Sorge im Jammertal: Wer zahlt den Ausbau der Straße „In der Rübecke“?

Anliegerversammlung / „Rein rechtliche Entscheidung“


  • Lennestadt, 27.06.2023
  • Politik
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Die Straße „In der Rübecke“ im Jammertal in Altenhundem soll ausgebaut werden. Doch wer zahlt? von Kerstin Sauer
Die Straße „In der Rübecke“ im Jammertal in Altenhundem soll ausgebaut werden. Doch wer zahlt? © Kerstin Sauer

Altenhundem. Im Jammertal in Altenhundem geht die Sorge um: Die Stadt Lennestadt will die Straße „In der Rübecke“ auf einer Länge von 385 Metern plus 30 Meter Stichstraße ausbauen. Erste Pläne wurden bereits im Mai vorgestellt, doch über allem schwebte die Frage: Wer zahlt? Darauf gab es bei einer zweiten Anliegerversammlung am Montag, 26. Juni, im Lennestädter Rathaus eine Antwort.


Wieder waren viele, viele betroffene Anwohner aus dem Jammertal ins Rathaus gekommen. Ernste Gesichter, sorgenvolle Blicke. Für fast alle von ihnen geht es hier um tausende von Euro.

Baustraße oder nicht?

Kern des Problems: Rein rechtlich muss geklärt werden, ob die Straße „In der Rübecke“ eine fast 40 Jahre alte Baustraße ist und nun zum ersten Mal endgültig hergestellt wird, oder ob sie eine sogenannte „vorhandene Straße“ ist. In letzterem Fall kann die Stadt nach dem Kommunalen Abgabegesetz (KAG) abrechnen, dann zahlen die Anlieger “nichts“. Denn dann erfolgt aktuell eine 100-Prozent-Förderung des Anlieger-Anteils durch das Land.

Die Straße „In der Rübecke“ im Jammertal - Baustraße oder eine „vorhandene“ Straße? von Kerstin Sauer
Die Straße „In der Rübecke“ im Jammertal - Baustraße oder eine „vorhandene“ Straße? © Kerstin Sauer

Stellt sich heraus, dass die Straße erstmals hergestellt wird, muss nach Baugesetzbuch abgerechnet werden – dann tragen die Anwohner rund 90 Prozent der Kosten.

Und das scheint im Jammertal der Fall zu sein, wie Martina Dobbener, Bereichsleiterin Bauverwaltung und Abfallbeseitigung bei der Stadt Lennestadt, erklärte. Und zwar mit einem Aktenordner in der Hand, der Aufzeichnungen zurück bis ins Jahr 1975 enthält.

„Rechtlich für mich sehr eindeutig“

Dort sei die Straße „In der Rübecke“ größtenteils als „Baustraße“ aufgeführt, die 1983/1984 errichtet wurde – in diesem Zustand befinde sich die Straße bis zum heutigen Tag, so Martina Dobbener. „Das ist rechtlich für mich sehr eindeutig“, betonte sie.

Das sieht Rechtsanwalt Klaus Hesse aus Olpe, der für die Anlieger im Jammertal sprach, „nicht so eindeutig: Die Straße wird mal als Baustraße, mal als ‚Straße In der Rübecke‘ bezeichnet.“ Außerdem verwies er auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 2021, das im Kern besage: Man müsse die tatsächlichen Verhältnisse im Blick haben, nicht nur die rechtlichen Aspekte.

„Mehrzweckstreifen? Brauchen wir nicht.“

Und Tatsache sei, dass alles dafür spreche, dass die Straße damals schon endgültig hergestellt wurde: „Es gibt einen Kanal, eine Teerdecke mit Unterbau und Beleuchtung. Das einzige, was laut der neuen Planung hinzukommen soll, ist ein Mehrzweckstreifen. Und den brauchen wir nicht.“

Gleichzeitig verwies Hesse auf die betroffenen Anlieger: „Diese konnten davon ausgehen, dass die Straße erschlossen ist – jetzt sollen solche Kosten auf sie zukommen.“ Applaus aus den Zuschauerreihen stimmte ihm zu.

Auch die Stichstraße soll ausgebaut und wenn möglich verlängert werden. von Kerstin Sauer
Auch die Stichstraße soll ausgebaut und wenn möglich verlängert werden. © Kerstin Sauer

„Ich kann ihre Argumente nachvollziehen“, reagierte Bürgermeister Tobias Puspas auf die Worte des Anwaltes. Und auch das Gefühl, dass das völlig ungerecht sei, könne er absolut verstehen. Das Problem sei der lange Zeitraum von 40 Jahren, in der die Straße schon genutzt wird. Gleichzeitig betonte Puspas eindringlich: „Das ist keine politische oder wirtschaftliche Entscheidung, sondern eine rein rechtliche.“ Es gebe unterschiedliche Rechtsauffassungen – letztlich müsse wohl ein Gericht entscheiden, wie im konkreten Fall abzurechnen sei.

Das allerdings, so Puspas weiter, könne man erst, wenn das Bauvorhaben abgeschlossen sei, alle Kosten auf dem Tisch lägen und die Zahlungsbescheide verschickt werden. Und das könne noch dauern: „Am Ende wissen wir nicht, in welchem Jahr wird mit der Abrechnung landen werden und welches Recht dann gilt.“ Wichtig sei: Die Entscheidung müsse rechtlich sauber sein.

Blick in die Kosten-Glaskugel

Auf die konkrete Frage eines Anwohners, welche Kosten denn auf die Anlieger zukommen könnten, konnten Vertreter der Stadt nur vage antworten. „Wir sind in der Vorplanung, derzeit sind im Haushalt 550.000 Euro für den Straßenausbau und 150.000 Euro für Wasserleitungen vorgesehen.“

 von Kerstin Sauer
© Kerstin Sauer

Was auf jeden zukomme, könne man erst sagen, wenn die Bescheide da seien. Während der Beigeordnete Karsten Schürheck vorsichtig die Zahl „15 bis 18 Euro pro Quadratmeter“ in den Raum warf, ruderte Puspas zurück: „Das ist ein Blick in die Glaskugel. Niemand weiß, wo wir letztlich landen.“

Dass die Straße ausgebaut werden muss, steht für die Stadt außer Frage. Peter Quinke von den Stadtwerken: „Die Straße hat ein gewisses Alter und Verschleiß. Eine Erneuerung ist mehr als ratsam und notwendig.“

Daten und Fakten auf einen Blick
  • Die Straße „In der Rübecke“ soll auf 385 Metern länge und 4,45 bis 5,20 Metern Breite ausgebaut werden.
  • Die Stichstraße ist 30 Meter lang.
  • Die Fahrbahn soll 4,10 Meter breit werden, hinzu kommt ein rund 1,50 Meter breiter Mehrzweckstreifen zum Parken, Gehen oder Ausweichen.
  • Laut Peter Quinke könnten die Planungen im Herbst abgeschlossen sein. Baubeginn sei frühestens im späten Herbst oder nach dem Winter.
  • Die Stadt geht von einer Bauzeit von rund sechs Monaten aus.
  • In dieser Zeit wird die Fahrbahn voll gesperrt, der Anliegerverkehr bleibt frei.
  • Wasserleitungen, ggf. Versorgungsleitungen und der Straßenbau werden erneuert.
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