„Wer gerne liest, wird im Leben nie wieder Langeweile haben“

Literarischer Herbst Lennestadt – Autoren im Gespräch


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Die Autoren Christina Bacher (Mitte) und Tobias Steinfeld (links) besuchen im Rahmen des Literarischen Herbstes die Lennestädter Schulen. Während ihrer Lesetour schauten sie gemeinsam mit Gerd-Peter Zapp (rechts), Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der kirchlichen öffentlichen Büchereien, für ein Interview in der LokalPlus-Redaktion vorbei. von Pia Krämer
Die Autoren Christina Bacher (Mitte) und Tobias Steinfeld (links) besuchen im Rahmen des Literarischen Herbstes die Lennestädter Schulen. Während ihrer Lesetour schauten sie gemeinsam mit Gerd-Peter Zapp (rechts), Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der kirchlichen öffentlichen Büchereien, für ein Interview in der LokalPlus-Redaktion vorbei. © Pia Krämer

Lennestadt. Lesen öffnet die Tore in andere Welten. Einen Schlüssel zu diesen Toren, die Neugier für Literatur, möchten die kirchlichen öffentlichen Büchereien der Stadt Lennestadt im Rahmen des Literarischen Herbstes an Schülerinnen und Schüler weitergeben. Dieses Mal touren die Kinder- und Jugendbuchautorin Christina Bacher und Jugendbuchautor Tobias Steinfeld durch die Schulen. Bei einem Besuch in der LokalPlus-Redaktion haben wir mit ihnen gesprochen.


Wie hat Ihnen der Literarische Herbst bisher gefallen? Welche Eindrücke nehmen Sie aus den Schulbesuchen mit?

Bacher: Die jungen Zuhörerinnen und Zuhörer sind sehr aufmerksam! Ich bin in den Grundschulen unterwegs und habe da mit dem Krimi auch ein sehr dankbares Genre. Dann freuen sich alle immer total und wollen mitraten.

Steinfeld: Ich habe verschiedene Schulformen besucht: Gymnasium, Realschule, Förder- und Berufsschule. Lustigerweise haben sich die Schüler bei allen Lesungen immer für dasselbe Buch entschieden: „Tupac is back“. Darin geht es auch um Rapmusik. Und was Lehrerinnen und Lehrer im Nachgang kommuniziert haben, ist, dass während der Lesung Schüler in den Vordergrund getreten sind, die sonst zurückhaltender sind.

Ein kritisches Publikum

Ihre Bücher sprechen eine ganz besondere Zielgruppe an, nämlich Kinder und Jugendliche. Wie schreibt man für die jungen Leser?

Bacher: Ich schreibe auch für Erwachsene und würde das gar nicht so sehr unterscheiden. Die gute Geschichte muss immer da sein – bei Kindern und Jugendlichen sogar umso mehr. Denn sie sind wirklich kritische Leser, vor denen man vor einer richtigen Bewährungsprobe steht. Die Themen unterscheiden sich zwar leicht, aber das Schreiben ist genauso anspruchsvoll.

Wenn nach den Lesungen in den Bibliotheken alle Schlange stehen und das Buch ausleihen möchten, ist das eine schöne direkte Rückmeldung. Die Kinder rasten aus, wenn es ihnen gefällt, und klatschen nicht verhalten wie Erwachsene. Und sie haben nach der Lesung tausend Fragen!

Steinfeld: Identifikation ist vielleicht ein Thema, das in Kinder- und Jugendliteratur stärker vertreten ist. Eine Figur, mit der sich die Leser identifizieren können, denn beim Erwachsenwerden ist Identität ein großes Thema.

Die Autoren Christina Bacher und Tobias Steinfeld besuchen im Rahmen des Literarischen Herbstes die Lennestädter Schulen. Während ihrer Lesetour schauten sie gemeinsam mit Gerd-Peter Zapp, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der kirchlichen öffentlichen Büchereien, für ein Interview in der LokalPlus-Redaktion vorbei. von Pia Krämer
Die Autoren Christina Bacher und Tobias Steinfeld besuchen im Rahmen des Literarischen Herbstes die Lennestädter Schulen. Während ihrer Lesetour schauten sie gemeinsam mit Gerd-Peter Zapp, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der kirchlichen öffentlichen Büchereien, für ein Interview in der LokalPlus-Redaktion vorbei. © Pia Krämer

Themen wie Integration, Inklusion von Menschen mit Behinderungen und generell Diversität spielen in Ihren Büchern eine Rolle, aber auch Konflikte und Mobbing. Wie kann Literatur solche komplexen Themen für Kinder und Jugendliche zugänglich machen?

