.

Wie wichtig ist es, besondere Wege zu finden, um Jugendliche für die Kirche zu interessieren?

Die christliche Botschaft wird nie in einen luftleeren Raum hinein gesprochen, sondern in die konkrete Lebenswelt von Menschen. Das hat schon Jesus selbst gezeigt, der den konkreten Menschen in den Blick genommen hat.

Damit diese Botschaft dort wirken und sich entfalten kann, müssen auf der Grundlage des christlichen Kerns und aus der Erfahrung der Geschichte heraus auch immer wieder neue Formen gefunden werden. Klare Sprache und Authentizität sind da wichtig. Im Mittelpunkt steht immer die Liebe, die Gegenwart Jesu.

Was haben Sie konkret unternommen bzw. angeboten, um Jugendliche zu erreichen und zu beteiligen?

Das wichtigste Kriterium für mich bei allen Angeboten war und ist die dreifache Liebe: Selbstliebe, Nächstenliebe, Gottesliebe. Erfährt der junge Mensch hier, sich selbst, den Nächsten und Gott zu lieben? Um das in eine moderne Zeit zu übertragen, habe ich TABOR immer als Netzwerk gedacht.

Alexander Sieler (links) erreichte die jungen Menschen mit besonderen Aktionen, wie etwa dem Pfingstfest im Zirkuszelt in Wenden. von Erzbistum Paderborn
Alexander Sieler (links) erreichte die jungen Menschen mit besonderen Aktionen, wie etwa dem Pfingstfest im Zirkuszelt in Wenden. © Erzbistum Paderborn

Wir haben Brücken zu Gemeinden und Initiativen geschlagen, Menschen zusammengeführt. Daraus hat sich eine Vielfalt an Angeboten aufgefächert. Eine plurale Gesellschaft braucht auch eine plurale Kirche. Dabei ist ein wertvolles Netzwerk entstanden. Ein Schwerpunkt war für mich immer die Musik.

Was geben Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg?

Das Herz für junge Menschen öffnen, die christliche Botschaft als Schatz sehen, authentisch bleiben. Das braucht Mut und Demut zugleich. Ich wünsche TABOR, dass es Strahlkraft für Kirche und Gesellschaft, vor allem aber für die jungen Menschen behält.

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