Steinfeld: Einer meiner Romane spielt zum Beispiel in einer Förderschule. Es geht um Behinderungen und Anderssein. Ich habe mich dann gefragt, ob ich es mir anmaßen kann, aus der Sicht einer Figur zu schreiben, die eine Behinderung hat. Deswegen habe ich mir einen Rollenwechsel überlegt: Die Hauptfigur kommt für ein Praktikum an die Förderschule und muss sich hineinfinden. Das holt viele Leser ab und so können sie die Botschaft miterleben.

Eine KI kommt nicht zum Vorlesen

Die Digitalisierung schreitet immer weiter voran, die Künstliche Intelligenz wird immer ausgefeilter. Schreibt die KI demnächst auch die neuen Bestseller?

Bacher: Das kann schon sein – aber sie kommt nicht hierhin zum Lesen. Das wird immer der große Unterschied sein: die Begegnung. Ich bezweifle nicht, dass sie Bücher schreiben wird, vielleicht auch Bestseller, aber sie wird nicht um 8 Uhr morgens in der Schule sitzen. Und eine KI wird auch nie ein Bewusstsein für Vergänglichkeit haben, für Liebe und Leidenschaft.

Die Autoren Christina Bacher und Tobias Steinfeld besuchen im Rahmen des Literarischen Herbstes die Lennestädter Schulen. Während ihrer Lesetour schauten sie gemeinsam mit Gerd-Peter Zapp, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der kirchlichen öffentlichen Büchereien, für ein Interview in der LokalPlus-Redaktion vorbei. von Pia Krämer
Die Autoren Christina Bacher und Tobias Steinfeld besuchen im Rahmen des Literarischen Herbstes die Lennestädter Schulen. Während ihrer Lesetour schauten sie gemeinsam mit Gerd-Peter Zapp, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der kirchlichen öffentlichen Büchereien, für ein Interview in der LokalPlus-Redaktion vorbei. © Pia Krämer

Unterhaltung und Informationen gibt es für Kinder und Jugendliche online an jeder Ecke. Wie kann man junge Menschen in Zeiten von Sozialen Medien und einem breitem Streaming-Angebot dazu motivieren, zum Buch zu greifen?

Steinfeld: Gerade im direkten Kontakt sieht man: Das Potential ist da. Vielleicht sollte man mit den Angeboten noch näher an Kinder und Jugendliche heran. Denn ich glaube, das Interesse für Geschichten tragen Kinder und Jugendliche in sich.

Bacher: Ich sehe das auch gar nicht so schwarz. Es gibt hier kaum Kinder und Jugendliche, die noch nie ein Buch gelesen haben. Ich selber habe früher auch alles gelesen, was mir in den Weg kam: die Müslipackung, die Bedienungsanleitung… Und es ist auch eigentlich egal was – Hauptsache lesen!

Am Ende der Lesungen gebe ich den Schülern manchmal noch einen „Geheimtipp“, und der lautet: „Wer gerne liest, wird im Leben nie wieder Langeweile haben!“

Der Literarische Herbst in Lennestadt

Der Literarische Herbst findet mittlerweile zum 31. Mal in Lennestadt statt. Die Veranstaltungsreihe bedarf langer Planungen im Voraus. Bereits im Februar habe Gerd-Peter Zapp, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der kirchlichen öffentlichen Büchereien (KÖB) in Lennestadt, die Autoren gebucht. Die KÖBs haben natürlich auch die Bücher der jeweiligen Autoren in ihren Regalen stehen.

Zapp: „Besonders macht den Literarischen Herbst, dass die Autoren sich authentisch vor den Schülern zeigen. Das Vorlesen ist das eine, doch wenn die Autoren selber lesen und Rede und Antwort stehen, dann beflügelt das auch viele, selber zum Buch zu greifen.“

Zu den Autoren:

Christina Bacher (*1973) lebt in Köln und ist Autorin und Journalistin. Unter anderem hat sie die Textschmiede und Schreibwerkstatt „Bachers Büro“ ins Leben gerufen.

Tobias Steinfeld (*1983) schreibt Jugendliteratur und Theaterstücke. Vormals arbeitete er als Inklusionshelfer an einer Förderschule. Er lebt in Düsseldorf und bietet ebenfalls Schreibwerkstätten an.

Die Arbeit beider Autoren ist mehrfach mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet worden.

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